Tobi Sippel: Vom Wormser Backfischfest ins Tor des FCK
- Leo
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Wenn Tobi Sippel über seine Zeit beim 1. FC Kaiserslautern spricht, schwelgt der Bad Dürkheimer in Erinnerungen: “Ich habe sehr viele schöne Erinnerungen an die Zeit in Kaiserslautern.” Immerhin hat der mittlerweile 34-Jährige nach seinem Wechsel in die E-Jugend des FCK (1998) fast zwei Jahrzehnte den Kasten des Vereins gehütet.
"Solche Momente werde ich nie vergessen"
Auf die Frage, wie es zu seinem Wechsel auf den Betzenberg kam, erzählt Sippel von einem Freundschaftsspiel seiner Mannschaft vom SV Bad Dürkheim gegen eine Jugendmannschaft der Roten Teufel: “Es wurde beim FCK zu der Zeit eine neue E-Jugend aufgebaut. Zusammen mit zwei Kumpels wurde ich gesichtet, und wir wollten zusammen den Schritt nach Kaiserslautern gehen. Wenn ich alleine gewesen wäre, hätte ich es damals wahrscheinlich nicht gemacht.” Die beiden Freunde schafften den Sprung zur zweiten Mannschaft des Vereins nicht, doch Sippel durfte sich ab Sommer 2005 bei den Amateuren beweisen.
Es dauerte ganze zwei Jahre, bis es zu einem legendären Kadereinsatz bei den Profis kam. “Ich erinnere mich noch genau an den Tag, an dem ich auf die Bank bei den Profis durfte”, erzählt Sippel, “denn ich war einen Tag vorher auf dem Backfischfest in Worms. Als kurzfristig noch ein Torhüter für das Spiel gebraucht wurde, riefen mich die FCK-Verantwortlichen an und holten mich in Worms ab, damit ich am nächsten Tag in Koblenz spielen konnte. Solche Momente werde ich nie vergessen.”
Auch das Profidebüt vier Wochen später bei der TSG Hoffenheim am 19. Oktober 2007 verlief für den jungen Pfälzer denkwürdig: “Ich hatte zu dem Zeitpunkt, als sich Flo (Florian Fromlowitz, Anm. d. Red.) verletzte, leider keine kurze, sondern noch eine lange Hose an. Die Jungs von der Bank schrien und schrien, ich müsse mich jetzt umziehen und ins Spiel kommen. Also habe ich Gerry (Gerry Ehrmann, Anm. d. Red.) irgendwie zu vermitteln versucht, dass ich noch eine kurze Hose brauche. Unser Zeugwart Wolfgang Wittich rannte für mich in die Kabine und holte mir noch eine kurze Hose. Das hat mir vor meinem Einsatz einiges an Nervosität genommen.”
"Seine Arbeit hat uns robust gemacht"
Im Übrigen hat Sippel noch regen Kontakt zu seinem ehemaligen Torwarttrainer Gerry Ehrmann: “Ihn kann ich wirklich Tag und Nacht anrufen. Für alle seine Torhüter würde er alles tun, weswegen wir ihm alle total dankbar sind. Mit seiner Arbeit hat er für uns alle die Grundsteine für das gelegt, was wir heute sind.” Angesprochen auf die Besonderheiten in der Arbeit des als “Tarzan” bekannten Torwarttrainers erzählt Sippel eine Geschichte aus der D-Jugend beim FCK: “Wir haben damals trainiert wie die Profimannschaft des FCK. Zwischen seinen Torhütern machte Gerry keine Unterschiede. Wir mussten also einmal in der Woche über unser eigenes Limit hinausgehen - das wollte Gerry so: Manchmal musste sich Kevin (Kevin Trapp, Anm. d. Red.) sogar zwei oder drei Mal in der Woche hinter einer Laterne übergeben. Seine Arbeit hat uns als Torhüter alle sehr robust gemacht.”
Mit seinem Konkurrenten Trapp lieferte sich Sippel zu FCK-Zeiten einen engen Kampf um den Platz im Tor. Die beiden haben bis heute Kontakt zueinander: “Wir schreiben uns immer noch sehr oft. Genauso ist es mit anderen Torhütern aus der FCK-Zeit wie Pollersbeck oder Fromlowitz. Mit solchen Leuten will man den Kontakt nicht verlieren.”
"Als wären wir gerade Deutscher Meister geworden"
Seinen schönsten Moment während der Zeit beiden Roten Teufeln erlebte der Bad Dürkheimer beim Nichtabstiegsendspiel am 18. Mai 2008 gegen Köln. Mit einem 3:0-Sieg im Fritz-Walter-Stadion konnten die Roten Teufel am letzten Spieltag und auf den letzten Drücker den Abstieg in die dritte Liga verhindern. “Zum ersten Mal habe ich so richtig gemerkt, was an dem Verein alles dranhängt. An dem Tag ist eine Riesenlast von den Schultern der Leute gefallen. Nach dem Spiel wurden wir gefeiert, als wären wir gerade Deutscher Meister geworden, dabei haben wir ‚nur‘ die Klasse gehalten. Ganz Kaiserslautern hat in diesem Moment gebebt.”
Tobi Sippel im Gespräch mit Jean Zimmer
Nach dem Aufstieg im Jahr 2010 mit einer “total intakten Mannschaft, wo vorne und hinten alles gestimmt hat”, so Sippel, wurde es im zweiten Jahr in der Bundesliga schwer. Als Letzter stieg die Pfälzer in der Saison 2011/12 nach zwei Jahren in der Bundesliga chancenlos wieder ab. Wie es nach der ersten erfolgreichen Saison in der Bundesliga, die der FCK auf dem 7. Platz beendete, zu einem solchen Einbruch im zweiten Jahr kommen konnte? “Man wollte damals zu schnell noch größeren Erfolg und es wurden viele Spieler ausgetauscht. Aus heutiger Sicht wäre es besser gewesen, wenn man als Aufsteiger kleinere Brötchen gebacken und sich Jahr für Jahr mit dem Ziel Klassenerhalt zufrieden gegeben hätte.” Für ihn als Spieler sei es schwierig gewesen, den endgültigen Abstieg nach dem Spiel gegen Hertha BSC Berlin zu realisieren: “Wenn man am nächsten Morgen die Zeitung liest, sieht man sich total in der Verantwortung, weil die Mannschaft, deren Teil man ist, die Klasse nicht halten konnte.”
Letztes Spiel für den FCK: "Die letzten zehn Minuten waren sehr hart für mich"
Nach dem Abstieg des 1. FC Kaiserslautern in die zweite Liga etablierte sich Sippel dann in den folgenden Jahren als unangefochtene Nummer eins, nachdem Kevin Trapp zu Eintracht Frankfurt gewechselt war. Die Roten Teufel spielten in dieser Zeit fast jedes Jahr um den Aufstieg in die Bundesliga mit, scheiterten jedoch immer wieder knapp. Am bittersten waren für Sippel die verlorenen Relegationsspiele gegen die TSG Hoffenheim: “Wir hatten uns damals eigentlich schon auf Fortuna Düsseldorf als Gegner vorbereitet. Durch den Erfolg von Hoffenheim am letzten Spieltag in Dortmund hat sich damals nochmal alles geändert. Das war natürlich bitter. Mit zwei Heimspielen hätten wir damals eventuell als Sieger aus der Relegation herausgehen können, doch so war es für uns als Zweitligist sehr schwierig.”
Sein letztes Spiel für den FCK bestritt Sippel in der Saison 2014/15 beim Heimspiel gegen den FC Ingolstadt auf dem Betzenberg. Auch diesmal verpasste die Mannschaft am letzten Spieltag als Tabellenvierter nur knapp den Aufstieg in die Bundesliga. “Die letzten rund zehn Minuten waren auf dem Platz sehr hart für mich. Oft blickte ich hoch zur Anzeigetafel und sah die Zeit herunterrinnen. Ich wusste, dass bald eine lange Zeit bei meinem FCK zu Ende gehen würde. Mir wurde bewusst, dass es das letzte Spiel war in dem Stadion, in dem ich immer gespielt hatte und von dem ich gedacht hatte, dass ich immer dort spielen würde. Es war nach dem Abpfiff eine super Atmosphäre im Stadion - das werde ich nie vergessen.”
"Freue mich auch heute noch über jeden FCK-Sieg"
Für Sippel ging es im Sommer 2015 weiter zu Borussia Mönchengladbach, nachdem sein Vertrag beim FCK vorher nicht verlängert wurde. “Nach einem Freundschaftsspiel gegen Gladbach in der Winterpause habe ich mit Max Eberl telefoniert. Etwas anderes als ein Traditionsverein kam für mich nicht infrage, von daher hat der Wechsel nach Gladbach damals gut für mich gepasst. Für mich war klar, dass ich bei einem Vereinswechsel auch länger bei meinem neuen Club bleiben wollte. Der einzige Weg würde für mich zurück nach Hause in die Pfalz führen, das habe ich Max Eberl damals auch so gesagt.” Dem FCK ist Sippel jedoch auch während seiner Zeit in Gladbach sehr eng verbunden geblieben.
So hat er auch die aktuelle Saison, in der der Verein zum ersten Mal seit Jahren wieder erfolgreich Fußball spielt und im Aufstiegsrennen in der dritten Liga munter mitmischt, rege verfolgt: “Was mir gut gefällt, ist die defensive Stabilität des Teams. Der FCK bekommt dieses Jahr kaum Gegentore - so kann man am Ende auch aufsteigen. Mit Boyd wurde das Gefüge vorne im Sturm nochmal mit einem Zielspieler, der brandgefährlich sein kann, ergänzt. Es macht gerade viel Spaß, die Spiele des FCK zu schauen und ich fiebere meist an meinem Handy mit. Über jeden Sieg freue ich mich sehr.”
Nach seiner Zeit in Mönchengladbach will Sippel wieder in seine Heimat nach Bad Dürkheim zurückkehren und strebt auf lange Sicht an, Torwarttrainer zu werden. Seinen Traum als Profifußballer, der mit der Abholaktion vom Wormser Backfischfest im Jahr 2007 auf verrückte Weise erst richtig Fahrt aufnahm, lebt der 34-Jährige bei seinem neuen Verein weiter. Den FCK wird er dennoch immer tief im Herzen tragen.
Quelle: Treffpunkt Betze
Quelle: Treffpunkt Betze