Diskussionsthema zum Artikel: Kommentar: Wir sind Lautrer, und ihr nicht?
Kommentar: Wir sind Lautrer, und ihr nicht?
Der FCK ist an einem neuen Tiefpunkt angelangt. Wieder einmal. Sportlich, aber auch emotional. Hoffnung gibt es kaum. Auf der Jahreshauptversammlung muss nach dem letzten Strohhalm gegriffen werden. Ein Kommentar.
Leere, Gleichgültigkeit, hier und da vielleicht noch ein
Hauch von Wut. Das waren die Gefühle, die in mir vergangenen Samstag aufkamen,
als der FCK bei den befreundeten Münchner Löwen mit 1:3 baden ging. Zwar konnte
ich die Fans, die vor Ort wutentbrannt in der Kurve ihren Emotionen freien Lauf
ließen, sehr gut verstehen – immerhin waren sie wieder einmal hunderte
Kilometer ihrem FCK hinterhergereist – ich aber fühlte mich eher in meiner
Vorahnung bestätigt. Allenfalls mit Sarkasmus und Galgenhumor war dieses
Trauerspiel noch zu ertragen.
Und doch kann ich diesem Zustand etwas Positives abgewinnen:
Ganz verschwunden ist die Emotion also doch noch nicht. Der Klüngel, die
Machenschaften, die unzähligen Intrigen im Verein, sie haben mürbe gemacht, aber
sie haben noch nicht über das mir in die Wiege gelegte Herzblut gesiegt. Gott
sei Dank. Im Gegenteil: Je mehr ich mich mit den Geschehnissen der
letzten Wochen auseinandersetze, je mehr ich darüber spreche oder schreibe,
desto mehr merke ich eben jenes Gefühl der Wut in mir aufsteigen. Wut auf alle
Verantwortlichen, die ihre Verantwortung und den Verein, dem sie verpflichtet
sind, seit Monaten mit Füßen treten.
Aber auch Wut auf eine Mannschaft, die gar keine
ist. Wut, weil sie in Spielen gegen Ingolstadt, Zwickau oder erst recht gegen
Mainz gezeigt hat, dass sie Fußball spielen kann, wenn sie es nur will. Wut
darüber, dass sie aber eben allzu oft nicht will. Wut darüber, dass Spieler ein
Trikot tragen, das ihnen scheinbar nichts bedeutet. Wut über Spieler, die sich
in Phrasen flüchten, die ihre Trainer im Stich lassen, von ihren Fans ganz zu
schweigen. Dass der Verein, den wir Fans dabei so lieben, elendig zu Grunde
geht, den meisten scheint es egal zu sein. Ihre Berater werden schon
rechtzeitig den passenden Wechsel arrangieren.
Wie könnt ihr es wagen?! - Die Verantwortung der Vereinsführung
Doch wie konnte es soweit kommen? Es ist das Ergebnis eines
Prozesses. Schon seit Beginn des Jahres war der Riss im Verein nicht mehr zu
überspielen. Patrick Banf und Jochen Grotepaß, zusammen mit der
Geschäftsführung auf der einen Seite, der Rest des Beirats und Ehemalige wie
Andy Buck oder Rainer Keßler auf der anderen. „Nur zusammen sind wir
Lautern“, „an einem Strang ziehen“, „zusammen zum Wohle des Vereins“. Worthülsen,
die man keinem Fan mehr entgegenwerfen muss. Sie werden ohnehin nicht mehr
geglaubt.
Das eigentlich Schlimme daran ist
, dass diese Spaltung nicht mehr nur auf „die da oben“ beschränkt ist, sondern
dass sie auch vor dem Fanlager nicht halt gemacht hat. Und das schlägt sich im
Gemüt eines jeden Fans nieder. Denn der FCK kann sich keine Lager leisten. Er
entwickelt seine Wucht, seine Strahlkraft nur dann, wenn das Umfeld gemeinsam alles
in eine Waagschale wirft. Davon ist aber schon lange nichts mehr übrig.
Und das ist die eigentliche Schuld der jetzigen
Vereinsführung. Ihr habt es wie keine vor euch geschafft den Verein zu spalten,
in sich aufzuwühlen und an den Rand des Exodus zu bringen. Eine echte Leistung,
wenn man bedenkt, was manch eurer Vorgänger dem Klub schon angetan hat. „Es
kann ja nur noch besser werden“. Ein geflügelter Satz im deutschen
Sprachschatz. Nicht aber in dem eines FCK-Fans. Denn das es immer noch einmal
schlimmer geht, das zeigt der FCK im Jahr 2019.
Zuletzt hagelte es Rücktritte im Beirat und im Aufsichtsrat,
von den Possen im April und Mai rund um die Investorensuche möchte ich gar
nicht mehr reden. Der „1. FC Chaoslautern“, eine Persiflage auf den
einst so stolzen Traditionsklub. Sie ist noch untertrieben für das, was ihr aus
diesem Verein gemacht hat! Gebetmühlenartig habt ihr beteuert, dass es euch nur
um den FCK geht. Um es mit den Worten einer mittlerweile sehr bekannten
16-Jährigen Aktivistin auszudrücken: „How dare you?!!“
Die Mannschaft die keine ist - Ein Riss, der schwer zu kitten ist
Doch abseits dieser emotionalen Komponente, sprechen auch die
nackten Fakten eine deutliche Sprache. Dass der 1. FC Kaiserslautern eigentlich
kein Geld hat, das ist seit fast 20 Jahren keine Neuigkeit mehr. Und trotzdem
hatten wir in den letzten Jahren einen vergleichsweise hohen Etat, gemessen an
dem was erreicht worden ist. Nachdem der direkte Aufstieg im vergangenen Jahr klar
verpasst wurde, sollte dieses Jahr alles besser werden. Mit noch mehr Geld. Martin
Bader, Sport Geschäftsführer, und Sportdirektor Boris Notzon wollten auf
Kontinuität setzen, den Kader nur punktuell verstärken. Ein ehrenwertes
Anliegen, schließlich gab es in den letzten 15 Jahren nahezu in jeder Saison
einen kompletten Umbruch.
Doch dieser Wunsch nach Kontinuität geht auf Kosten
des Erfolgs. Zwar zeigten sich die Roten Teufel teilweise mit einer klaren
spielerischen Verbesserung, etwa gegen Ingolstadt, Zwickau oder Mainz. Aber Siege
konnten nicht konstant geliefert werden. Trauriger Tiefpunkt: Gegen Meppen ließ
sich die Mannschaft mit 1:6 abschlachten, Sascha Hildmann musste gehen. Er war
nicht mehr als ein Bauernopfer. Hildmann wurde Opfer einer Mannschaft, die ihn
im Stich ließ. Genauso wie ein Jahr zuvor Michael Frontzeck beim 0:5 in
Unterhaching. Boris Schommers sollte also gewarnt sein. Beide Male verlor die Elf
nicht einfach, sie verweigerte eine Leistung. Spielte sie gegen den Trainer?
Möglich. Kann sie es besser? Definitiv. Umso indiskutabler sind solche
Leistungen. Ich bemühe nochmals Greta: Wie könnt ihr es wagen??! Auch deswegen muss die Fehleranalyse tiefer gehen. Im Fußball
zählen eben Ergebnisse. Sascha Hildmann musste dies erleben.
Notzon und Bader ohne Rechtfertigung - In der Pflicht steht die Mannschaft
Boris Notzon, ein Sportdirektor, dessen Kader erst aus der 2.
Liga ab- und dann zweimal nicht aufgestiegen ist, der noch dazu extrem teuer
ist, dem fehlen schlicht Argumente zur Weiterbeschäftigung. Gleiches gilt für
seinen Vorgesetzten Martin Bader. Er hat eine Mannschaft zusammengestellt, die
offensichtlich keine ist. Eine Mannschaft, der es an Charakter fehlt, am Willen
Spiele unbedingt zu gewinnen. An Disziplin, über 90 Minuten, mehrere Spiele
hintereinander konstant erfolgreich zu spielen. Die Entscheidung, Baders
Vertrag nicht über das Jahr 2019 zu verlängern, ist die einzig mögliche. Dazu
sind die Trainer Frontzeck und Hildmann unterm Strich gescheitert.
Dass Bader
dann auch noch auf eine völlig berechtigte Nachfrage einer SWR-Reporterin
gefragt nach dem Trainerprofil mehr als unprofessionell, gar hochnäsig antwortet,
ist nicht gerade förderlich. Der FCK, auch Martin Bader, sollten sich glücklich
schätzen, dass sich auch Medien überhaupt noch für einen Trainerwechsel auf dem
Betze interessieren!
Dass nebenbei ein potenzieller Investor namens Flavio Becca offensichtlich
damit droht, sich zurückzuziehen für den Fall, dass seine Vertrauten Banf und
Bader abgesetzt würden, darf die Entscheidung mit Bader nicht zu verlängern, nicht
beeinflussen. Wohin Vereine steuern, die sich derart abhängig machen, sieht man
in München oder Uerdingen.
Gleichwohl trägt die Hauptschuld die Mannschaft. Den 1. FC Kaiserslautern werden wir immer lieben. Wir werden
ihm hinterherfahren, auch wenn er in den Niederungen des Amateurfußballs
verschwinden sollte. Weil er in erster Linie aus den Fans besteht, aus seiner
Geschichte und seiner Emotion. Ihm kann man nahezu alles verzeihen. Er besteht
aber nicht aus seinen Akteuren. Ich bin so maßlos von dieser Mannschaft entsetzt, dass ich
ihr eigentlich schon nicht mehr verzeihen kann. Wer sich so wehrlos innerhalb
eines Jahres zweimal abschlachten lässt, wer dutzende Male blutleer auftritt, nachdem
er gerade wieder ein paar Fans zurückgewonnen hatte, wer sich in Phrasen
flüchtet und nicht mal vor der Kurve seinen Mann steht, der zeugt nicht von
Charakter oder den Werten, die den Fritz Walter Klub eigentlich auszeichnen.
Freilich sind nicht alle Spieler von dieser Zuschreibung betroffen. Fakt ist
aber, dass die Mannschaft als solches so agiert. Sie agiert mit elf Individuen.
Doch als diese kannst du nicht erfolgreich sein.
Die Jahreshauptversammlung muss Klarheit bringen: Es geht nur um den FCK!
Sportlich und wirtschaftlich liegt der FCK am Boden. Leider
ist dies mittlerweile zur Gewohnheit geworden. Doch er tut es auch emotional. Im Oktober kommt es jetzt zur Jahreshauptversammlung. Eine
Veranstaltung, die naturgemäß immer droht, sehr turbulent zu werden. Doch die
letzten Jahre war sie angesichts der damals schon existenzbedrohenden Situation
merkwürdig ruhig, fast schon lethargisch.
In diesem Jahr muss alles auf den Tisch, was diesen Verein
seit über einem Jahr quält. Intrigen und Machtkämpfe müssen aufgeklärt werden,
den Mitgliedern die Möglichkeit gegeben werden, auch personelle Konsequenzen zu
ziehen. Nur so kann danach ein Schlussstrich gezogen werden, der nötig ist.
Denn der Verein braucht Ruhe. Doch die kann es nur geben, wenn kein Mantel über
Brände gelegt wird, die unter ihm weiter gären!
Mit Markus Merk, Martin Wagner und Rainer Keßler steht eine
personelle Alternative bereit. Die Geschichte des FCK sollte uns eigentlich gelehrt
haben, dass die reine Nennung von Namen – klingen sie noch so integer – keine
Euphorie mehr auslösen. Und doch: Angesichts der Selbstdarsteller, der
personellen Eitelkeiten und der verbalen Auseinandersetzungen der letzten
Monate, klingen diese Namen fast schon wie Balsam auf der FCK-Seele. Patrick
Banf ist nach den letzten Monaten untragbar geworden. Wenn der FCK noch eine
Chance haben will, dann muss er sich an diesem Tag seiner Grundwerte besinnen.
Nur dann hat er noch eine Chance. Schwer genug wird es so oder so.
Quelle: Treffpunkt Betze