Ihr kriegt den Ball und wir die Punkte: Vier Gründe für den Erfolg des FCK
- Raimund
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Wer hätte gedacht, dass das Auftaktspiel gegen Hannover 96 in jeder Hinsicht exemplarisch für die weitere Saison des 1. FC Kaiserslautern sein wird? Volle Ränge, Konterfußball und eine nie aufsteckende Mannschaft, die sich ihr Glück zur Not auch erkämpft. Von den anvisierten 40 Punkten ist der FCK bereits nach der Hinrunde nur noch elf Punkte entfernt. Für diese Wahnsinnshinrunde der Roten Teufel sprechen vor allem vier Gründe.
Grund Nummer eins: FCK-Cheftrainer Dirk Schuster
Mit „Erstmal hallo in die Runde“ pflegt Trainer Dirk Schuster eine Pressekonferenz zu beginnen, um den Journalisten anschließend am Ende ein freundliches „Schönen Feierabend“ mit auf den Heimweg zu geben. Das klingt nach sehr viel Routine, die der Coach nach 16 Trainerjahren in den höchsten vier deutschen Spielklassen auch zweifellos hat. In vielerlei Hinsicht ist der 54-Jährige auch ein Stück weit vorhersehbar, aber definitiv nicht in jeder. Der gebürtige Chemnitzer liebt einfach die Rolle des Außenseiters. Der Gegner wird nicht nur regelmäßig zum Favoriten erklärt, ihm wird auch im Spiel der Ball überlassen. FCK-Fußball unter Schuster bedeutet, aus einer starken Defensive heraus den ballführenden Gegner unter Druck zu setzen und schnell zu kontern. Schlappe 35 bis maximal 40% Ballbesitz waren in den bisherigen Partien eher die Regel als die Ausnahme.
Schuster setzt auf Konstanz
In der abgelaufenen Hinrunde rotierte Schuster kaum und setzte auf ein Gerüst von sieben bis acht Spielern, die in der Regel immer in der Startelf standen. Zudem sind auch beinahe immer die gleichen 15 bis 16 Spieler zum Einsatz gekommen, was nicht zuletzt daran lag, dass die Lautrer deutlich weniger Verletzungspech als in den vergangenen Jahren hatten (die einzige Ausnahme bildete Neuzugang Ben Zolinski). Trotzdem schaffte der Cheftrainer es, den gesamten Kader bei Laune zu halten. Ehemalige Stammspieler - wie etwa Mike Wunderlich, Daniel Hanslik oder Philipp Hercher, die aufgrund geringerer Einsatzzeiten enttäuscht sein könnten, jubelten auch auf der Bank mit und gaben immer Vollgas, wenn sich die Chance auf einen Einsatz bot.
Auffällig oft kamen die Pfälzer nach schwachem ersten Durchgang wie verwandelt aus der Kabine. Manchmal schien es, als habe das Trainerteam bei der gegnerischen Mannschaft nach der 45-minütigen Analyse nun endlich die Schwachstellen gefunden, um in der Pause entsprechend zu reagieren. Anschließend kamen Spieler von der Bank auf das Feld, andere wechselten ihre Position und das Spiel im zweiten Durchgang änderte sich plötzlich komplett. Auf eine schwache erste Halbzeit folgte in dieser Saison beinahe immer ein starker zweiter Durchgang. Schon seit Darmstädter Zeiten wird Dirk Schuster vorgeworfen, seine Teams können lediglich kontern. Dies ist nicht zutreffend. Sonst wäre es dem FCK kaum gelungen, das Spiel nach Rückständen so oft zu drehen. Auf der anderen Seite schraubte der Trainer in Partien wie in Sandhausen gegen Ende auch mal das Risiko herunter, um zufrieden mit einem Punkt nach Hause zu fahren.
Grund Nummer zwei: Die Moral der „Wichstruppe“
Obwohl die Roten Teufel in der abgelaufenen Hinrunde nur zwei Niederlagen (SC Paderborn, Jahn Regensburg) kassiert haben, gerieten sie in zehn der siebzehn Partien in Rückstand. Stellenweise lag dies daran, dass die erste Halbzeit weitgehend unerklärbar verschlafen wurde. Aber auf eines war stets Verlass. Zwei schlechte Halbzeiten lieferten die Roten Teufel in der Regel nicht ab. Lediglich bei der Heimniederlage gegen Regensburg lässt sich von 90 schwachen Minuten sprechen. Das Team zeigte einfach eine unfassbare Moral. Beim Aufstiegskandidaten aus Heidenheim musste der 1. FC Kaiserslautern 45 Minuten lang in Unterzahl spielen und schaffte dennoch den 2:2 Ausgleich. Bei Greuther Fürth und gegen Fortuna Düsseldorf wurden trotz schlechter erster Hälften beide Spiele nach deutlicher Leistungssteigerung gewonnen. Und in den beiden Heimspiel-Spektakeln gegen den SV Darmstadt und den 1. FC Magdeburg gelang es den Lautrern, selbst nach Zwei-Tore-Rückständen in Führung zu gehen und um ein Haar das Spiel zu noch gewinnen. Im seit langer Zeit erfolgreichsten Jahr 2022 war ein FCK-Spiel tatsächlich erst dann entschieden, wenn der Schiedsrichter abpfiff.
Führungsspieler in jedem Mannschaftsteil
Jahrelang war eines der Hauptprobleme der Roten Teufel, dass der Kader kaum Führungsspieler besaß. Spieler, die sich bei Bedarf vor dem Gegenspieler aufbauen, vor allem aber auf dem Spielfeld jederzeit Verantwortung übernehmen. Aktuell verfügt der FCK in jedem Mannschaftsteil über mindestens einen Leader. Bildete sich zuletzt auf dem Platz ein Rudel, gab es häufig drei Spieler, von denen mindestens einer in vorderster Front dabei war. Mit Boris Tomiak, Jean Zimmer und Marlon Ritter hat der FCK endlich wieder „aggressive leader“, die gegenüber dem Gegner bzw. dem Publikum ein Zeichen setzen können und in ihrem Spiel sehr extrovertiert zu Werke gehen. Das Gegenteil davon ist Torhüter Andreas Luthe. Der 35-Jährige zeigte nicht nur großartige Reflexe auf der Linie, sondern strahlte wie kaum einer seiner Vorgänger Ruhe und Sicherheit aus.
Boyd und Ritter stechen hervor
Terrence Boyd erzielte als Lautrer Top-Torjäger acht Saisontreffer, während Marlon Ritter sechs Assists beisteuerte. Doch es sind nicht nur die Torbeteiligungen, die den Mittelstürmer und den Sechser absolut unverzichtbar machen. Der technisch beschlagene Mittelfeldmotor Ritter kurbelte das Spiel immer wieder nach vorne an, erlief sich aber auch defensiv viele Bälle. Zudem hat der „König des Trashtalks“ eine Portion Wahnsinn in sich und versuchte sich immer mal wieder an verrückten Aktionen, wie beispielsweise dem 40-Meter-Treffer im Pokal gegen Freiburg. Stürmer Boyd wiederum band als Wandspieler fast permanent zwei gegnerische Verteidiger, legte Bälle ab und spulte ebenfalls ein enormes Laufpensum ab. Beide Akteure sind im derzeitigen Kader nicht ansatzweise zu ersetzen.
Aktuell scheint ein Teamgeist wie in einer eingeschworenen Kreisligatruppe vorzuherrschen. Und das ist zu 100 Prozent positiv gemeint. Kein Spieler ging bei seiner Auswechslung motzend vom Feld und selbst Positions-Konkurrenten schienen die besten Kumpels zu sein. Bei Jubelbildern aus der Kabine herrschte selbst bei den Spielern, die nicht eingesetzt wurden, eine Laune, als hätten sie das Siegtor erzielt. Um es mit den Worten von Terrence Boyd zu sagen: Eine echte Wichstruppe!
Grund Nummer drei: Der Faktor Glück
Die Auswärtsspiele in Fürth und Düsseldorf konnten die Pfälzer jeweils nicht „trotz“, sondern „wegen“ eines 0:1 Pausenrückstands gewinnen. Dafür, dass beide Heimteams in diesen Spielen zur Halbzeit nicht deutlich höher führten, war neben Torwart Andreas Luthe vor allem jede Menge Glück verantwortlich. Ansonsten wären beide Partien bereits vor dem Seitenwechsel entschieden gewesen. Auch die Siege im Auftaktmatch gegen Hannover und im Derby gegen den KSC dürften als 'glücklich' bezeichnet werden - wurden jedoch, genau wie die schwächeren Leistungen in Bielefeld und gegen St. Pauli mit einem Sieg belohnt. Hätten die Roten Teufel aus genau diesen Partien nicht 18, sondern womöglich nur fünf oder sechs Punkte geholt, hätte die Hinrunde auch völlig anders laufen können.
Nun kann Glück bzw. im Besonderen 'Spielglück' bekanntlich auch manchmal erzwungen werden. Und genau das gelang den Roten Teufeln in dieser Saison gleich mehrfach. Im Gegensatz zu den vergangenen Jahren war der FCK nicht mehr der Aufbaugegner für angeschlagene Teams, sondern holte genau dort wertvolle Punkte.
Grund Nummer vier: Die Euphorie rund um den Betzenberg
Der 1. FC Kaiserslautern zeigte in der Hinrunde all das, was die meisten Anhänger in zehn der letzten elf Jahre am Betzenberg so schmerzhaft vermisst haben. Eine sympathische und kampfstarke Truppe, die niemals aufgibt und es sichtlich genießt, vor großer Kulisse im Fritz-Walter-Stadion aufzulaufen und dort alles zu geben. Wann hat es in Kaiserslautern zuletzt solch einen spürbaren Zusammenhalt zwischen Mannschaft und Fans gegeben? Die Zuschauer, ob 30.000 oder 40.000, ob bei Heim- oder Auswärtsspielen, pushten die Roten Teufel auf dem Feld, welche sich mit Kampf, Leistung und manchmal sogar mit Pizza revanchierten.
Auf dem Betze und in der Fremde: Ohne Lautern wär' hier gar nix los!
Die Heimspiele uffm Betze wurden durchschnittlich von 38.602 Zuschauern besucht. Noch nie hatte der 1. FCK als Zweitligist einen derart hohen Zuschauerschnitt. Dieser läge sogar noch höher, wären bei den Partien gegen den Karlsruher Sportclub (43.852) und den 1. FC Nürnberg (46.852) Zuschauerränge nicht als „Pufferblock“ dem Sicherheitskonzept zum Opfer gefallen. Es macht einfach wieder Spaß zum FCK zu gehen. Auch auswärts wurden Fußballfeste gefeiert wie schon ewig nicht mehr. Es gab rot-weiße Invasionen in Bielefeld und Kiel, „Heimspiele“ in Fürth und Sandhausen. Zudem feierten 9.000 Lautrer am 11. November in Düsseldorf - nicht Karneval, sondern ihren Verein. Den Höhepunkt bildete jedoch das 'Partywochenende' in Hamburg, welches über 10.000 FCK-Fans auswärts beim Hamburger SV verbrachten.
Die Euphorie rund um den Betzenberg ist derzeit einfach riesig. Das einzige, was Fans derzeit „entzweit“ ist die Frage, ob denn nun der obere oder der untere Relegationsplatz die Orientierung für das Saisonziel sein sollen. Es bleibt zu hoffen, dass der Zuschauerrückhalt auch bei einer Negativserie weiter anhält und Fans und Mannschaft im Mai eine großartige Saison feiern können – selbst wenn diese auf Rang 10 oder 12 enden sollte.
Quelle: Treffpunkt Betze
Was sind aus deiner Sicht die Gründe für diese erfolgreiche Hinrunde? Wir sind gespannt auf eure Rückmeldungen im Forum von Treffpunkt Betze.
Quelle: Treffpunkt Betze
Antworten 3
NM3L_FCK
Eine eingeschworene Aufstiegsmannschaft, die punktuell, und intelligent verstärkt wurde. Dirk Schuster war aber im Nachhinein, der Königstransfer in meinen Augen. UND DA SIND DIE FANS.So eine Symbiose habe ich noch nie erlebt. Geiler Scheiss. Könnte ausführlicher darüber schreiben, aber ich halte es kurz und knackig.
Ist der geilste Club der Welt.
Raimund
NM3L_FCK Du darfst sehr gerne ausführlicher drüber schreiben.
American_Devil
Fantastic article as always.
As I have put before, this club and my fellow fans, has my heart. We are a great group that understands and appreciate the history of this club, and will never let anything get in the way of supporting the Red Devils.
Been a great first half of the season, and I have faith it will continue. We are on the up as a club and coming from where we where just a few seasons ago, its truly remarkable.