Andreas Brehme: „Am Ende wurden es fünf fantastische Jahre“
- Dirk
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Der berühmteste Torschuss von Andreas Brehme war der entscheidende Elfmeter im WM-Finale 1990. Ihn aber lediglich mit dieser Szene in Verbindung zu bringen, wird dem gebürtigen Hamburger nicht gerecht. Neben dem WM-Titel konnte der Defensivspezialist sieben Titel auf Vereinsebene gewinnen, zwei davon mit den Roten Teufeln. Insgesamt drei Mal und fast zwölf Jahre lang stand der heute 62-Jährige in seiner Laufbahn beim FCK unter Vertrag. Viel mehr Vereinsikone geht fast nicht. Im Interview mit Treffpunkt Betze spricht Andy Brehme darüber, wie er als junger Spieler in Kaiserslautern landete und warum es ihn immer wieder in die Pfalz zurückgezogen hat.
"Ich habe es geliebt, Profifußballer zu sein"
Treffpunkt Betze: Herr Brehme, bei Ihrer letzten Station waren Sie als Co-Trainer beim VfB Stuttgart aktiv. Das war im Jahr 2006. Sind Sie dem Profifußball seitdem gänzlich gewichen?
Andreas Brehme: Einen Job auf dem Rasen oder an der Seitenlinie kann ich inzwischen für mich ausschließen. Aber ich bin dem Fußballbusiness geschäftlich verbunden, als Unternehmer für Hybridrasenplätze sowie als TV-Experte und Ambassador.
Treffpunkt Betze: Auch darüber hinaus scheinen Sie in der Öffentlichkeit weitaus weniger aufzutreten als andere ehemalige Fußballer. Wie verbringen Sie heute Ihren Alltag?
Andreas Brehme: Ich verbringe viel Zeit in Italien und bin auch viel auf Veranstaltungen gebucht. Im Oktober erschien meine Biographie „Beidfüßig“, die werde ich in einigen Sendungen vorstellen.
Treffpunkt Betze: Vermissen Sie den Zirkus „Profifußball“?
Andreas Brehme: Ich habe es geliebt, Profifußballer zu sein und mein Hobby zum Beruf zu machen. Das war ein großes Privileg und ich verspüre viel Dankbarkeit dem Fußball gegenüber.
"Ich hatte eine fantastische Zeit in Mailand"
Treffpunkt Betze: Über den Schlenker nach Saarbrücken kamen Sie 1981 als 20-Jähriger erstmals zu den Roten Teufeln. Wie kam es zu dem Wechsel in die Pfalz? Und warum ausgerechnet Kaiserslautern?
Andreas Brehme: Atze Friedrich wollte Uwe Bein bei einem Spiel von Saarbrücken gegen die Kickers Offenbach beobachten. Nach dem Spiel machte er mir sofort ein Angebot und ich konnte meinen Traum, Bundesligaspieler zu werden, verwirklichen.
Treffpunkt Betze: Fünf Jahre später zog es Sie in die weite (Fußball-)Welt. Von München über Mailand ging es nach Saragossa. Was war das Besondere an diesen drei Stationen?
Andreas Brehme: Alle drei Vereine waren sehr speziell und einzigartig. Bei Bayern wurde ich das erste Mal Deutscher Meister und stand im Champions League Finale, was wir aber unglücklich verloren haben. Die Serie A war in den 80er und 90er Jahren vergleichbar mit der Premier League heute. Die besten Spieler haben dort gespielt und ich hatte eine fantastische Zeit in Mailand und fühle mich auch heute noch als „halber Italiener“. Dann hatte ich einen Vertrag mit Barcelona, aber die konnten den dritten Ausländerplatz nicht freiräumen, es gab damals diese Beschränkungen. So bin ich bei Real Zaragoza gelandet.
Treffpunkt Betze: „Schließlich komme ich aus Hamburg, und es wäre das Größte, wenn ich einmal in dieser Mannschaft spielen würde.“ Trotz Ihres Wunsches und eines konkreten Angebots kam es nie zum Wechsel in Ihre Heimatstadt Hamburg, wo der HSV in den achtziger Jahren sogar eine große Adresse im deutschen Fußball war. Woran scheiterte damals ein Wechsel zum HSV?
Andreas Brehme: Es war eine harte Entscheidung, aber eine, die ich für den Erfolg meiner Karriere treffen musste. Ich war sogar sechs Wochen zum Probetraining beim HSV, worauf mich Günther Netzer, der damalige Manager, verpflichten wollte. Das Angebot, das ich bekam, galt allerdings für die Reservemannschaft des HSV, die in der sechsten Liga spielte. Zuvor war ich beim HSV Barmbek-Uhlenhorst in der dritten Liga, so dass ein so großer Schritt zurück keinen Sinn machte. Deshalb vermittelte mir HSV-Kapitän Felix Magath meinen allerersten Wechsel zum 1. FC Saarbrücken, und der Rest ist Geschichte.
"Die Fankultur rund um den FCK war immer etwas Besonderes"
Treffpunkt Betze: Nach Ihrer Rückkehr im Jahr 1993 standen dem FCK turbulente Zeiten bevor. Absteiger und Pokalsieger innerhalb einer Woche, Aufsteiger und Meister innerhalb einer Saison – Ihr habt damals fulminante Bestmarken gesetzt. Wie haben Sie diese Zeit voller Höhen und Tiefen erlebt?
Andreas Brehme: Ursprünglich wollte ich mich nach meiner Zeit in Spanien schon zur Ruhe setzen, aber dann habe ich zugesagt, noch für eine Saison in Kaiserslautern zu helfen. Am Ende wurden es fünf fantastische Jahre und ich konnte am Ende meiner Karriere noch einmal den Meistertitel in meiner Heimatstadt Hamburg für die Roten Teufel entgegennehmen.
Treffpunkt Betze: Was ist für Sie das Besondere an Kaiserslautern, dass es Sie immer wieder zurück in die Pfalz gezogen hat?
Andreas Brehme: Für mich war es die Leidenschaft der Fans auf dem Betzenberg. Die Fan-Kultur rund um den 1. FC Kaiserslautern war immer etwas Besonderes, und als ich 1993 das Angebot bekam, zurückzukommen, gab das am Ende den Ausschlag.
Treffpunkt Betze: Sie feierten in Ihrer Vereinskarriere drei nationale Meisterschaften, einen Pokalsieg, zwei Supercup-Gewinne und einen UEFA-Pokalsieg. Welcher Titel auf Vereinsebene war der schönste?
Andreas Brehme: Jeder einzelne Titel war sehr besonders und ich möchte keine extra hervorheben, denn dahinter stand immer harte Arbeit über eine ganze Saison von einem Team, den Trainern und der Staff im Hintergrund.
"Ich habe immer die Turniere in den traditionellen Fußballnationen genossen"
Treffpunkt Betze: Nachdem Sie mit der Meisterschaft 1998 Ihre Karriere beendeten, kehrten Sie im Jahr 2000 als Trainer, oder besser gesagt als Teammanager, auf den Betzenberg zurück. In dieser Zeit egalisierte Ihre Mannschaft den damaligen Startrekord der Bundesliga und zog ins UEFA-Cup-Halbfinale ein. Erfolge, die aktuell ganz weit weg sind. Wie verfolgen Sie die aktuellen Geschehnisse rund um den FCK und wie beurteilen Sie den bisherigen Saisonverlauf von Dirk Schuster und seiner Mannschaft?
Andreas Brehme: Ich verfolge oft die Spiele des FCK im Fernsehen. Dirk Schuster macht eine sehr gute Arbeit und ich würde mich freuen, wenn es weiter aufwärts geht.
Treffpunkt Betze: In diesem Jahr steht uns erstmals eine „Weihnachts-WM“ ins Haus. Wie stehen Sie zu der umstrittenen Entscheidung, die Weltmeisterschaft in Katar auszutragen?
Andreas Brehme: Ich bin kein Politiker oder Sportfunktionär und das Thema ist sehr komplex. Aber als Spieler habe ich immer die Turniere in den traditionellen Fußballnationen genossen. Allen voran natürlich die WM in Italien, wo die Menschen den Fußball rund um die Uhr leben.
Treffpunkt Betze: Welche Chancen sehen Sie für Hansi Flick und seine Mannschaft bei dem Turnier?
Andreas Brehme: Unabhängig von den Begleitumständen hat Deutschland bei solchen Turnieren immer eine Chance. Ich wage mal die Prognose, dass Flick uns zum Sieg führen wird. Ich wünsche mir das auch, denn ich kenne Hansi gut und wir haben ja zusammen bei Bayern gespielt. Natürlich gehört Deutschland wie immer zum Kreis der Favoriten, aber am Ende muss für den Titel alles hundertprozentig stimmen - schon Kleinigkeiten, die nicht funktionieren, werden im Spitzensport schnell bestraft. Aber Hansi und sein Team haben viel Erfahrung und er war ja auch schon 2014 maßgeblich am Erfolg der deutschen Mannschaft beteiligt.
Herr Brehme, vielen Dank, dass Sie sich die Zeit genommen haben. Treffpunkt Betze wünscht Ihnen alles Gute und vor allem viel Gesundheit!
Quelle: Treffpunkt Betze