„Der Aufstieg in Dresden, das war unglaublich!“

Frank Hüttenberger ist seit seiner Kindheit Fan des 1. FC Kaiserslautern. Dass er im Rollstuhl sitzt, hält ihn nicht davon ab, bei fast jedem Heim- und Auswärtsspiel der Roten Teufel dabei zu sein. Auch international ist der Verwaltungsfachangestellte in Sachen Fußball unterwegs - seit Jahren leider ohne FCK-Beteiligung. Und selbst wenn kein Spiel ansteht, spult der 36-Jährige mit seinem Handbike ordentlich Kilometer ab.

Neuer Stammplatz vor der Südtribüne


Treffpunkt Betze: Frank, wie bist Du zum FCK gekommen und welches war dein erstes FCK-Spiel?


Frank: Zum FCK bin ich durch meinen Vater gekommen, der bereits seit den 70er Jahren zum Betze fährt und seine Leidenschaft an mich weitergegeben hat. Mein erstes Match, an das ich mich erinnern kann, war ein Heimspiel gegen Zwickau im Jahr 1996, gemeinsam mit meinem Vater. Angeblich hatte er mich 1991 auch mal zum Auswärtsspiel nach Düsseldorf mitgenommen. Da war ich allerdings erst 4 Jahre alt und habe somit keinerlei Erinnerungen an das Spiel.


Treffpunkt Betze: Wie sieht ein gewöhnlicher Heimspielbesuch für Dich aus?


Frank: Seit 2002 habe ich eine Dauerkarte und stand immer in der West in Block 7.1. 2012 erlitt ich eine unfallbedingte Querschnittlähmung und habe seitdem meinen Stammplatz auf den Rolliplätzen vor der Südtribüne. Obwohl die Plätze nicht exakt festgelegt werden, hat hier jeder seinen „festen Platz“, daher kennt man die meisten Leute natürlich. Hier sind im Laufe der Jahre viele gute Kontakte und Freundschaften entstanden. Natürlich bin ich froh, die Chance zu haben, bei jedem Spiel im Stadion dabei zu sein. Auch bei den Rollis ist es schön: Die Plätze sind gut und man ist sehr nah am Spielfeld. Trotzdem gehört zu den Dingen, die ich am meisten vermisse, in der West zu stehen.


Treffpunkt Betze: Du hast aber nicht nur eine Heimdauerkarte.


Frank: Grundsätzlich habe ich das Ziel, bei jedem FCK-Spiel vor Ort dabei zu sein, obwohl da natürlich auch mal beruflich oder privat was dazwischenkommen kann. Seit 2004 habe ich auch eine Auswärtsdauerkarte, mittlerweile eine Auswärtsdauerkarte für Rollis.


Treffpunkt Betze: Die vielen Auswärtsfahrten klingen sehr planungsintensiv. Hast Du auch schon mal eine „34er-Runde“ absolviert?


Frank: Seit ich im Rollstuhl sitze, hat es leider noch nie vollständig geklappt, weil auch mal gesundheitlich was dazwischen kam. In solche Fällen gebe ich mein Ticket dann weiter. Davor hatte ich allerdings auch schon zwei 34er Runden geschafft. Ich bin natürlich immer froh, wenn die Terminierung der Spiele rechtzeitig bekannt gegeben wird. Wir sind normalerweise in der Gruppe im Auto unterwegs, wodurch es eigentlich wie früher ist und man auch nah ans Stadion rankommt. Bei Zugfahrten muss man noch die Strecke vom Bahnhof zum Stadion einplanen, was mitunter etwas schwieriger sein kann. Außerdem muss ich unterwegs Pausen einplanen, damit ich wegen der Druckentlastung nicht zu lange sitze.


Treffpunkt Betze: Gibt es bei Rollis eigentlich eine Fantrennung? Wie ist hier der Umgang mit den gegnerischen Fans?


Frank: In der Regel steht man mit den Rollis der Heimmannschaft zusammen. Auch in Kaiserslautern sind die Gäste-Rollifahrer im gleichen Bereich. Hier gibt es vielleicht mal einen Spruch, aber in der Regel ist der Umgang mit den Fans des anderen Teams sehr respektvoll.

Nur zwei Rollstuhlfahrer-Gästetickets beim Derby in Mannheim


Treffpunkt Betze: Du warst mit dem FCK in so ziemlich jedem deutschen Stadion. Welche Stadien sind aus Deiner persönlichen Sicht sehr Rolli-freundlich bzw. -unfreundlich?


Frank: Von den Gesamtbedingungen sind die Plätze in der Münchner Allianz-Arena top: Es gibt sehr viele Rollstuhlplätze, diese sind erhöht und die Sicht ist super. In anderen Stadien steht man mitunter auf Spielfeldhöhe, was schon schwieriger ist. Da bin ich lieber etwas weiter oben. Allerdings gibt es auch Stadien, in denen man in der obersten Reihe angesiedelt ist und wenn dann die Zuschauer auf den Sitzen davor aufspringen, sieht man nichts mehr. Eine positive Ausnahme bildet Dresden, wo man als Rolli im Gäste-Sitzplatzbereich ist - was sehr schön ist, weil man inmitten der eigenen Fans sitzt.


Negativer Spitzenreiter war für mich das alte Stadion in Freiburg, wo man hinter dem Zaun hinter dem Tor stand und kaum etwas gesehen hat. Mittlerweile spielt dort nur noch die zweite Mannschaft des SC Freiburg, bei der wir hoffentlich nie wieder antreten müssen.


Treffpunkt Betze: Was könnten die Vereine hier noch verbessern?


Frank: Schwierig ist manchmal das geringe Kartenkontingent. Eigentlich müssten 1% der Gesamtplätze auch Rollstuhlfahrerplätze sein, aber das wird de facto fast nirgendwo eingehalten. Der FCK ist hier mit fast 100 Plätzen schon sehr gut dabei, so viele gibt es sonst nur selten. Grundsätzlich sollten auch bei den Rolli-Tickets 10% der verfügbaren Plätze an die Gästefans gehen, was in der Praxis aber leider nicht immer umgesetzt wird. Zum Derby beim Waldhof gab es beispielsweise lediglich zwei Gäste-Rollstuhlfahrer-Karten.


Treffpunkt Betze: Würdest Du anderen Rollis einen Stadionbesuch empfehlen? Wie kommt man an entsprechende Tickets?


Frank: Das kann ich auf jeden Fall empfehlen! Grundsätzlich habe ich noch bei keinem Stadionbesuch negative Erfahrungen gemacht. In der Regel sind die Leute sehr nett und hilfsbereit. Eintrittskarten bekommt man in Lautern über den Kartenservice. Der Behindertenbeauftragte Erich Huber kümmert sich auch super um alle Belange der Rollis. Die Tickets sollte man aber einfach per Mail über [email protected] anfordern. Je nach Möglichkeiten stellt der Verein dann die Auswärts- oder Heimtickets zur Verfügung. Hier fühlen wir uns vom 1. FCK sehr gut unterstützt. Sollte es mal bei Auswärtsspielen nicht genug Tickets geben, liegt es leider am Heimverein.


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Treffpunkt Betze: Was sind deine persönlichen Höhepunkte, die Du mit dem FCK erlebt hast?


Frank: Da gibt es einige: Zum Beispiel den 3:2 Auswärtssieg 2014 auf St. Pauli durch Ruben Jenssens Fernschuss in der 97. Spielminute. Oder auch das Pokalspiel in Leverkusen, wo der FCK als Zweitligist den Champions League Teilnehmer Bayer 04 in der Verlängerung besiegte. Da ich im Mainzer Einzugsgebiet wohne, war der Sieg im DFB-Pokal gegen die Nullfünfer für mich eine besondere Genugtuung. Kaum zu toppen war natürlich der Aufstieg in Dresden, wo ich den Aufstieg inmitten der FCK-Fans miterleben konnte. Das war ein unglaubliches Erlebnis.

223 unterschiedliche Stadien - Old Trafford fehlt noch


Treffpunkt Betze: Unterwegs in Sachen Fußball bist Du nicht nur, wenn der FCK spielt. Wieviele Matches bzw. Länderpunkte haben sich hier angesammelt?


Frank: Mit dem Groundhopping habe ich schon vor meiner Rollstuhlzeit angefangen und bin auch jetzt noch öfter unterwegs, wenn es Zeit und Geld zulassen. Auf Rat meines Vaters habe ich mir alle Spiele von Anfang an in einem Excel-Sheet notiert, sodass ich noch alles genau nachvollziehen kann. Insgesamt habe ich mir in den letzten 25 Jahren 830 Spiele in 223 verschiedenen Stadien/Grounds angesehen, 631 davon mit FCK-Beteiligung. Im Ausland waren es 58 Spiele in 19 Ländern.


Treffpunkt Betze: Welche Stadien waren hier die Höhepunkte und welche Grounds stehen noch auf deiner „Bucket List“?


Frank: Das exotischste der mit Rollstuhl besuchten Grounds war wahrscheinlich Dubai in den Vereinigten Arabischen Emiraten, wo ich bei zwei Spielen war. Und das Olympiastadion in Helsinki/Finnland. „Highlight-Grounds“ waren für mich das Wembley-Stadion in London und das Stade Velodrome in Marseille. Ansonsten bin ich gerne in Holland, was auch stimmungstechnisch richtig gut ist. Neben Holland war ich Frankreich am häufigsten unterwegs. Auf meiner „Wunschliste“ steht noch vieles: Ich würde sehr gerne mal ins Old Trafford nach Manchester und auch das San Bernabéu in Madrid steht ganz weit oben auf der Liste.


Treffpunkt Betze: Aktuell ist Sommerpause. Wie verbringt ein „Fußballverrückter“ wie Du die fußballfreie Zeit?


Frank: Früher war ich eigentlich nicht so sportlich, aber seit ich im Rollstuhl sitze, habe ich meine Liebe zum Handbike Sport entdeckt. Hier fahre ich regelmäßig und habe in den letzten Jahren auch schon einige Rennen absolviert. Das ist für mich ein schöner Ausgleich.


Treffpunkt Betze: Wie kann man sich die Rennen hinsichtlich Distanz und Geschwindigkeit vorstellen?


Frank: Rennen bedeutet für mich Marathondistanz, also 42,195 Kilometer mit dem armbetriebenen Fahrrad. Meine Bestzeit liegt bei einer Stunde und 25 Minuten, was ungefähr einem Schnitt von 29-30 Kilometer pro Stunde entspricht.

Auswärtsspiele sind Highlights


Treffpunkt Betze: Zurück zum FCK. Wie beurteilst Du die abgelaufene Saison?


Frank: In der Rückrunde war ich mitunter schon ein wenig enttäuscht von den Ergebnissen. Obwohl die Spiele fussballerisch zum Teil sogar besser waren als in der Hinrunde, wo wir immer wieder durch späte Tore die Punkte sichern konnten. Dass es in der Rückrunde nach hinten raus einen Einbruch gibt, war fast schon vorauszusehen. Realistisch gesehen war es für einen Aufsteiger eine super Saison.


Treffpunkt Betze: Wie sind deine Erwartungen für die neue Saison und auf welchem Platz landen die Roten Teufel?


Frank: Mal schauen, welche Neuzugänge noch kommen. Wenn wir wieder ohne große Abstiegssorgen im Mittelfeld landen, können wir absolut zufrieden sein. Natürlich hofft jeder, dass es wieder nach oben geht, aber man sollte auch realistisch bleiben. Vor etwas mehr als zwei Jahren standen wir kurz vor dem Abstieg in die Regionalliga. Wer hätte damals gedacht, dass wir anschließend in die 2. Liga aufsteigen und dort mit einem Zuschauerschnitt von über 40.000 absolut souverän die Klasse halten?


Man sollte hier Schritt für Schritt gehen und nicht gleich wieder zu viel erwarten. Wenn wir uns sportlich und finanziell stabilisieren, sind wir auf einem guten Weg. Mit ähnlich vielen Punkten wie in der vergangenen Saison wäre ich schon zufrieden. Wenn ich mich auf einen Platz festlegen muss, dann Rang neun.


Treffpunkt Betze: Der neue Spielplan ist gerade erschienen. Was sagst Du zum Saisonauftakt daheim gegen St.Pauli?


Frank: Das erste Saisonspiel gegen St. Pauli werde ich leider versäumen. Allerdings verpasse ich im Zweifel lieber mal ein Heim- als ein Auswärtsspiel. Für mich sind Auswärtsspiele einfach Highlights, was in erster Linie daran liegt, dass ich mit meinen Leuten dort hinfahre. Der Weg ist das Ziel und das Unterwegssein bringt immer viele Erlebnisse mit sich – deshalb bin ich auf Schalke dann wieder am Start.


Quelle: Treffpunkt Betze


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Quelle: Treffpunkt Betze


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Antworten 1

  • Hütte sitzt im Rollstuhl. Das ist leider komplett an mir vorbeigegangen aufgrund meiner Krankheit, die im Herbst 2010 begann.

    Mein Gott, das tut mir wahnsinnig leid. Aber es freut mich zu sehen und zu lesen, dass es Dir gut geht.


    Viele Grüße

    Mathias

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