René Klingenburg: „Der FCK ist wie ein Virus, wie eine Sucht“
- Dirk
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René Klingenburg schien nach einer turbulent verlaufenden Karriere beim 1. FC Kaiserslautern endlich bei seinem Traumverein angekommen zu sein. Von seinem Förderer Marco Antwerpen in die Pfalz gelockt, startete der Mittelfeldspieler bei den Roten Teufel richtig durch und wurde zum festen Bestandteil der Aufstiegsmannschaft. Als Führungsspieler wurde er verpflichtet und als Leader war er einer derjenigen, die stets vorangingen. Mit der Freistellung von Marco Antwerpen geriet aber auch der Lauf des mittlerweile 29-Jährigen ins Stocken. Vom flexiblen Alleskönner, der vom Innenverteidiger bis zur Sturmspitze nichts ausließ, wurde er zum Pendler zwischen Ersatzbank und Tribüne. Für Treffpunkt Betze nahm sich Klinge die Zeit, um über seinen vorzeitigen Abschied aus der Pfalz, die sportliche Nicht-Berücksichtigung durch Dirk Schuster und seine Eindrücke vom FCK zu sprechen.
„Ich kann Kaiserslautern mit erhobenem Haupt verlassen“
Treffpunkt Betze: René, längst nicht alle Spieler, die den Betzenberg verlassen, werden persönlich verabschiedet. Wie hast du die Minuten vor dem Heimspiel gegen Sandhausen vor der Westkurve erlebt?
René Klingenburg: Grundsätzlich war das natürlich eine tolle Sache, dass ich mich von den Fans noch einmal verabschieden durfte. Im Vorfeld hatte ich allerdings ein etwas komisches Gefühl bei dem Gedanken daran. Schließlich habe ich ja nur ein Jahr wirklich hier gespielt, in der Zeit habe ich aber alles für den Verein gegeben. Thomas Hengen und Enis Hajri konnten sich gut in meine Lage hineinversetzen und legten mir nahe, diesen Abschied in der Form mitzunehmen. Im Nachgang betrachtet bin ich froh, es letztlich auch getan zu haben. Wir haben uns hier in Kaiserslautern sehr wohl gefühlt. Meine Tochter wurde hier geboren, für meinen Sohn ist es die Heimat, wir haben direkt neben dem Fritz-Walter-Stadion gewohnt. Ich habe den FCK als meinen Verein betrachtet, bei dem ich gern sechs, sieben Jahre geblieben wäre, um meine Spuren zu hinterlassen. Zudem hatte ich zu den Fans immer ein tolles Verhältnis, weshalb der Moment, in dem ich mich vor der Westkurve verabschiedete und ich mich noch einmal bei den Anhängern bedanken konnte, sehr emotional für mich war.
Treffpunkt Betze: Wie wichtig war es dir, auch nach den letzten Monaten, Kaiserslautern auf diese Weise zu verlassen? Und mit welchem bleibenden Gefühl verlässt du den FCK letztlich?
René Klingenburg: Es ist ja noch nicht lange her, da hätte der FCK, bei allem Respekt, fast in Pirmasens gespielt. Ich bin hierhergekommen, um mit dem Verein aufzusteigen. Ich wusste von meinen Stationen vorher, wie man dritte Liga spielt und wie man Erfolg hat. Ich glaube, ich kann Kaiserslautern mit erhobenem Haupt verlassen. Ich bin sehr stolz auf das, was wir hier erreicht haben und dass ich meinen Teil zu dem Erfolg beitragen konnte. Gleichzeitig bin ich aber auch traurig, nun von hier wegzugehen, weil ich gern länger in Kaiserslautern geblieben wäre.
Treffpunkt Betze: Du hast mehrfach von deiner besonderen Beziehung zur Stadt und den Menschen gesprochen. Was war hier anders als beispielsweise bei deinen vorherigen Stationen?
René Klingenburg: Ich bin ja eigentlich ein Schalker Junge. Wenn ich die Menschen hier mit denen im Pott vergleiche, ist das ein sehr ähnlicher Menschenschlag. Was ich in Kaiserslautern immer gut fand, es wurde die Leistung auf dem Platz beurteilt. Nicht, ob du vielleicht auch mal einen Pfeil im Kopf hast und ein bisschen verrückt bist. Ich musste mich hier nie verstellen, was ich übrigens auch nie tun würde. Ich konnte immer ehrlich sein, immer authentisch bleiben und immer so sein, wie ich einfach bin. Du musst hier alles für den Verein raushauen und dann wirst du akzeptiert. Kaiserslautern hat dieses Flair, dass der FCK über allem steht. Allein schon deshalb, weil das Stadion auch über der Stadt thront und du es von überall siehst. Ich habe hier unheimlich gern gespielt.
„Wir waren alle komplett sprachlos“
Treffpunkt Betze: Trotz der sportlichen Nicht-Berücksichtigung bist du beim FCK geblieben. Kann man sagen, dass der Einbruch in euer Haus, der sich während eures Besuchs des Heimspiels gegen Fürth ereignet hat, das Fass zum Überlaufen gebracht hat und du dich deswegen entschieden hast, deinen Vertrag aufzulösen?
René Klingenburg: Meine Frau und ich stehen immer ganz eng zusammen. Wenn man gefestigt ist und mit beiden Beinen im Leben steht, hält man alles aus. Aber das war ein sehr einschneidendes Erlebnis für uns, das einen Neuanfang zwingend notwendig gemacht hat. Es ist unbeschreiblich, wie es in unserem Haus ausgesehen hat. Die Typen, die das zu verantworten haben, sind kurz bevor wir nach Hause kamen, erst raus aus dem Haus. Terrence Boyd war mit seiner Frau bei uns, wir waren alle komplett sprachlos. Es ist nicht nur der finanzielle Schaden, der dich trifft. Eine solche Geschichte macht etwas mit dir und plötzlich siehst du viele Dinge anders. Für meine Frau wäre es ein Albtraum, in diesem Haus zu bleiben. Stell dir mal vor, ich wäre bei einem Auswärtsspiel oder im Trainingslager mit dem Wissen, dass meine Frau und meine Kinder allein in dem Haus sind, von dem irgendwelche Typen vielleicht denken, da könnten wir nochmal einsteigen und noch mehr holen. Ich hätte keine ruhige Minute mehr. Aber es gibt nun mal leider einen gewissen Prozentsatz an Menschen, die irgendwie komplett am Leben vorbeigehen.
Treffpunkt Betze: Durch deine Vertragsauflösung fehlt dir nun natürlich die Möglichkeit, am Mannschaftstraining teilzunehmen. Als vertragsloser Spieler, der sich im Sommer gern wieder einem Verein anschließen würde, ist dein körperlicher Zustand aber vermutlich auch ein Stück weit dein Kapital. Wie hältst du dich aktuell fit?
René Klingenburg: Aus dem Mannschaftstraining war ich ja eigentlich schon seit der Winterpause raus. Ich trainiere individuell und zusätzlich arbeite ich auch mit einem Personalcoach auf dem Platz. Grundsätzlich ist es aber so, dass ein Berufsfußballspieler eine gute Zeit ohne Mannschaftstraining klarkommt. Wenn ich im Sommer irgendwo einsteige, beginnt eine lange Vorbereitungsphase, in der ich ganz schnell wieder an mein Topniveau herankommen werde. Bis dahin werde ich das Fußballspielen schon nicht verlernen. Da mache ich mir keine Sorgen.
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„Marco Antwerpen ist für mich ein Ausnahmefall als Trainer“
Treffpunkt Betze: Ein ausgesprochen enges Verhältnis pflegst du zu Marco Antwerpen, der dich mal als "meinen Jungen" bezeichnete. Steht ihr aktuell in Kontakt?
René Klingenburg: Mit Marco stehe ich immer in Kontakt. Wir haben jetzt zwar schon etwas länger nicht mehr telefoniert. Ich glaube aber, er möchte mir jetzt einfach mal etwas die Ruhe geben, die ich brauche. Das hatte ich nach seiner Freistellung umgekehrt auch so gemacht, weil du dich erstmal sammeln musst, wenn dein Vertrag beim FCK beendet wird. Das macht etwas mit dir. Das ist einfach kein Club wie jeder andere. Aus beruflicher Sicht muss man hier echt aufpassen, dass man sich nicht in den Verein verliebt. Das klingt jetzt vielleicht etwas seltsam, aber das ist einfach so. Wenn es dann nämlich endet, musst du stark genug sein, um das zu verarbeiten. So etwas kann dich brechen. Ein Verein wie der FCK ist wie ein Virus, wie eine Sucht. Das ist so ein klassisches Phänomen von Traditionsvereinen.
Treffpunkt Betze: Du hast mit Marco Antwerpen bereits in Münster und Kaiserslautern zusammengearbeitet. Würdest du gern noch ein drittes Mal dranhängen?
René Klingenburg: Bei Marco hatte ich immer ordentlich Druck. Aber wir lagen immer auf einer Wellenlänge. Wenn wir ein Problem miteinander hatten, war das ein Gespräch von vielleicht 15 Minuten. Wir haben diskutiert, uns ausgesprochen, in den Arm genommen und weiter ging es. Er ist für mich einfach ein Ausnahmefall als Trainer, mit dem ich immer ein besonders Verhältnis hatte. Ich habe immer gern mit ihm zusammengearbeitet und würde es wieder gern tun, wenn sich unsere beruflichen Wege noch einmal kreuzen sollten.
„Ich war nie ein Stinkstiefel“
Treffpunkt Betze: Rund um die turbulenten Tage vor den Relegationsspielen gegen Dynamo Dresden und unmittelbar vor der Freistellung von Marco Antwerpen sagtest du im Rahmen eines Interviews: „Dieser Trainer ist das Herz der Mannschaft. Wir haben den Weg als Mannschaft zusammen mit Ante angefangen und zusammen endet der auch. Das werden die zwei wichtigsten Spiele in unserem Leben und da haben wir dem Verein und den Menschen etwas zurückzuzahlen. Aber nur mit diesem Trainer.“ Würdest Du diese Aussage im Rückblick betrachtet noch einmal so tätigen?
René Klingenburg: Ja, würde ich und zwar genau so. Der Trainerwechsel kam zu einem Zeitpunkt, wo es mich einfach getroffen hat. Ich wusste, wieviel Herzblut Frank Döpper und Marco in den Verein gesteckt haben. Die haben beide für den FCK gebrannt. Ich habe mit meiner damaligen Aussage ja auch nicht Dirk Schuster angegriffen, ich habe Ante Rückendeckung gegeben. Er war zu dem Zeitpunkt mein Trainer und hatte meine volle Unterstützung verdient. Ich hätte mich genauso vor Dirk Schuster oder irgendeinen anderen Trainer gestellt, wenn dieser plötzlich in die Schusslinie geraten wäre. Es geht in erster Linie um den Verein und um den Erfolg. Um Missverständnisse zu vermeiden, habe ich relativ schnell das Gespräch mit dem neuen Trainer gesucht und er hatte in dem Moment auch vollstes Verständnis für meine Reaktion. Zumal es ihm selbst in seiner Vergangenheit wohl auch schon einmal so ging, als sein Förderer Joachim Streich bei Eintracht Braunschweig entlassen wurde.
Treffpunkt Betze: Unter Dirk Schuster standest du insgesamt nur vier Minuten auf dem Spielfeld. Drei im Relegationshinspiel und eine aufgerundete beim Auswärtssieg in Fürth. Siehst du einen Zusammenhang zwischen diesem Interview und Dirk Schusters dauerhaftem Verzicht auf deine Nominierung?
René Klingenburg: Ich bin mit meiner Situation immer professionell umgegangen. Ich habe geackert, ich habe Gas gegeben, ich war topfit und habe die anderen Jungs unterstützt. Ich war nie ein Stinkstiefel, der schlechte Laune verbreitet hat. Ich war einfach so, wie ich bin. Aber das ist das Geschäft, so ist es manchmal im Profifußball. Da gibt es keinen Platz für Mitleid, was ich auch nie haben wollte. Ich stand parat und hätte gern geholfen. Die Jungs haben in der Vorrunde aber genial performt und Punkte geholt, was natürlich für den FCK super war und mich auch gefreut hat. Meine Situation hat es aber nicht einfacher gemacht. Nachdem ich in Fürth etwas Spielzeit bekam, dachte ich mir, dass ich nah dran bin, um als dauerhafter Kaderspieler eine Option zu sein. Aber leider war dem nicht so und in der Folgezeit war ich wieder außen vor.
Was zu dieser Entscheidung geführt hat, kann ich nicht sagen. Ich hätte mir nur gewünscht, dass man mir schon in der Sommerpause mitgeteilt hätte, dass es schwer für mich werden könnte und ich mich nach einer Alternative umschauen könnte. Meine Zweitligatauglichkeit habe ich schließlich in Dresden schon unter Beweis stellen können, so dass sich mit Sicherheit eine andere Tür für mich geöffnet hätte. Ich kann für mich heute sagen, dass ich immer alles für den FCK gegeben habe und dass es letztlich, warum auch immer, nicht gereicht hat. In der Winterpause hieß es ja, es wären rein sportliche Gründe, die gegen mich sprechen würden. Für mich als Straßenfußballer sind sportliche Gründe aber auch irgendwo persönliche Gründe – so einfach ist die Thematik.
„Ich bin keiner, der sich abduckt oder versteckt“
Treffpunkt Betze: Du sagtest kürzlich, dass es möglicherweise deine Lebensaufgabe als Fußballer sei, Traditionsclubs aus der dritten Liga nach oben zu helfen. Weißt du schon, welcher Verein als nächstes deine „Aufbauhilfe“ bekommt?
René Klingenburg: Da habe ich mir noch absolut keine Gedanken gemacht. Momentan versuchen meine Frau, meine Kinder und ich wieder etwas zur Ruhe zu kommen und uns zu sammeln. Wir haben uns die Zeit genommen, unsere Familien wieder einmal zu besuchen, die wir teilweise schon lange nicht mehr gesehen haben und die zuletzt etwas zu kurz kamen. Dann fliegen wir nächste Woche mal noch in einen zweiwöchigen Urlaub und dann wird man irgendwann sehen, was als nächstes kommt. Ich will im Sommer wieder angreifen, das ist Fakt. Und Fakt ist auch, dass der Verein, der mich verpflichtet, weiß, was er bekommt. Ich bin mit 29 Jahren ein gestandener Profi und auch einer, der seinen Mund aufmacht. Ich bin keiner, der sich abduckt oder versteckt.
Treffpunkt Betze: René, vielen Dank für deine Zeit beim FCK. Wir wünschen dir und deiner Familie alles Gute für eure Zukunft und hoffen, den Spieler Klingenburg bald als Gast auf dem Betzenberg begrüßen zu dürfen.
Quelle: Treffpunkt Betze
Quelle: Treffpunkt Betze
Antworten 3
dirtdevil
der bursche ist authentisch und wird sich für keinen verbiegen.
darum mag ich ihn und finde es schade,dass er uns verlassen hat.
dass seine demission sportliche gründe hatte,mag ich nicht glauben.
Rénebetze
oder verlassen wurde!!
Vielleicht war er einigen zu "kantig".
weschdkurv
Das glaub ich nicht. Unter Dirk Schuster hat er einfach nicht ins Konzept gepasst. Und für die zweite Liga wird’s bei ihm halt schon bissl eng. Das letzte halbe Jahr in der dritten Liga hat er auch schon nicht mehr jedes Spiel 90 Minuten abgespult. Das wurde da schon weniger bei ihm. Sportlich macht es glaube ich absolut Sinn für ihn wenn er nochmal einen ambitionierten Drittligisten gindet.