FCK-Fazit zum Saisonauftakt: Licht, Schatten und keine Punkte
- Jonah
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Das Debakel zum Abschluss der vergangenen Spielzeit gegen den nun in der Bundesliga spielenden 1. FC Köln ist bei den Lautrern längst aus dem Kurzzeitgedächtnis verschwunden. Am 1. Spieltag der Saison 2025/26 kam es zum traditionsreichen Auftakt gegen die ambitionierten Hannoveraner. Dass die Arena trotz aprilhaftem Augustwetter mit fast 50.000 Zuschauern ausverkauft war, bedarf seit dem Boom in der 2. Bundesliga in den letzten Jahren zwar keiner größeren Erwähnung mehr, deutet aber dennoch darauf hin, dass sich die Fanlager beider Vereine etwas von dieser Spielzeit erhoffen. Nach dem Spiel dürften sich die Erwartungen der Fans des Traditionsvereins aus der niedersächsischen Landeshauptstadt naturgemäß im Tabellenbild weiter nach oben orientieren. Die Pfälzer hingegen müssen mit einem flauen Gefühl in die nächste Bewährungsprobe gegen die gut gestarteten Schalker am nächsten Wochenende gehen. Aber der Reihe nach.
Personell frischer Wind und laue Lüftchen
Trainer Torsten Lieberknecht schickte nicht weniger als sechs Neuzugänge mit der ersten Startelf der Saison in das Duell gegen Hannover 96: Fabian Kunze hätte von Samstag auf Sonntag noch in seiner alten Wohnung schlafen können, denn er wechselte im Sommer von der Leine an die Lauter. Dennoch recht ausgeschlafen übernahm er die Rolle des abgewanderten Filip Kaloc und interpretierte diese etwas defensiver. Es gelang ihm jedoch noch nicht, über die gesamten 90 Minuten Ruhe in die Zone vor der Abwehrkette einkehren zu lassen. Das Siegtor der Hannoveraner fiel schließlich, als Kunze auf die Acht gerückt war und der eingewechselte Aremu seine Position übernommen hatte.
Während Simon Asta nach dem Profikarriere-Ende von Jean Zimmer nun der heißeste Anwärter auf die Dauerkarte auf der rechten Schiene im Lautrer Spiel ist und dabei einen soliden Eindruck hinterließ, konnten der Ex-Elversberger Semih Sahin und der Innenverteidiger Maxwell Gyamfi, der zuletzt noch mit Marco Antwerpen den VfL Osnabrück in der dritten Liga hielt, vom Fleck weg überzeugen. Sahin mimte im Mittelfeld gefällig die sichere Ballverteilstation, während Gyamfi mit Einsatzwillen, Stellungsspiel und Geschick im Zweikampf alles wegverteidigte, was möglich war. Beide Spieler machen Lust auf mehr.
“Titz-Ball” gegen “Lieberknecht-Ball”
Wie vorab in den Medien und unter den Anhängern der Lautrerer heiß diskutiert, versucht man den Abgang von Ragnar Ache durch den Ex-Unioner Ivan Prtajin und den Aserbaidschaner Mahir Emreli, der vom FCN auf den Betze gewechselt ist, zu kompensieren. Das funktionierte insbesondere in der ersten Hälfte immer mal wieder ganz gut, wenn der Ball schnell und direkt durch die Reihen der Roten Teufel lief. Insgesamt strahlten beide aber noch keine echte Torgefahr aus und brachten den gegnerischen Torhüter kein einziges Mal in Bedrängnis. Im Heimspiel gegen Schalke muss hier der Hebel angesetzt werden, denn nur, wer den Ball nach vorne spielt und seine Stürmer in Szene setzt, kann Tore erzielen und damit Spiele gewinnen. Dieser Satz kostet zwar fünf Euro, die in das Treffpunkt Betze-Phrasenschwein geworfen werden müssen, ist dadurch aber nicht weniger richtig.
Kurz vor der Halbzeitpause formulierte der Sky-Kommentator Kai Dittmann den wohl treffendsten Satz seiner Karriere: „Es ist erkennbar, dass Christian Titz Trainer von Hannover ist.“ Oberflächlich betrachtet hat dieser Ausspruch einen ähnlichen inhaltlichen Wert wie die Feststellung, dass die Sonne gelb, der Himmel blau oder Wasser nass ist. Setzt man ihn jedoch in den vom Autor beabsichtigten Kontext, ergibt er durchaus Sinn: Die Niedersachsen zeigten in Ansätzen das, womit sich die Pfälzer in den vergangenen Duellen gegen Titz vorherigen Arbeitgeber Magdeburg auch immer wieder schwer taten. Ballbesitzfußball mit sauber vorgetragenen Kombinationen und anspruchsvoller Spielweise.
An den Stellschrauben drehen
Allen Unkenrufen zum Trotz scheint der fußballerische Ansatz, den Torsten Lieberknecht mit seinen Roten Teufeln verfolgt, weniger in Richtung des rund um den Betzenberg zum geflügelten Wort gewordenen „Schuster-Balls“ zu gehen, sondern vielmehr einer Idee zu folgen, variabel aus einer kompakten Defensive über schnelles, direktes Passspiel in die Offensive zu kommen. In der ersten Hälfte konnte dieser Philosophie folgend einiges an Trubel in der niedersächsischen Abwehr verursacht werden, was aber letztlich aufgrund individueller Ungenauigkeiten ungefährlich blieb. Dennoch kann dies als Hoffnungsschimmer interpretiert werden, dass der neue FCK-Trainer mit seinen Mannen nicht nur destruktiv auftreten will.
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Mit Kenny Redondo auf der linken Schiene hatte H96-Trainer Titz die Schwachstelle im Defensivverbund der Pfälzer ausgemacht. Deshalb ließ er Angriff um Angriff über diese Seite laufen. Dass dabei auch immer wieder Gefahr aufloderte, ist ein Fingerzeig an die sportlich Verantwortlichen, dass hier personell noch Verbesserungspotenzial besteht. Der Dreifachwechsel in der 64. Minute, bei dem Tachie, Hanslik und Aremu für Ritter, Sahin und Emreli eingewechselt wurden, kann zudem als Indiz dafür gedeutet werden, dass das Trainerteam noch auf der Suche nach der perfekten Startelf ist.
Turnaround unter Flutlicht
Auffällig war, dass der Gastgeber nach diesem Wechsel immer gefährlicher wurde und schließlich zehn Minuten später nach einem überragenden Diagonalpass durch das defensive Mittelfeld der Pfälzer in Führung ging. Die Abstimmung zwischen den Spielern muss demnach ebenso verbessert werden wie auch die Mentalität der Mannschaft selbst. Denn in der Schlussviertelstunde schienen nicht nur die Beine der Lautrer nach der Vorbereitung sehr schwer zu sein, sondern es war auch der unbändige Wille, doch noch einen Punkt aus Hannover zu entführen, kaum zu erkennen. Dem einen oder anderen Neuzugang fehlt vielleicht auch einfach noch die atmosphärische Taufe auf dem heimischen Betzenberg, wo ein Spiel der Sage nach erst dann abgepfiffen wird, wenn der FCK den Ausgleich erzielt hat.
Eine Niederlage am ersten Spieltag ist ungefähr so dramatisch wie der berüchtigte Sack Reis, der in China umgefallen ist. Noch ist nichts Schlimmes passiert: Der FCK hat in einem äußerst schweren Auftaktspiel mit dem knappsten denkbaren Ergebnis verloren. Nun ist es entscheidend, die richtigen Lehren aus diesem Spiel zu ziehen, den Transfermarkt weiter im Blick zu behalten und gegen Schalke daheim sowie gegen Elversberg auswärts alles in die Waagschale zu werfen. Vier bis sechs Punkte nach drei Spielen sollten machbar sein und das Ziel der Roten Teufel darstellen.
Quelle: Treffpunkt Betze