Der Betze boomt

Foto: Andreas Leiner

Mit ihrer gigantischen Choreografie im Pokalfinale 2024 in Berlin erlangten die Fans des 1. FC Kaiserslautern internationale Aufmerksamkeit. Die Anhänger gelten als frenetisch, manche sogar als religiös. Und das völlig zurecht, wenn man sich an die höllische Darbietung inklusive Teufelsanrufung im Heimspiel gegen Düsseldorf in der vergangenen Saison erinnert. Fußballbegeisterte, die es nicht mit den Pfälzern halten, verwenden manchmal schelmisch, manchmal sogar abwertend den Begriff „Region” als Synonym für die Anhängerschaft der Roten Teufel.


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Das kommt nicht von ungefähr, sprechen doch die Medien und die Menschen um den Betze immer wieder davon, wie wichtig der FCK für die Bewohner der Pfalz und den gesamten Südwesten der Republik ist. Und damit haben sie Recht, denn die Männer in Rot stiften ein Gefühl der Zusammengehörigkeit in einer der strukturschwächeren Ecken Deutschlands. Das ist auch der Grund für den aktuellen Boom rund um den Verein.

Rekorde noch und nöcher


Noch vor einigen Jahren drohten die sportlichen Erben Fritz Walters in der Bedeutungslosigkeit zu versinken. Zwar lockten Ligaspiele gegen Havelse, Dortmund II und Viktoria Köln immer noch beachtliche fünfstellige Besucherzahlen ins Stadion, doch eine Auslastung von 50 Prozent der ehemaligen WM-Arena wurde nur noch selten erreicht. In der Saison 2024/25 hat sich der Verein in der zweiten Liga festgespielt und durfte im Schnitt 46.329 Zuschauer begrüßen. Damit steht man nicht nur deutschlandweit in den Top Ten, sondern sogar vor dem FC Barcelona (45 953). Doch damit nicht genug: Über 4.000 Fans begleiteten die Roten Teufel im Schnitt auf ihren Auswärtsfahrten. Damit befindet man sich im Ligaschnitt auf Platz 4, wenngleich diese Zählung die Karten, die sich die Lautrer Anhänger in den neutralen Bereichen der Stadien zugelegt haben, nicht vollständig miteinbezieht.


Dies ist der Verdienst des sportlichen Erfolgs der letzten Jahre, es ist wieder „in”, uff de Betze zu gehen. Auf den Schulhöfen in Rheinland-Pfalz und dem Saarland werden die Trikots von PSG, Real Madrid und Bayern München wieder mehr durchmischt mit den roten Shirts, auf die man stolz „Ritter” oder „Hanslik” geflockt hat. Weil die Kaiserslauterer Kernstadt, die etwas mehr als 80.000 Menschen ihr Zuhause nennen, rund um die Heimspieltage wieder von Fans geflutet werden, die einen mitreißen. Weil jungen, zugezogenen Studenten, die den Hype um einen Fußballclub nicht nachvollziehen können, nach nur einem Besuch im Fußballtempel alle offenen Fragen beantwortet werden. Und weil man selbst in der Fremde nicht allein ist.

Die Kehrseite der Medaille


Mit Blick auf die neue Saison 2025/26 vermeldete der Verein Mitte Juni bereits 31.000 verkaufte Dauerkarten. Tendenz weiterhin steigend. Nehmen wir einmal an, der bisherige Rekord von etwa 33.000 Karten aus der Saison nach der letzten Meisterschaft wird erreicht. Zieht man diese zusammen mit dem Pflichtkontingent für die Gästefans (etwa 5.000) von der Gesamtkapazität ab, bleiben nur noch knapp 10.000 Tickets für den freien Verkauf. Was für die Finanzplanung der Pfälzer gut ist, befeuert eine Problematik, die bundesweit in einigen Stadien bemerkbar ist: An Karten kommt man da nur noch, wenn man eine (Dauer-)Karte erbt – im übertragenen, teilweise aber auch im wörtlichen Sinn. Die Betze-Familie, die das bereits beschriebene einzigartige Ansteckungspotenzial hat, wird dann zu einer „Closed Community. Dies muss durch ein vom Verein definiertes Limit an Dauerkartenverkäufen unbedingt verhindert werden.


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Eine Durchmischung wäre womöglich auch zur Prävention ausufernder Pyrotechnik zuträglich. Mit einem erneuten Blick auf das Pokalfinale, aber auch auf so manches Ligaspiel in der vergangenen Saison, bleiben einem gewaltige Pyroshows in Erinnerung. Rauchtöpfe, Fackeln und Lichter, die eine Choreo unterstützen, sind von dieser Kritik absolut ausgenommen. Solche Untermalungen sollten unbedingt in den erlaubten Einsatz von Pyrotechnik sowohl beim DFB als auch in der Gesetzgebung Einzug halten. Böller und Raketen, insbesondere solche, die bewusst auf andere Menschen geschossen werden, haben aber weder auf dem Weg zum Stadion noch darin etwas zu suchen. Der Zuschauer-Boom um den Betze scheint einige dazu zu verleiten, immer wieder „einen draufsetzen” zu müssen. Leider machen solche Individualisten aber nicht selten das beeindruckende Bild einer mühevoll geplanten, vorbereiteten und durchgeführten Inszenierung auf den Rängen wieder zunichte.

Die Erwartungshaltung steigt


„Auf dem Betze wird so lange gespielt, bis die Lautrer das Siegtor geschossen haben.” So oder so ähnlich lauteten die O-Töne diverser Gästespieler nach ihren Partien auf dem legendären Berg im Süden der Stadt. Nicht umsonst heißt der Podcast von Treffpunkt Betze „90+6”. Er soll an die Unbezwingbarkeit erinnern, die nicht selten vom fanatischen zwölften Mann auf den Rängen initiiert wurde. Mit dem wachsenden Zuschauerzuspruch infolge des sportlichen Erfolgs geht jedoch auch eine gesteigerte Erwartungshaltung einher. Diese äußert sich in lautem Raunen, wenn ein Pass einmal nicht zielgenau gespielt wurde, oder in nervösem Pfeifen, wenn der Ball erst einmal sicher durch die Abwehr zirkuliert, statt direkt nach vorne gepasst zu werden.


Ein FCK-Trainer sagte einmal vollkommen zu Recht, dass die Mannschaft immer in Vorleistung gehen muss, um die Fans atmosphärisch anzuzünden. Sei es eine gut gesetzte Grätsche, ein robustes Tackling oder eine Lausbubenaktion. Dem ist zuzustimmen, wenngleich dies keine Entschuldigung für voreilige Unmutsbekundungen von außen sein kann. Denn so, wie die Männer in Rot durch die Stimmung von außen beflügelt werden können, können sie durch Pfiffe und Raunen auch aus dem Konzept gebracht werden.

Kein Ende in Sicht


Mit über 37.000 Mitgliedern hat der 1. FC Kaiserslautern e. V. einen neuen Rekord in seiner 125-jährigen Geschichte aufgestellt. Sportlich hat der Verein aus der ungeliebten rheinland-pfälzischen Landeshauptstadt den Pfälzern im letzten Jahrzehnt den Rang abgelaufen. In puncto Fans und Atmosphäre muss man jedoch über die Grenzen des Bundeslandes hinweg vielleicht nach Frankfurt oder Stuttgart schauen, um etwas auch nur ansatzweise Vergleichbares zum Betzenberg zu finden. Der Tiefpunkt in der Pandemie, als der Verein an der Abbruchkante zur Bedeutungslosigkeit stand, ist überwunden. Der trostlose Blick auf die verblichenen, leeren Sitzschalen im weiten Rund des Stadions gehört der Vergangenheit an.


Seit dem Klassenerhalt in der 3. Liga haben es die Spieler und Verantwortlichen geschafft, wieder Identifikationspunkte zu kreieren: Sei es durch Spieler, die die Werte des Vereins verkörpern, sei es durch die besondere Atmosphäre im Stadion oder natürlich durch den sportlichen Erfolg. All dies befruchtet sich gegenseitig und kann dazu führen, dass in Kaiserslautern wieder diese unbeschreibliche Wucht entsteht, die die Spieler beflügelt und den Club zu altem Glanz zurückführt. Dafür ist es jedoch entscheidend, dass man der Mannschaft Rückschläge zugesteht und sich die Individualisten unter den Anhängern weniger auf Selbstdarstellung als auf die bedingungslose und faire Unterstützung der Männer in Rot konzentrieren. Dann wird der FCK weiterhin der Magnet bleiben, der er gerade ist, und das Stadion wird ein Ort für Spektakel für jedermann sein und bleiben.


Quelle: Treffpunkt Betze


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