Lautrer Trauma-Bewältigung auf der Alm

Foto: Imago Images / Ulrich Hufnagel

Den Tag, an dem der 1. FC Kaiserlautern letztmalig auf der Bielefelder Alm antrat, dürften die wenigsten Lautrer Anhänger vergessen haben: An jenem 27. April 2018 verloren die Roten Teufel trotz einer 2:0 Führung mit 2:3 und stiegen zum ersten Mal in der Vereinsgeschichte in die 3. Liga ab. Dieser Abstieg war das Resultat und der vorläufige Höhepunkt eines jahrelangen Niedergangs sowie der Ausgangspunkt für vier äußerst auslaugende und zähe Jahre in der Drittklassigkeit. Auch wenn kein Spieler des damaligen Kaders heute noch in Kaiserslautern unter Vertrag steht: Die Partie bot zumindest FCK-Fans die Chance einer zumindest emotionalen Wiedergutmachung der damals erlebten Tragödie.

Abendspiel vor toller Kulisse


Wie so häufig im Sport standen die Vorzeichen an diesem 15. Spieltag gänzlich anders als vor rund viereinhalb Jahren. Die Arminia, die in der Zwischenzeit zwei Jahre in der Beletage des deutschen Fußballs verbracht hatte, steht zur Verwunderung vieler auf dem letzten Tabellenplatz und somit mit dem Rücken zur Wand im Abstiegskampf. Die Atmosphäre war indes einem Zweitliga-Topspiel absolut würdig. Knapp 25.000 Zuschauerinnen und Zuschauer strömten am Samstagabend in die Bielefelder Schüco-Arena, um unter Flutlicht dem Duell zweier großer Traditionsvereine beizuwohnen. Gemeinsam blicken beide Clubs übrigens auf über 60 Jahre Bundesliga-Zugehörigkeit sowie etliche weitere im Unterhaus zurück. Entsprechend prächtig war die Stimmung auf beiden Seiten, im Gästeblock wurde wieder einmal eine schöne Choreografie inklusive Pyrotechnik präsentiert.


Dirk Schuster veränderte das Team im Vergleich zum torlosen Remis gegen Nürnberg auf zwei Positionen: Aaron Opoku ersetzte den gelb-gesperrten Jean Zimmer auf dem rechten Flügel, zudem verteidigte Dominik Schad für den erkrankten Hendrick Zuck. Der 25-Jährige, dessen letzter Startelf-Einsatz rund elf Monate zurück lag, löste seine Aufgabe sehr gut.

Wilder Spielverlauf – mit glücklichem Ende


In der ersten Halbzeit zeigten die Pfälzer eine ordentliche Auswärtspartie. FCK-Torhüter Andreas Luthe musste zwar bei mehreren Kopfbällen zupacken, wirklich gefährlich wurde es dabei aber nie. Auf der anderen Seite hatte Philipp Klement die große Chance per Kopf auf 0:1 zu stellen, verfehlte das Ziel allerdings nach toller Redondo-Flanke knapp. Die Statik des Spiels änderte sich schließlich komplett durch die gelb-rote Karte für Bielefelds Bryan Lasme, der kurz vor der Pause das Bein im Zweikampf mit Boris Tomiak deutlich zu hoch streckte.


In der ersten Viertelstunde nach der Halbzeit traten die Gäste aus der Pfalz dominanter auf und kamen in dieser Phase - durchaus überraschend - auf einen Ballbesitzwert von 58%. Dabei gelang es den Roten Teufeln, diesen offensiven Druck in Zählbares umzumünzen. Direkt in Anschluss an das toll herausgespielte und technisch anspruchsvolle 1:0 durch Philipp Klement traf auch der bis dahin eher unglücklich agierende Neuzugang Aaron Opoku und erzielte damit die vermeintliche Vorentscheidung. Doch dem Team fehlten Reife und Entschlossenheit, um dieses Ergebnis in Ruhe über die Zeit zu bringen. Ein leichtsinniger Fehler Tomiaks und ein von Redondo stümperhaft verursachter Elfmeter führten zum absolut verdienten Ausgleich. Spätestens in Anschluss daran wurde außerdem abermals deutlich, dass sich die Lautrer Mannschaft trotz der Qualität von Marlon Ritter und Philipp Klement noch schwer damit tut, das Spiel selbst zu gestalten. Doch die schwache letzte halbe Stunde fand noch ein glückliches Ende, als Joker Daniel Hanslik eine abgefälschte Flanke des ebenfalls eingewechselten Philipp Hercher zum 2:3 Endstand verwertete.

Viel Selbstkritik auf Seiten der Lautrer


Trotz des zweiten Auswärtssiegs in Folge schlug Trainer Dirk Schuster vor allem kritische Töne an. „Wir haben einem am Boden liegenden Gegner mit beiden Händen wieder hochgeholfen. Wir haben dann auch ein paar Schritte zu wenig gemacht und prompt kam die Quittung. Das ärgert mich brutal.“ Andreas Luthe berichtete in Anschluss an den nach Abpfiff üblichen Mannschaftskreis von einem sehr unzufriedenen Trainer und betonte, dass er in seiner langen Karriere nach einem Sieg wohl noch nie eine solche Ansprache erlebt habe.


Auch Torschütze Aaron Opoku schloss sich der Sichtweise seines Coaches an. „Wir haben uns zunächst mit den zwei Toren für die harte Arbeit belohnt. Das darf man dann aber nicht so aus der Hand geben.“

Matchwinner Hanslik frohlockt


Opoku hingegen wird der Treffer mit Sicherheit guttun. Der schnelle Dribbler zeigte an sich keine gute Partie, war nur wenig in das Kombinationsspiel eingebunden und hatte selbst eine hohe Fehlerquote. Sein Abschluss zum 2:0 war allerdings perfekt platziert. Wie auch der von Spielmacher Klement wenige Minuten zuvor. Der gebürtige Ludwigshafener, der in den letzten Wochen häufig kritisiert wurde, zeigte vor allem bei seinem Treffer, wieso er seiner Mannschaft einen großen Mehrwert bietet. Derart gefühlvoll hätte den Ball wohl kein anderer Spieler im FCK-Kader ins lange Eck schieben können. Matchwinner war allerdings der zuletzt wenig eingesetzte Daniel Hanslik, dem die Freude über den Sieg deutlich anzusehen war. „Eine sehr schöne Geschichte für mich", äußerte Hanslik, der zuletzt nicht einmal mehr im Spieltagskader stand.

Die Erinnerungen als Warnsignal


Daniel Hanslik schrieb das letzte Kapitel eines Abends, nach dem die Fans des 1. FC Kaiserslautern die Bielefelder Alm endlich nicht mehr ausschließlich mit negativen Emotionen und Erinnerungen verbinden. Und somit im besten Fall auch mit dem dort erlebten Abstieg abschließen können.


Der Sieg wirkt angesichts der Gesamtsituation total beruhigend, da der Abstand auf die Abstiegsränge weiter vergrößert und damit ein starkes Polster von mittlerweile acht Punkten aufgebaut werden konnte. Grundstein des Erfolgs in dieser Spielzeit ist der großartige Teamgeist der Mannschaft, welcher sich gestern unter anderem beim gemeinsamen Bejubeln der Tore mit allen Ersatzspielern zeigte und das Team durch die Saison trägt. Ganz vorne mit dabei Spieler wie René Klingenburg oder Mike Wunderlich, die die Mannschaft als wichtige Persönlichkeiten tragen. Gleichzeitig hat die Vorstellung nach der zwischenzeitlichen 2:0 Führung verdeutlicht, warum die Mannschaft zum einen noch nicht reif ist für einen Platz weiter oben in der Tabelle und warum sie zum anderen gut daran tut, sich nicht mit irgendwelchen unrealistischen Aufstiegsszenarien zu beschäftigen. Angesichts des anstehenden Derbys liegt der Fokus ohnehin nur auf dem nächsten Spiel. Gut so. Träumen ist natürlich erlaubt, aber die Vergangenheit sollte den Verein gelehrt haben, dass es im Fußball sehr schnell in die andere Richtung gehen kann.

Betze Inside: Daten zu #DSCFCK


Die Auswertung der Daten zeigt durchaus einen glücklichen Auswärtssieg für die Roten Teufel bei der Arminia in Bielefeld. Trotz der Überzahl konnte der FCK den Ball nur selten über eine längere Zeit in den eigenen Reihen halten. Des Weiteren kamen die Ostwestfalen zu mehr Schüssen sowie erwarteten Toren. Der xG-Plot zeigt ein bis zum Elfmeter ausgeglichenes Kräfteverhältnis. In Summe hätte sich die Arminia mindestens einen Zähler verdient gehabt.



Grafiken: Darstellung von Betze Inside (Instagram / Twitter)


Quelle: Treffpunkt Betze


Quelle: Treffpunkt Betze


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