„So muss es im Kolosseum gewesen sein“

Brian Herrmann ist ein Amerikaner in Kaiserslautern. Und eigentlich nur einer von vielen. Denn durch die Air Force Base in Ramstein und den Stützpunkt in Kaiserslautern leben viele Amerikaner in der Region rund um den Betzenberg. In eben dieser Stadt unterrichtet Brian am Hohenstaufen Gymnasium. Für Sport hat er sich Zeit seines Lebens nicht wirklich interessiert. Er reist gerne und hält seine kleinen Abenteuer in Video-Tagebüchern auf Youtube fest. Dort erläutert er die Unterschiede der zwei Kulturen und filmt, was ihm vor die Linse kommt. In der Regel haben seine Videos nicht mehr als 300 bis 400 Aufrufe. Brians Internet-Karriere wäre vermutlich weiter so unspektakulär verlaufen, wäre der 1. FC Kaiserslautern nicht am 24. Mai aufgestiegen. Denn daraufhin drehte Brian, der sich ja nie für Sport interessierte, ein Video, welches mehr als das Hundertfache seiner üblichen Reichweite erreichte.

"Die Luft wurde dicker"


Treffpunkt Betze: Brian, am 19. Juni hast du das Video „Living In Germany Turned Me Into A Soccer Fan“ hochgeladen und bis heute hat es 50.000 Aufrufe. Wie fühlt sich das an, ein kleiner Teil der Aufstiegseuphorie gewesen zu sein?


Brian Herrmann: Total verrückt, aber nicht zwingend verrückter als das, was Kaiserslautern jetzt schon seit über drei Monaten abzieht. Ich wollte mit meinem Video eigentlich nur zeigen, wie herzerwärmend und emotional die ganze Stadt mit ihrem Fußballverein mitfiebert. Und ich wollte zeigen, wie sie mich binnen weniger Stunden total vereinnahmt hat. Nach meinem ersten Spiel auf dem Betzenberg gegen Havelse – es war mein erster Stadionbesuch in Deutschland – hab ich mir auch nichts weiter gedacht. Ein Freund hatte mich mitgenommen und ich hab mich natürlich mit ihm gefreut, weil der FCK gewonnen hatte. Aber als „wir“ dann Woche für Woche gewannen, änderte sich etwas in der Stadt. Die Luft wurde dicker, die Spannung stieg und als es sich in der Nacht des Aufstiegs entlud, war ich zufälligerweise mittendrin.

"Als würden wir in einen Kampf ziehen"


Treffpunkt Betze: In deinem Video erwähnst du mehrfach, dass du nie wirklich Interesse an Sport hattest. Und das hat sich jetzt binnen einer Party-Nacht geändert?


Brian Herrmann: Nicht binnen einer Nacht. Es lag mehr an meinem zweiten Stadionbesuch. Mein zweites Spiel auf dem Betzenberg war das erste Relegationsspiel gegen Dresden. In den USA habe ich schon einige Spiele der Philadelphia Union im Stadion gesehen, aber das war mehr wie ein Familienausflug. Man traf sich, lief über den Parkplatz zum Stadion. Wir aßen Hot-Dogs und Chips und gingen wieder nach Hause. Gegen Dresden war allein der Weg zum Stadion ein einschneidendes Ereignis. Ich will nicht übertreiben, aber das war, als würden wir alle gemeinsam in einen Kampf ziehen. Ein Meer aus rot gekleideten Fans, die durch rote Rauchschwaden ihren Betzenberg hochpilgerten. Das war epochal. So etwas gibt es in Amerika nicht. Im Stadion dann eine großartige Stimmung, obwohl das Spiel sehr arm an Ereignissen war. Alle hielten ihre roten Fahnen für die Choreo hoch - in diesem Moment dachte ich, so muss es im Kolosseum gewesen sein. Ich wusste seit meiner ersten Woche in Kaiserslautern, dass der FCK hier eine große Nummer ist, aber als ich in der vollen Westkurve stand, wusste ich erst wie groß.

"Hab' mich vom FCK anstecken lassen"


Treffpunkt Betze: Nach Dresden fahren war allerdings keine Option für dich?


Brian Herrmann: Wir haben es tatsächlich in Erwägung gezogen, aber da ich am nächsten Tag arbeiten musste, wollte ich mir die sechs Stunden Fahrt ersparen. Stattdessen schauten wir es in einer Kneipe in der Innenstadt und obwohl ich ein paar Tage vorher im Stadion war, hatte ich nicht ansatzweise damit gerechnet, dass die Stadt im Falle eines Sieges die ganze Nacht brennen würde. Positiv gemeint natürlich. Am nächsten Tag wurde in der Schule jede Stunde durch die Lautsprecher das Betze-Lied angestimmt. Irgendwann wurden die Schülerinenn und Schüler sogar nach draußen gelassen, um Energie zu entladen. Ich habe mich anstecken lassen und war mittendrin. Hab' mich vom FCK anstecken lassen. Und obwohl ich demnächst nach Norddeutschland ziehe, denke ich nicht, dass ich den je wieder loswerde.


Quelle: Treffpunkt Betze


[Anm. d. R.: Der 'Dreierpack' erscheint ab sofort im Zwei-Wochen-Rhythmus, der nächste am 26. August.]




Quelle: Treffpunkt Betze


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