Danke, dass es dich gibt, FCK!

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    Danke, dass es dich gibt, FCK!

    Das Jubiläumsjahr des 1. FC Kaiserslautern fand mit dem Testspiel gegen den AS Rom seinen Höhepunkt. Grund genug für eine Liebeserklärung an den Verein, der so viel mehr ist als nur ein Fußballklub.


    26. Juli 2025. Es ist so weit. Endlich. Schon lange fiebere ich diesem Tag entgegen. Endlich wieder Betze. Sonnenstrahlen durchdringen eine dichte, dunkle Wolkendecke. Schwülwarmes Wetter schlägt mir entgegen, als ich die Haustür verlasse. Mein beaurdeux-farbener Jubiläumsschal muss zweckentfremdet werden. Immer wieder muss ich mir damit die Schweißperlen von der Stirn wischen. Ob es heute noch Fritz-Walter-Wetter geben wird? Dann hinein ins Getümmel. Heute geht es mit dem Bus hinauf auf Deutschlands höchsten Fußballberg. Dort wo sich schon unzählige Dramen abgespielt und Erinnerungen in mein Gedächtnis eingebrannt haben. Auf dem Berg, an der ich nahezu jede Ecke mit einer Anekdote verbinde, wollen wir uns mit Freunden auf diesen besonderen Tag einstimmen. Und sofort ist es wieder da. Dieses Gefühl, das man kaum beschreiben kann. Das können nur diejenigen nachempfinden, die ebenfalls irgendwann in ihrem Leben mit dem unheilbaren FCK-Virus infiziert worden sind.


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    Ein Gefühl gemischt aus Vorfreude und Stolz, Teil dieser verrückten Familie zu sein. Und an diesem besonderen Tag auch gepaart mit Dankbarkeit. Dankbarkeit, dass dieser Tag überhaupt stattfindet. Ein Jubiläumsspiel anlässlich des 125-jährigen Bestehen unseres Vereins – noch dazu gegen einen solch lukrativen Gegner wie den AS Rom. Noch einmal den Flair des Europapokals erleben. Etwas, wo von ich nicht mehr zu Träumen gewagt hätte. Auch wenn wir in der Kurve seit einiger Zeit singen: „Nur noch einmal: International!" Davon, wovon die ältere Generation immer schwärmt, durch die Geschichten ich einst durch meinen Bruder vom Fritz Walter Klub in den Bann gezogen wurde. Meine Gedanken schweifen ab, als sich der Bus in Bewegung setzt. Als ich meine rot-weiße Kluft am Morgen übergestreift hatte, erinnerte mich mein Handy, dass dieser Tag alles andere als selbstverständlich war.

    Ein Jubiläum, das nicht selbstverständlich ist


    Fast auf den Tag genau fünf Jahre zuvor war ich ebenfalls auf den Betzenberg gefahren. Damals aus weit weniger erfreulichem Anlass. Auch seinerzeit stand ein Jubiläumsjahr bevor. 120 Jahre FCK, 100 Jahre Fritz Walter. Es tobte die Corona-Pandemie und der glorreiche FCK stand im Niemandsland der 3. Liga. An jenem 15. Juni 2020 gaben die damaligen Verantwortlichen des Vereins die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens bekannt. Die Roten Teufel waren endgültig bankrott, die Zukunft – ja das Fortbestehen des Vereins ungewisser denn je.


    Nur ein Jahr später stand auch sportlich der Exodus bevor. Und auch, wenn ich damals den FCK vor allem beruflich begleitete, war mein Fan-Herz durchfressen mit Angst. Angst davor, diesen großen Teil meines Lebens, diese rot-weiß-rote Liebe, zu verlieren. Wir wissen heute alle, was dann geschah. Kaiserslautern sanierte sich erst neben, dann auf dem Platz, kehrte zurück in die 2. Liga und darf so heute wieder ein Jubiläum feiern. Und vielleicht gerade deshalb ist dieses Gefühl der Demut und Dankbarkeit an diesem Tag ganz besonders groß, als ich den Berg erklimme und durch die Tore dieses altehrwürdigen Fußballtempels gehe.

    Erinnerungen an jeder Ecke: Von tanzenden und entlassenen Trainern


    Ich nehme meinen Platz an ungewohnter Stelle ein. Nicht in der Westkurve, wo ich seit 2007 eine Dauerkarte besitze. Nicht auf den Presseplätzen. Heute hat es mich hinter die Trainerbänke auf die ehrwürdige Norbert-Thines-Nordtribüne verschlagen. Vor meinem geistigen Auge läuft der nächste Film ab. Ich erinnere mich an einen kleinen Jungen, der 2003 sein Herz an diesen Koloss verloren hatte, der 2005 zum ersten Mal diese heiligen Hallen betrat und bei der 1:3-Niederlage gegen Nürnberg gleich mal Zeuge der Trainerentlassung Michael Henkes wurde. Nur auf den ersten Blick ein negativer Einstand, denke ich mir mit einem Schmunzeln.


    Ich sehe Milan Sasic beim Herzblutfinale 2008 auf und ab hüpfen. Ich erinnere mich an Siege gegen Bayern München, aber auch Abstiegsendspiele gegen Unterhaching oder Halle. An Jeff Saibene, der an der Eckfahne sein letztes Interview gab, ehe er wenige Minuten später entlassen wurde. Oder an die jubelnde, vor Glück ungläubige Menschentraube, die in Richtung Mittelkreis stürmte und alles mitnahm, was nicht niet und nagelfest war, als ich von gleichem Platz aus den Aufstieg 2022 verfolgte. Von der Westkurve erhalt der alte, glorreiche Fangesang „Mit einer Abwehr aus Granit. So wie einst Real Madrid.“ Was für ein Glück ich doch habe, Fan dieses großartigen Vereins zu sein.


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    Kurz vor Anpfiff marschieren noch einmal einige Helden der Vergangenheit in ihr altes Wohnzimmer ein. Roger Lutz, Pavel Kuka, Miroslav Kadlec. Welch Namen, welch Legenden. In diesem Moment schießen mir unweigerlich aber auch diejenigen in den Kopf, die nicht dabei sind. Vor allem die, die nicht mehr dabei sein können. Ob der liebenswerte Wikinger Ronnie Hellström oder Norbert Thines, der die Seele des Vereins geprägt hat wie vielleicht kein zweiter. Und natürlich die Walter-Elf, ohne die wir nicht das wären, was wir heute sind. Aber auch die Menschen neben dem Platz, die uns verlassen haben, prägen meine Gedanken. Ob Piet Miethe oder Vorsänger Hasemann. Sie alle wären an diesem Tag mit Sicherheit besonders stolz. Und sie wären dabei. Nein, sie sind dabei. Sie schauten gerade mit Sicherheit zu.

    Hasemann und Piet bleiben unvergessen und ein Teil von uns allen


    Dabei sind es nicht nur die sportlichen Momente, die diesen Verein ausmachen. Er hat in erheblichen Maß eine soziale Komponente. In diesem Klub, in meinem Block der Westkurve, habe ich Freunde fürs Leben gefunden. Ich habe Halt bekommen, in Momenten, in denen sich das Leben von seiner weniger schönen Seite gezeigt hat. Wir haben Emotionen geteilt, Freude wie Leid, dabei gelacht und geweint. So wie ich erleben es wahrscheinlich tausende andere Menschen auch. Viele geben für diesen Verein – wahlweise dessen Trikots - buchstäblich ihr letztes Hemd und ihren letzten Cent. Ob reich, ob arm, ob Mann, ob Frau: für 90 Minuten ist auf dem Betzenberg jeder gleich. Egal was du bist, egal wie du aussiehst: Beim FCK ist für dich Platz. Welche andere Institution bietet das schon? Vielleicht ist es auch das, was den Klub so einzigartig macht. Dieses Gefühl des Zusammenhalts, was Kraft gibt, auch wenn vielleicht gerade nicht die Sonne des Lebens scheint.


    Nach Spielende stehe ich noch eine ganze Weile hinter der Bande, führe das ein oder andere Gespräch mit alten Bekannten. Neben mir fiebern kleine und nicht mehr ganz so kleine Kinder Autogrammen von ihren Helden entgegen. Wie schön es ist, dass auch die nächste Generation für das rot-weiße Trikot gesichert ist, denke ich mir. Auch das ist ein Verdienst, den man den handelnden Personen und aktuellen wie ehemaligen Spielern nicht verdenken darf: Sie haben es geschafft, eine ganze Region wieder zu elektrisieren. Die Begeisterung für den FCK ist so groß wie lange nicht mehr. Und die Hoffnungen auf das Erreichen noch höherer Ziele ist mindestens genau so groß.

    Dass der FCK wieder begeistert ist ein großer Verdienst


    Im Anschluss marschieren wir hinunter. Um uns auch viele Fans der Roma. Kaiserslautern ist back. Im Herzen Europas, im Herzen der Menschen. Wieder überkommt mich dieses Gefühl des Stolzes. Der Betze ist eben nicht die schönste Nebensache der Welt. Er ist Hauptsache. Er ist Religion.


    Bei all den großen Emotionen rückt so beinahe in den Hintergrund, dass das Jubiläumsspiel auch einen sportlichen Stellenwert hat. Die neue Zweitliga-Saison steht in den Startlöchern. Der Test gegen die Roma ist die Generalprobe. Dennoch rückt das Ergebnis und die knappe 0:1-Niederlage am Ende in den Hintergrund. Viel wichtiger ist das Gefühl, das von diesem Tag ausgeht. Es wird auch in der kommenden Spielzeit wieder Tage zum Jubeln, aber auch zum Ärgern geben. Und sicherlich werden dabei auch wieder Wolken aufziehen und nicht jeder Tag ein Feiertag sein. Es wird Zweifel, es wird Rückschläge geben.


    Bündeln wir die Kraft dieses einzigartigen Vereins. Lasst uns uns nicht auseinander dividieren. Lasst uns zusammenstehen, gerade wenn es einmal schwieriger werden soll. Denn dann – und nur dann – entwickelt der FCK seine geballte Power. Eine Power, um die uns ganz Fußballdeutschland beneidet. Seit 125 Jahren. Mögen zu dem reichen Fundus an Erinnerungen, Anekdoten und Emotionem noch viele Momente hinzukommen. Lautern, wir lieben Dich.