Ich muss gestehen, dass ich über die eher sanft geäußerte Kritik überrascht bin. Ich habe mir das Spiel gestern live im Stadion angeschaut und war insbesondere nach der komplett verschlafenen ersten Halbzeit mächtig angefressen: Wer auf solch eine "arrogante, überhebliche, lustlose Art und Weise" eine Halbzeit bestreitet, hat es nicht besser verdient. Willst du den Gegner unter Druck setzen, musst du die Ketten deutlich stärker schieben und vor allem braucht man dafür Bewegung im Mittelfeld. Das war beinahe schlimmer als Alt-Herren-Standfußball. Mehrfach aufgefallen ist es mir auf Dicks Seite: Warum nutzen wir diesen Vorteil eines schnellen und offensiven Abwehrmannes so selten? Ich kann mich an keine Szene erinnern, in der überlaufen wurde (weder links noch rechts), und das lag an Fortounis, Bunjaku und Baumjohann, die einfach keine Bewegung ins Spiel brachten.
Ich möcht jetzt nicht jeden Spieler einzeln analysieren, aber bei einigen Spielern sind mir gestern eklantante Schwächen aufgefallen: Zunächst war ich stark darüber verwundert, warum Zuck, der auf einen Einsatz brennt und derzeit wieder heiß ist, Bunjaku weichen muss, der nach knapp 3-wöchiger Verletzungspause lediglich 2 Mal trainieren konnte? Bunjaku hat gestern alibimäßig mitgewirkt, ansonsten kaum in die Zweikämpfe gegangen. Wenn Baumjohann den Ball am Fuß und in die Offensive prescht, dann hat's jeder Verteidiger schwer, ihn vom Ball zu trennen. Aber dieses ständige konsequente Stehenbleiben bei einem Ballverlust am gegnerischen 16er oder in der gegnerischen Hälfte - scheiß die Wand an, da fehlen mir wirklich die Worte. Das ist immer noch Mannschaftssport!
Jessens Eigentor möchte ich gar nicht überbewerten, das passiert dem besten Verteidiger auch mal. Was mir bei ihm vermehrt auffällt ist seine teils sehr heftige Orientierungslosigkeit, da dreht er sich 1-2 Mal um die eigene Achse, verliert dadurch den Kontakt zum Ball und zum Gegner. Mitunter seine größte Schwäche ist das rechte Bein - so gut wie jeden Ball, den Jessen auf links bekommt, stoppt er und spielt ihn zurück in die Innenverteidigung, und das liegt aus meiner Sicht daran, dass er seinen rechten Fuß gar nicht einsetzt und mit seinem linken Fuß kaum Durchsetzungskraft nach vorne hat. Das Problem wird eigentlich von Spiel zu Spiel immer schlimmer, da sich jeder Gegner aus der zweiten Liga auf genau die Schwäche einstellt und weiterhin einstellen wird. Florian Riedel hat mir gestern in den drei Minuten, in denen er aufm Rasen stand, sehr gut gefallen. Kann ein rechter Verteidiger nicht auch einfach links spielen, zumal er doch auch Linksfuß ist?!
Fortounis' größter Feind scheint aktuell er selbst zu sein. Am Ball wunderbar mit anzusehen, Blick für den Mitspieler - kaum vorhanden, lustlose Zurücklaufen bei Ballverlust - stark ausgeprägt.
Linsmayer wird mindestens zwei Spiele bekommen, ich kann nur hoffen, dass entweder de Wit, Boris oder Azaouagh bis Freitag fit werden. Insgesamt bin ich wahnsinnig enttäuscht von der gestrigen Leistung. Klar, im Nachhinein betrachtet müssen wir mit dem Punkt sogar zufrieden sein. Für eine Mannschaft, die allerdings aufsteigen möchte, war dies deutlich zu wenig. Schönwetter-Fußball reicht auch in der zweiten Liga nicht aus. Wenn ich nicht bereit bin, zusätzliche Meter zu machen und meine Mitspieler zu unterstützen, dann läuft gewaltig was falsch. Zusammengefasst war das gestern die mit Abstand schlechteste Saisonleistung.