Häämspiel: Juschden, mir han Huddel

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    Häämspiel: Juschden, mir han Huddel

    Derby-Begegnungen verdienen Hohn und Spott, findet unser Kolumnenschreiber Dirk. Wichtiger als das sind diesmal jedoch drei Punkte.


    Die neue Kolumne auf Treffpunkt Betze: Vor den Heimspielen blickt Dirk auf das Geschehen rund um das Fritz-Walter-Stadion. Mal sachlich, mal humorvoll, mal voller Verzweiflung. Was bleibt einem auch anderes übrig.


    Ich bin seit 2003 als „Gastarbeiter“ in Saarbrücken tätig und die Zeiten sind nicht einfach. Konnte ich zu Beginn meiner Zeit als Entwicklungshelfer im „Lyoner- und Maggi-Land“ noch milde über die fußballerischen Glanzleistungen der saarländischen Traditionsvereine in irgendwelchen „Karlsberg-Ur-Pils-Ligen“ lächeln, wurde die Luft für mich im Laufe der Zeit immer dünner. Anfangs wurde noch das angebliche Probetraining von Michel Platini in den Frühsiebzigern als sportliches Highlight gehypt. Aber als der FCS mehrfach die Aufstiegsrelegation zur dritten Liga versemmelt hat und der FCK in der zweiten Liga immer vorsichtiger ans Tabellenende schauen musste, nahm der gelebte Albtraum langsam Formen an. Mir wurde recht schnell in Aussicht gestellt, mich „metseholle, wenn de FC die Lautrer aus em Ludwigspark schießt un die drei Punkte geholl genn“. Mittlerweile sind tatsächlich beide in der dritten Liga angekommen und zu allem Elend liegen die Schwenkmeister 18 Punkte vor dem FCK.

    Mehr Spott!

    Wenn ich der Corona-Pandemie etwas Positives abgewinnen kann, dann die Tatsache, dass die meisten meiner Kollegen im Home-Office sind und mir dadurch sehr viel Hohn und Spott erspart bleiben. Die schlimmsten Momente sind aber immer noch die, wenn dich dein Gegenüber ganz teilnahmsvoll anschaut und dir versichert, wie „lääd es ihm duud, was aus em FCK woor iss“. Liebe Saarländer, wenn ihr das lest, spart es euch bitte. Euer Mitleid ist der Gipfel meiner Demütigung. Lasst mir dieses Stückchen Würde bitte übrig und verspottet mich. Zum Dank garantiere ich euch: Sollten sich die Zeiten und die Voraussetzungen wieder ändern, werde ich euch diese Erniedrigung auch ersparen. Ich werde mit allem was ich habe, den Finger in eure Wunden legen und solange nicht von euch ablassen, bis es mir keinen Spaß mehr macht, mich über den sportlichen Niedergang des FCS lustig zu machen.

    Derbys haben ihre eigenen Gesetze!

    Es ist also mal wieder soweit: Derbyzeit am Betze! Zum 15. Mal treffen die Roten Teufel und der 1. FC Saarbrücken aufeinander. Okay, geschichtsträchtig, außergewöhnlich bedeutsam oder epochal wäre etwas anderes – dennoch ist dieses Derby etwas Besonderes. Bei aller Rivalität muss ich zugeben, dass die Saarländer bisher eine gute Saison spielen und schon sehr früh das Ziel Klassenerhalt relativieren konnten. Der FCK-Seele tut es natürlich weh, als Außenseiter in dieses Duell zu gehen. Aber es ist nun mal ein Derby. Und die haben - Achtung Phrasenschwein ich komme - genau wie Pokalspiele ihre eigenen Gesetze. Oftmals sind die Rollen vor diesen Spielen klar vergeben. Hier der Außenseiter, da der Favorit. Würde aber die Rollenverteilung im Vorfeld über das Ergebnis bestimmen, wäre Deutschland '54 nicht Weltmeister, Dänemark '92 oder Griechenland 2004 niemals Europameister geworden. Oder die Mainzer hätten in der Saison 2019/20 möglicherweise den DFB-Pokal gewonnen statt in der ersten Runde auf dem Betzenberg den Kürzeren zu ziehen. Fußballwunder gibt es immer wieder. Einen möglichen Sieg gegen den FCS als ein solches zu bezeichnen wäre extrem übertrieben. Den Klassenerhalt in dieser Saison zu schaffen, kann man aber schon in diese Kategorie einordnen. Und dafür müssen Punkte her. Möglichst viele, möglichst schnell, möglichst morgen.

    Ran an den Speck!

    Was mir dabei Hoffnung macht ist die Tatsache, dass die kämpferische Einstellung wieder da ist. Lediglich zu Beginn des Spiels in Lübeck war in dieser Richtung ein kleiner Leistungsabfall zu verzeichnen. Aber generell gehen die Jungs in den Begegnungen neuerdings ran wie früher Reiner Calmund ans kalte Buffet. Da gibt es von Anfang an keine Freunde und jeder weiß, wenn er gewisse Grenzen überschreitet, gibt´s einen ansatzlosen Elbow-Trop. Allerdings ist auch hier manchmal des Guten etwas zu viel. In der personell ohnehin schon angespannten Situation muss Marco Antwerpen im kommenden Spiel sowohl auf Alexander Winkler als auch auf Anil Gözütok verzichten, die beide aufgrund ihrer Platzverweise gesperrt fehlen. Nimmt man dazu noch die Verletztenliste in Augenschein, ist feststellbar, dass der FCK-Coach nicht unbedingt zu beneiden ist. Gerade der Defensivverbund der Lautrer entpuppt sich als Sorgenkind. Es bleibt zu hoffen, dass von den jüngsten Stammkräften Senger, Götze und Rieder der ein oder andere noch für das Spiel gegen Saarbrücken fit wird und sich so die Lage wenigstens etwas entspannt. Nichtsdestotrotz, gegen die Saarbrücker zählen - allein schon auf Grund der tabellarischen Situation - einmal mehr der hundertprozentige Wille und die Leidenschaft. Beide Tugenden scheinen zurückgekehrt und das macht Hoffnung. Hoffnung auf einen guten Saisonendspurt und auf das Ausbleiben des Regionalliga-Horrors.


    Ich mag die Saarländer wirklich sehr, aber am Montag würde ich es ihnen schon gönnen, wenn ich auf die alles umfassende Frage „Unn?“ mit einem zufriedenen „Eija gudd“ antworten und grinsen könnte. In diesem Sinne: Ein Dreier gegen den FC Saarbrücken hätte einfach einen besonderen Charme.


    Quelle: Treffpunkt Betze