Hikmet Ciftci: "Der FCK bleibt immer in meinem Herzen"
- Tom
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Hikmet Ciftci wechselte im Januar 2020 von Erzgebirge Aue zum 1. FC Kaiserslautern. In diesen dreieinhalb Jahren erlebte Ciftci die ganze Bandbreite des FCK zwischen Himmel und Hölle. Im Sommer trennten sich nun die Wege in beiderseitigem Einvernehmen. Mittlerweile steht der 25-jährige Mittelfeldspieler in der zweiten türkischen Liga bei Tuzlaspor Istanbul unter Vertrag.
Schwierige letzte Saison
Treffpunkt Betze: Hiko, nach dreieinhalb Jahren haben sich die Wege zwischen dir und dem FCK getrennt. Bereits im Winter wurdest du mit der Aussicht auf mehr Spielpraxis in die Türkei verliehen. Doch auch nach deiner Rückkehr im Sommer war von Anfang an klar, dass deine Zukunft nicht in Kaiserslautern liegt. Was sind deiner Meinung nach die Gründe dafür?
Hikmet Ciftci: Das war die Entscheidung des Trainerteams. Ich hatte mich eigentlich schon gefreut, dass ich nach der Ausleihe wieder zurückkommen kann. Dann wurde mir mitgeteilt, dass es für mich in der Zukunft eher schwierig aussieht und man nicht mehr mit mir plant. Da kam schon die erste Enttäuschung auf, weil ich mich sehr darauf gefreut habe, wieder zurückzukommen. Die, die mich etwas näher kennen, wissen, was ich vom Verein und auch der Stadt halte. Ich war höchst zufrieden dort. Mit dem Aufstieg und der Hinrunde lief es für uns als Verein sehr gut - aber für mich nicht so, wie ich es mir vorgestellt hatte. Deshalb musste ich mir bereits im Winter etwas Neues suchen, um wieder mehr Spielpraxis zu sammeln und Spaß am Fußball zu haben. Du weißt ja, wie es ist: Wenn man spielt, ist man glücklich und wenn man hinten dran steht, versucht man alles dafür zu geben, um wieder eine Chance zu bekommen. Das habe ich dann im Winter im Ausland versucht. Generell kann man sagen, dass es für mich persönlich eine sehr anstrengende Saison war, vor allem für den Kopf. Es war nicht einfach, aber das gehört leider zum Fußball dazu.
"Da wurde Fußball für mich zur Nebensache"
Treffpunkt Betze: Wie bereits angesprochen hast du die Rückrunde in der abgelaufenen Saison bereits in der Türkei verbracht. Genau in dieser Zeit gab es ein großes Erdbeben in der Türkei und Syrien. Wie hast du diese Zeit privat, aber auch sportlich erlebt?
Hikmet Ciftci: Ich habe mich leider im Wintertrainingslager des FCK in Belek verletzt. Dann bin ich erstmal verletzt in eine neue Mannschaft gekommen, was natürlich nicht einfach ist. Es war ein eingespieltes Team und auch sportlich lief es. Daher musste ich erstmal wieder von vorne anfangen und den Rückstand aufholen. Das erste Ziel war, wieder gesund zu werden, um sich dann empfehlen zu können und in die erste Elf zu rutschen. Mein Pech war allerdings, dass wir glaube ich zehn oder elf Spiele ohne Niederlage absolviert haben und der Trainer natürlich keinen Bedarf hatte zu rotieren. Und trotzdem bin ich dem Trainer dankbar, denn er hat es geschafft, auch alle anderen mit einzubeziehen und ein positives Gefühl zu vermitteln - auch wenn man mal nicht gespielt hat. Er hat mir vieles mit auf den Weg geben können.
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Und dann kam leider das Erdbeben. Ich glaube, ich bin an dem Morgen aufgestanden und auf unserem Trainingsgelände liefen schon überall die Nachrichten im Fernsehen. Wenn man so etwas aus dem Ausland mitbekommt, postet man vielleicht etwas, um Mitgefühl zu zeigen und dass man an die Menschen vor Ort denkt. Aber wenn man selbst vor Ort ist und ein Erdbeben in dieser Stärke gleich zweimal mitbekommt, das es zuvor eigentlich nirgendwo gab, ist nochmal etwas ganz anderes. Die Familie unseres damaligen Kapitäns in Göztepe hat genau dort gelebt, wo das Erdbeben passiert ist. Zum Glück sind alle aus der Familie gesund rausgekommen. Aber du bekommst natürlich viele Stories mit und schätzt Dinge wie die die Gesundheit deutlich mehr wert. Da wurde Fußball für mich zur Nebensache. Ich saß auch abends vor dem Fernseher, habe mir die Nachrichten angeschaut und dabei angefangen zu weinen. Das hat mich nochmal in besonderer Weise geprägt und so ein Erlebnis nimmt dich einfach komplett mit. Das krasse war, dass es etwa eine Woche später auch in unserer Region ein Erdbeben gab, wenn auch nicht so stark. Ich war im Supermarkt und wollte gerade etwas aus dem Regal nehmen, als plötzlich alles wackelte. Die Frau an der Kasse schrie plötzlich „Erdbeben, Erdbeben!“ und ich wusste gar nicht, was ich machen sollte.
Gemeinsam mit Freunden aus Deutschland haben wir versucht, den Menschen zu helfen. So kamen auch mehrere LKWs und Container mit Hilfsgütern in die Türkei. Aber gefühlt kam die Hilfe aus der ganzen Welt. Wenn man etwas erreichen will, dann geht das nur gemeinsam, das hat man in diesem Fall wieder gesehen. Schließlich kann es jeden treffen.
Der FCK bleibt in besonderer Erinnerung
Treffpunkt Betze: Wenn du auf deine Zeit beim FCK zurückschaust: Wie denkst du an diese Zeit zurück und was bleibt dir in besonderer Erinnerung?
Hikmet Ciftci: Das, was mir immer direkt einfällt ist, dass es eine sehr große Familie ist. Ich habe immer noch mit sehr vielen Leuten Kontakt. Nicht nur mit Spielern, sondern auch mit den Menschen aus der Stadt. Ich habe dort so ziemlich alles erlebt. Ich bin in einer sehr schwierigen Zeit im Januar 2020 dorthin gewechselt und habe dann die Insolvenz und auch die gesamte Coronazeit durchgemacht. Dazu kommt die Saison 2020/21, in der wir beinahe in die Regionalliga abgestiegen wären und nur ein Jahr später folgte der Aufstieg in die zweite Bundesliga. Der FCK bleibt immer in meinem Herzen – das werde ich auch irgendwann meinen Kindern so weitergeben. Das schönste Erlebnis war natürlich der Aufstieg in der Relegation gegen Dynamo Dresden. Das kann dir einfach keiner mehr nehmen. Wie wir danach im Stadion, auf der Busfahrt und die ganzen nächsten Tage in der Stadt gefeiert haben, ist für mich natürlich das große Highlight. Wir Spieler stehen immer im Vordergrund, aber es gibt ja Fans, die seit Jahrzehnten dabei sind. Die haben schon einiges mehr miterlebt und deshalb hat es mich sehr gefreut, den Fans nach so vielen Jahren endlich mal etwas zurückgeben zu können.
Quelle: Treffpunkt Betze
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