Faszination Westkurve

  • Was macht die Faszination der Westtribüne in Kaiserslautern aus
    Um die Faszination der Westkurve des Stadions des 1. FC Kaiserslautern besser zu verstehen, muss man einen kurzen Blick in die Historie werfen:
    Hoch über der Stadt gelegen wurde das in den 1920er-Jahren gegründete Stadion Betzenberg erst nach dem Zweiten Weltkrieg im Jahre 1948 zum reinen Fußballstadion. Spätestens seit diesem Zeitpunkt finden sich dort bis heute die Hardcore-Fans des Vereins.

    Nach mehreren Um- und Ausbauten fiel 1972 unter dem neuen Vereinspräsidenten Jürgen Friedrich die Entscheidung, die Ost- und Westkurve durch Tribünen zu ersetzen und beide deutlich näher an das Spielfeld heranzurücken. Erst 1986 konnte dieses Vorhaben im Westen durchgeführt werden, was das Stadion durch die Nähe zum Rasen und das durchgängige Tribünendach zu einem atmosphärischen Hexenkessel machte. Und obwohl die Heimat der treusten und lautesten Fans der Lauterer auch nach dem letzten Ausbau im Zuge der Vorbereitung zur FIFA-Weltmeisterschaft 2006 seit nunmehr 40 Jahren keine Kurve mehr ist, wird sie bis heute liebevoll "Westkurve" genannt.


    Mit 14.688 Stehplätzen gehört die Tribüne zu den größten in ganz Deutschland und sorgt mit ihrem lauten, kreativen und bedingungslosen Support stets für einen würdigen Rahmen für das Geschehen auf dem Rasen. Der von mehreren Ultra-Gruppierungen und Fanclubs organisierte Support umfasst die nicht selten alle Zuschauer elektrisierenden Gesänge, Fahnenmeere und national wie international beachtete Choreografien, die kreativ mit Pyrotechnik untermalt werden.

    Somit ist es wenig verwunderlich, dass insbesondere der "West" eine zauberhafte Wirkung zugeschrieben wird, mit deren Hilfe Spiele auch noch in letzter Minute mithilfe des frenetischen 12. Manns gedreht werden können.


    Zitate von Spielern und Funktionären zur Stimmung im Fritz-Walter-Stadion allgemein lassen sich zu großen Teilen direkt auf die Unterstützung der Westkurve zurückführen. Einige seien hier beispielhaft genannt:


    Gerd Müller (Bayern München): „Das ist das einzige Stadion, in dem ich wirklich Angst habe.“


    Ulli Stielike (u.a. Borussia Mönchengladbach): „Das war sicherlich furchterregend wegen der Enge des Stadions und auch aufgrund der Tatsache, dass das Publikum des 1. FCK sehr frenetisch ist, seine Mannschaft mit allem unterstützt.“


    Udo Lattek (u.a. Bayern München): „Früher haben wir bei Spielen auf dem Betzenberg immer die Hosen voll gehabt.“


    Franz Roth (Bayern München): „In Kaiserslautern spürte man den Hass. Wenn man da zu nah am Zaun stand, konnte es passieren, dass ein Zuschauer einen mit dem Schirm durch die Absperrung stach.“



    Untrennbar mit der Faszination der Westkurve ist die Fankultur der Anhänger des FCK verbunden. Diese untermalte schon in den 1980er-Jahren stimmungsvoll die heißen Europapokal-Nächte auf dem Betzenberg mit ihrer Leidenschaft. So traf die in Italien zu dieser Zeit entstehende Ultra-Kultur in Kaiserslautern schnell auf fruchtbaren Boden, was durch die Erfolge des Vereins in den 90er-Jahren noch weiter katalysiert wurde. Zusammen mit meist kontrolliert eingesetzten Bengalos, Rauchtöpfen und Blinkern wurde die Atmosphäre, die akustisch schon seit eh und je zu überzeugen wusste, auch visuell angeheizt.


    Bis heute hat die Westkurve nichts an ihrer Strahlkraft verloren. Im Gegenteil: Sie erwirbt mit ihren die Kurve oder sogar das gesamte Stadion füllenden Choreografien immer weitere Bausteine in ihrem eigenen Mythos. Sie steht für "gelebte Kurvenkultur", die ihre Emotionen fernab von der Kommerzialisierung des modernen Fußball sichtbar machen will.

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