Hab vorhin ein Buch entdeckt, 90 Jahre FCK, hab Mal ein wenig drin gestöbert und einen Artikel gefunden, den ich Mal hier reinstellen möchte.
Herausgeber des Buches ist der FCK, da dürfte es wohl keine Probleme mit dem Urheberrecht geben.
ZitatAlles anzeigen„Man erkennt den Berg in weiter Ferne leicht an seiner Gestalt“, erkannte der Fremde. Es war der Fremdenführer Karl Bädeker, der Klassiker des Tourismus, und es war im Jahre 1849. Und es war nicht der Betzenberg.
Man erkennt den Berg in weiter Ferne leicht an seiner Gestalt, einer großen, sehr flachen, aber an allen Seiten steil abfallenden Hochebene.“ Das ist wie eine Beschreibung des Stadions Betzenberg, nicht wahr, aber wie hätte der Schriftsteller Bädeker das zu beschreiben vermocht, zu jener Zeit, als der Betzenberg nur ein Hügel im Pfälzerwald war. (Historiker werden wissen, daß der Begriff „Pfälzerwald“ neueren Datums ist, und das Fußballspiel war nicht einmal auf der Welt, als der Fußwanderer Karl Bädeker auf Reisen war). „Wahren Genuß hat nur der Fußwanderer, weil nur ihm die Höhen und Täler alle zugänglich sind. Für ihn ist die Pfalz ein erquicklicher Boden, er braucht nicht zu befürchten, hier jenem anmaßenden übersättigten Reisepöbel bei jedem Schritte zu begegnen.“ Hier schrieb ein Fan der Pfalz, und der Pfälzer Berg -oben zitiert- ist der Donnersberg. Der Donnersberg ist „2126 Fuß über dem Meer, 1800 Fuß über dem Rhein“, Heute gemessen: 687 Meter, Geographen behaupten drum, der Donnersberg sei der höchste Berg der Pfalz.
Das stimmt höchstens, wenn die Höhe in Metern gemessen wird. Aber wird Größe - historische Größe - in Zentimetern gemessen? Wie groß Barbarossa war, wieviel Meter er maß, interessiert niemanden. Whow, das war ein elegantes Exempel, denn nun bin ich mit einem Satz in Kaiserslautern (Barbarossastadt) und beim Thema: Warum der Betzenberg der höchste Berg ist.
Der Betzenberg - der höchste Berg der Pfalz. Wüßte ich es nicht, ich ahnte es, wenn ich hinaufsteige, die Treppen hoch ins Stadion Betzenberg; wenn ich die oberste Stufe erklommen habe, schnaufe ich schwer und schmerbauchig. Ich stehe an der Grenze von aktivem und passivem Sport, ein Betzenbergsteiger ohne Sauerstoffgerät, der das Basislager Bratwurststand erreicht hat.
Die Luft ist dünn, wie ich früher war, als ich mit meinem Vater „uff de Betze“ ging, in Kinderschuhen. Die Bundesliga war noch nicht erfunden, die Weltmeister spielten gegen TuS Neuendorf und Wormatia Worms, und die Mannschaft hatte Verteidiger, Läufer, Stürmer, und kein Trainer der Welt hätte gewußt, was ein Libero ist und der Assistent des Libero, der Vorstopper, und was offensive und defensive Mittelfeldspieler sein könnten.
Das war ein Rückpaß. „De Betze“, das war der Verein und das war der Berg. „De Betze spielt“, bedeutet hochdeutsch: „Die Fußball-Mannschaft des 1. FC Kaiserslautern spielt im Stadion Betzenberg.“ Die Hochsprache ist keine Sprachebene, um „de Betze“ zu beschreiben. Dichter haben „de Betze“ in die Literatur gekickt, nachzulesen in einem Roman von Günter Grass und in einem Roman von Wolfgang Koeppen, zwei Autoren, die Nationalspieler der Literatur sind, Im Gedicht von Ror Wolf „Der letzte Biß“ lautet ein Vers: „Der Betzenberg bebte.“ Eine Alliteration; das Wort „beben“ assoziiert auch Wolfgang Koeppen im berühmten Buch „Das Treibhaus“: „Der Erste Fußballclub Kaiserslautern spielt gegen den Ersten Fußballclub Köln. Es ist belanglos, wer siegt; aber zwanzigtausend Zuschauer beben.“ Der Dichter, tippe ich, war niemals auf dem Betzenberg, immerhin hat er „de Betze“ verewigt. Literarische Höhen.
Der Betzenberg - der höchste Berg der Pfalz - und der jüngste: Als der Erste Fußballclub Kaiserslautern gegründet wurde, war der Betzenberg nur ein Berg unter vielen im Stadtwald, 325 Meter hoch, es grünte kein Rasen, nur Bäume grünten, und abends schien Mondlicht und kein Flutlicht.
Die Stadt Kaiserslautern war im Jahre 1900 auf einen Nachbarberg stolz, auf den Humberg. Der Humbergturm wurde eingeweiht, festgemauert aus Stein, ein Monument von gerade dreiunddreißig Metern. Der Humberg hätte den Ruhm Kaiserslauterns im vergangenen Jahrhundert beinahe nach Amerika getragen, denn ein Auswanderer aus Lautern wurde in Dallas bekannt; er war Metzger von Beruf, und drüben spezialisierte er sich auf die Produktion von Frikadellen. „Flääschkichelcher“, wie man daheim in Lautern sagte, war für die Amerikaner ein unaussprechliches Wort. Der Lauterer nannte sie, in Erinnerung an den Humberg „Humberger“. Aber die Amerikaner in ihrem Dialekt sprachen von „Hämbörgern“ - und wenn diese Geschichte sich wirklich zugetragen hätte, wäre es eine schöne Geschichte geworden.
Doch so bleibe ich bei der Wahrheit. Vom Humbergturm aus - 1900 gebaut, als der FCK gegründet wurde - hatte man im Jahre 1920 einen schönen Blick auf den Fußballplatz Betzenberg. In einer offiziellen FCK-Chronik lese ich genau: „Erst im Frühjahr 1920 konnte das heute vereinseigene Sportfeld ‚Am Betzenberg‘ bezogen werden.“ Und eine Festschrift berichtet 1925: „Heute, wo jeder Verein über einen Sportplatz verfügt, kann man sich nicht leicht ein Bild machen, welche Schwierigkeiten die Platzfrage damals bereitete.“
Das sind historische Details, Kleinigkeiten, damit halte ich mich nicht auf. Ich erwähne auch nicht, daß einmal in Kaiserslautern ein Fußball-Verein „Bayern“ hieß, wer erinnert sich schon an einen „FC Bayern“ („FC Bavaria“). München nebenbei, hat keinen Berg wie den Betzenberg, und andere Fußballberge wie den Bökelberg oder den Bieberer Berg habe ich nicht so hoch in Erinnerung.
Der Betzenberg - der höchste Berg der Pfalz. In Kaiserslauterns Kaiserberg unten thront Kaiser Barbarossa, nach der Sage, aber „Die Fußball-Könige aus der Pfalz“ (nach dem Buch-Titel eines Journalisten) residieren oben auf dem Betzenberg. Mythos. So hoch ist der höchste Berg der Pfalz, daß Sport-Reporter von außerhalb außerirdische Vokabeln suchen: „Himmel und Hölle“ und „Teufel“. Und lauter laute Lauterer im Fußball-Himmel feuern die Teufel mit Höllenfeuer an: „Betze!“
Der Betzenberg ist einfach das höchste. Ein Abstieg von dieser Höhe?
Wirklich unmöglich!
Autor: Walter Schumacher