Häämspiel: High Noon am Betze

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    Häämspiel: High Noon am Betze

    Ausgabe #21: Beim FCK herrscht aufgrund der Siegesserie totale Langeweile. Kein Theater, keine peinlichen Schlagzeilen. Deswegen gilt ab nun: "Aufstieg und Arsch lecken".


    Erinnert ihr euch noch an die Tabelle nach dem 20. Spieltag? Da lag der FCK zum Jahreswechsel auf Platz sechs mit drei Punkten Rückstand auf Braunschweig und Meppen, die die Plätze zwei und drei innehatten. Nun, aus Lautrer Sicht vier Spiele später, sieht die Welt deutlich anders aus. Magdeburg dreht zwar weiterhin einsam seine Kreise, aber auf den Plätzen dahinter ist mächtig was los. Durch den furiosen Start ins Kalenderjahr 2022 hat sich der FCK auf Platz zwei katapultiert und schon zwei Punkte Vorsprung auf Saarbrücken bzw. vier Zähler auf Braunschweig, Osnabrück und Mannheim erspielt. Der Restart hätte deutlich schlechter laufen können.

    Ein Messer ohne Griff ist wie Lautern ohne Klinge

    Beeindruckend finde ich derzeit vor allem die gefühlte Selbstverständlichkeit, mit der die Roten Teufel punkten. Es scheint in der momentanen Verfassung der Mannschaft ganz egal zu sein, wer verletzt, erkrankt oder quarantänebedingt nicht zur Verfügung steht. Marco Antwerpen schafft es immer wieder eine bis in die Haarspitzen motivierte und spielerisch starke Mannschaft ins Rennen zu schicken. Dass Avdo Spahic weit mehr als eine Nummer zwei ist, ist bestens bekannt. Dass aber ein Spieler wie Klingenburg plötzlich als Innenverteidiger aufläuft und dann so spielt als wäre er nie auf einer anderen Position eingesetzt worden, ist schon bemerkenswert. Gerade bei ihm stellt sich mehr und mehr heraus, dass mit seiner Verpflichtung eine echte Allzweckwaffe den Weg nach Kaiserslautern gefunden hat. Unbestätigten Gerüchten zufolge bemüht sich Klingenburg gerade darum den Personenbeförderungsschein zu beantragen, um im Notfall auch den Busfahrer ersetzen zu können.


    Der 28-jährige ist das beste Beispiel dafür, dass sich beim FCK einiges geändert hat. Leere Versprechungen und inhaltslose Durchhalteparolen sind mittlerweile Geschichte. Nach der Niederlage in Magdeburg war er mächtig angefressen und gab ein denkwürdiges Interview. Er sprach sehr deutlich die seiner Meinung nach vorhandenen Missstände innerhalb der Mannschaft an, nahm seine Mitspieler ohne Umschweife in die Pflicht und stärkte Marco Antwerpen demonstrativ den Rücken. Mit den Worten „Derbysieg und Arsch lecken“ schloss er damals sein Statement ab. Im folgenden Spiel gegen Mannheim konnte zwar kein Dreier eingefahren werden, aber der „neun-gegen-elf-Punkt“ war irgendwie trotzdem ein Derbysieg und dient bis heute als Sinnbild, wozu eine gut funktionierende Mannschaft in der Lage ist. Der weitere Saisonverlauf ist bestens bekannt. Das Team ist zu einer echten Einheit zusammengewachsen und kletterte fast unaufhaltsam in der Tabelle nach oben.

    Schau'n mer mal, dann seng mer scho

    Nun stehen die Wochen der Wahrheit ins Haus. In drei der nächsten vier Spiele geht es gegen direkte Konkurrenten im Kampf um die vorderen Plätze. Neben den beiden Auswärtsaufgaben in Mannheim und zwei Wochen später in Osnabrück erwartet der FCK morgen mit dem 1. FC Magdeburg den scheinbar unschlagbaren Tabellenführer auf dem Betzenberg. Allerdings rangieren die Sachsen-Anhaltiner nicht an der Tabellenspitze, weil sie durchweg berauschenden und atemberaubenden Fußball bieten würden. Sie stehen deswegen ganz oben, weil sie die bisher konstanteste Mannschaft mit den wenigsten Fehlern stellen. Ähnlich beständig marschiert derzeit nur ein anderes Team durch die Liga: der 1. FC Kaiserslautern! Nie war es passender von einem Spitzenspiel zu sprechen als vor diesem Aufeinandertreffen. Seit der Vorrundenbegegnung dieser beiden Schwergewichte in der MDCC-Arena konnte der FCM weitere 41 Punkte in 18 Spielen und der FCK derer 40 in 17 Begegnungen sammeln. Im Duell der Drittliga-Superlativen trifft zudem die mit Abstand stabilste Defensive auf die mit nicht weniger Abstand beste Offensive der Liga. Zwischen trister Nullnummer und einem absoluten Spektakel scheint also alles möglich.


    Glücklicherweise dürfen auch wieder Zuschauer ins Fritz-Walter-Stadion und die Roten Teufel entsprechend lautstark unterstützen. Zunächst wird die Kapazität zwar noch auf 10.000 Besucher begrenzt sein, wenn die sich aber so ins Zeug legen wie die 1.000 gegen den Halleschen FC, wird für die Magdeburger ein gehöriges Höllenfeuer entfacht. Und dass Antwerpens Jungs gemeinsam mit ihren Fans Berge versetzen können ist hinlänglich bekannt. Jeder Punkt, den die Roten Teufel gegen die Magdeburger ergattern können, ist zunächst als Bonuspunkt zu sehen. Außer dem 1. FC Saarbrücken, der sein Heimspiel gewann, gingen alle anderen Teams aus dem oberen Tabellendrittel bisher nämlich völlig leer gegen den Tabellenführer aus. Nächste Woche in Mannheim sehen die Voraussetzungen da schon anders aus. Allein schon, weil es gegen den Waldhof geht. Und das heißt: Derby-Time!

    Haut der Glöckner einen raus, ist er geil auf viel Applaus

    Nur wenig aus dem Chaos-Spiel im September hat offenbar Waldhof-Coach Patrick Glöckner gelernt. Vor dem Heimspiel der Mannheimer gegen Viktoria Berlin sah sich der Abstiegstrainer des Chemnitzer FC bemüßigt, schon reichlich Öl ins Derbyfeuer zu gießen. „Sie haben erst ein Ligaspiel im neuen Jahr hinter sich gebracht, die anderen sind ausgefallen. Das haben sie damals bei den Unaussprechlichen mit 0:2 verloren“, antwortete er auf die Frage, wie er denn die Berliner einschätzen würde und spielte auf deren Auswärtsspiel beim FCK an. Nach dem unwürdigen Spektakel im Hinspiel, das vor allem vom damaligen Waldhof-Sportdirektor Jochen Kientz so oscarverdächtig inszeniert wurde, hätte man sich für das Rückspiel bei allen Protagonisten etwas mehr Besonnenheit gewünscht. Dass sich nun Glöckner, im Übrigen in Bonn geboren und damit eigentlich völlig frei vom Erzfeinddenken Richtung FCK, im Vorfeld schon zu solchen Aussagen hinreißen lässt, lässt tief blicken. Offenbar ist er bereit, jeden Unsinn zu verzapfen, nur um sich bei den Mannheimer Ultras anzubiedern. Aber eben jedem so, wie er es braucht. Otto Rehhagel brachte es einst auf den Punkt: „Die Wahrheit liegt auf dem Platz".


    Quelle: Treffpunkt Betze