Fünf Spiele in Folge nicht verloren - vier Siege, ein Unentschieden, 13 Tore, kein Gegentor. Die Leistungen des 1. FC Kaiserslautern seit der letzten Saisonniederlage gegen Magdeburg am 04. September lesen sich wie die Bilanz eines klaren Aufstiegskandidatens. Dazu kommt die „Schlacht zu Neunt“ gegen Waldhof Mannheim, die die vermeintliche Trendwende in den Köpfen der Spieler bewirkt hat und bereits jetzt zum magischen Mythos jüngerer Betze-Geschichte stilisiert werden kann. Auch wenn der Fußball, besonders in Kaiserslautern, von Helden- und Versagern-Narrativen lebt, liegen die Hauptgründe für den jüngsten Erfolg der Mannschaft in eher unromantischen taktischen Anpassungen auf dem Spielfeld. Eine Analyse.
Die Ausgangslage: Antwerpens grundlegende Veränderungen
Ein derzeit erfolgreicher Trainer in der ersten Bundesliga sagte jüngst sinngemäß: "Je größer die individuelle Qualität der Spieler einer Mannschaft, je höher die Liga, umso mehr wird Fußball ein „Players-Game". Das heißt, der Einfluss des Trainers auf das Spielgeschehen wird geringer, je besser seine Spieler sind. Diese Erkenntnis bedeutet im Umkehrschluss, dass die Auswirkungen taktischer Entscheidungen durch den Trainer in der 3. Liga von spielentscheidender Bedeutung sind. Der Erfolg einer Mannschaft in den unteren Spielklassen hängt davon ab, wie gut ein Trainingsleiter seine Spielidee einer Mannschaft vermitteln kann - durch Training, Vorbereitung, Aufstellung und taktischen Anweisungen. Marco Antwerpen hat seit dem Waldhof-Spiel nicht nur die Aufstellung, sondern auch den Spielaufbau sowie die Arbeit gegen den Ball grundlegend verändert.
Die Kettenreaktion
Die augenscheinlichste Änderung seit Mannheim ist die Umstellung von 4er-Kette auf 5er-Kette. Wobei hier noch angemerkt werden muss, dass Lautern im Spielaufbau eine 3er-Kette mit einem zentralem Kevin Kraus und hochstehenden „Schienenspielern“ (Hercher und Zuck) ins Feld führt. Was bedeutet diese Umstellung für das Spiel mit Ball, also die Offensive? Die Mannschaft zeigt durch sie im Spielaufbau größere Variabilität. Ritter, Sessa oder Götze in der Mittelfeldzentrale können sich am Spielaufbau durchs Zentrum beteiligen, häufiger wird jedoch der lange Ball auf die Flügel gesucht. Während zu Saisonbeginn mit Zimmer und Redondo zwei Flügelspieler in offensiver Reihe platziert wurden, die sich mit hohen Zuspielen häufig schwer taten, ist das aktuelle System mit einer situativen Überzahl durch die hochstehenden Außenverteidiger und das offensive Duo Hanslik und Klingenburg deutlich häufiger von Erfolg gekrönt. Die Spieleröffnung mit hohen Bällen erfolgt jetzt nämlich nicht mehr über die tiefstehenden Außenverteidiger Hercher und Zuck, sondern meist über die breiter stehenden Innenverteidiger Tomiak und Winkler.
Während im Spielaufbau in der 4er-Kette somit vier Defensivspieler in letzter Reihe standen, sind es nunmehr nur noch drei, was in den offensiven Räumen des Spielfelds die Kräfteverhältnisse zugunsten des FCK verschiebt. Der FCK kommt nun häufiger in Situationen, in denen die Außenspieler bis zur Grundlinie durchstoßen können. Und durch die nachschiebenden zentralen Spieler mit Torgefahr - wie Klingenburg, Wunderlich oder jüngst Felix Götze - kommen die Roten Teufel zu aussichtsreichen Abschlüssen und Toren. Es werden so auch deutlich mehr Ecken und tornahe Standards provoziert, die häufiger von Erfolg gekrönt sind als zu Saisonbeginn. Offensiv hat Antwerpen die Stärken der Mannschaft so besser zur Geltung gebracht: Körperlich durchsetzungsstarke Spieler wie Klingenburg, Götze, Hanslik, Hercher, Kraus, Winkler oder Tomiak bringen den FCK bei Standards oder aus dem Spiel heraus in aussichtsreiche Abschlusssituationen.
Zentrumsplätze müssen verdichtet sein!
In der Defensive zeigt die Mannschaft besonders in den zentralen Räumen eine beeindruckende Stabilität. Durch deutlich tieferes Pressing, meist etwa ab der Spielfeldmitte und eine tiefer stehender Abwehrreihe, unterbindet man erfolgreich die hohe Anfälligkeit bei Bällen hinter die letzte Reihe oder in die Schnittstellen der weniger kompakten 4er-Kette. Hercher und Zuck kommen defensiv seltener in gefährliche eins-gegen-eins Situationen, sondern werden meist durch entweder Tomiak oder Winkler zusätzlich abgesichert. Da bei beiden Außenverteidigern die Stärken klar in der Offensive liegen, war dies neben einem sich aktuell in Topform befindlichen Torhüter ein entscheidender Faktor für die Stabilisierung der Defensive. Das größte Defizit der Mannschaft ist die fehlende Geschwindigkeit, besonders in der Zentrale. Durch die Verdichtung werden die Wege sowohl zum Gegner als auch zum eigenen Tor kürzer und dieser Nachteil somit kleiner. Marco Antwerpen ist es gelungen, die Stärken der individuellen Spieler durch taktische Änderungen in Defensive und Offensive besser zur Geltung zu bringen, das macht den aktuellen Erfolg aus.
Der Umgang mit Rückständen
Nach einem Rückstand holte der FCK in der bisherigen Spielzeit noch keinen einzigen Punkt. Spannend zu beobachten wird es deswegen wohl sein, wenn der FCK in den nächsten Spielen doch einmal in Rückstand geraten sollte und der Gegner danach den vielzitierten Beton anrührt. Dann wird sich zeigen, ob die Mannschaft auch ohne die Option der vertikalen langen Bälle genug Lösungen finden wird, um Torchancen zu produzieren. Dann wird es auch darauf ankommen, die zentralen Spieler Ritter, Sessa, Götze oder Wunderlich intensiver in einen flachen Spielaufbau mit einzubeziehen, oder etwas mehr Diagonalität ins Spiel einzubauen, um Abwehrketten auseinanderzuziehen und offensive Räume zu schaffen.
Quelle: Treffpunkt Betze
Autor: Sebastian
Quelle: Treffpunkt Betze