De Deiwel soll mich hole: Gute Zeiten, schlechte Zeiten
- Dirk
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„Lautre is widder do!“. Ein Spruch, der seit der Aufstiegsfeier im Mai 2022 rund um den Betzenberg für eine Welle der Euphorie steht - und gleichzeitig weit mehr als nur eine Floskel ist. Als Kind der Siebziger musste man als FCK-Fan in den letzten Jahrzehnten so einige Höhen und Tiefen durchleben. Der Fußballstandort Kaiserslautern galt lange Zeit als das kleine gallische Dorf in Deutschlands Topliga und hatte schon etliche Jahre vor dem VfL Bochum den Nimbus des unabsteigbaren Stehaufmännchens. Der alljährliche Klassenerhalt in der Bundesliga war die immer wiederkehrende Herausforderung der Roten Teufel, die 33 Jahre lang mit Bravour gemeistert wurde. Dazu freuten wir Fans uns regelmäßig ein Loch in die Kniescheibe, wenn einer der Lautrer Spieler für seine Nationalmannschaft nominiert wurde. Wer aber Konstanz bei seiner „Fußballliebe“ haben möchte, der muss zum großen und eben auch stinklangweiligen FC Bayern gehen. Auf den FCK wartete eine Achterbahnfahrt der Gefühle, die erst noch richtig Fahrt aufnehmen sollte. Erste Anzeichen gab es Anfang der 80er Jahre.
Ein kleines gallisches Dorf gegen den Rest der Welt
Der FCK befreite sich in dieser Zeit erstmals aus dem gefühlten Dauerexistenzkampf. Kalli Feldkamp führte die Roten Teufel in die Spitzengruppe der Bundesliga und schaffte es sogar, dass sich seine Mannschaft jahrelang in diesen Tabellenregionen festsetzen konnte. In dieser Zeit durfte ich mit meinem Vater zum ersten Mal ein Spiel in der damals noch nicht überdachten Westkurve hautnah miterleben und spätestens nach diesem 2:0 gegen Eintracht Frankfurt war meine ohnehin schon angeborene Leidenschaft für den FCK voll entfacht. Beppo Hofeditz und Hans-Peter Briegel schossen die beiden Tore und letzterer ist bis heute mein persönliches Idol. Der 1. FC Kaiserslautern mauserte sich zum Dauergast im Europapokal und Spiele gegen Gegner wie Sporting Lissabon, den SSC Neapel oder natürlich unvergessen Real Madrid gehörten für uns junge Fans damals fast schon zur Tagesordnung.
Plötzlich war der FCK eine der Adressen im deutschen Fußball, zu der man auch als Nationalspieler gehen konnte. Neben dem Glücksgriff Ronnie Hellström und der Walz aus der Pfalz spielten in dieser Zeit auch Ausnahmekönner wie Thomas Allofs oder Torbjörn Nilsson für die Roten Teufel. Auch ein Nachwuchsspieler namens Andreas Brehme fand erstmals den Weg auf den Lautrer Betzenberg. Im örtlichen Sportverein galt der 1. FC Kaiserslautern als Mitfavorit auf die deutsche Meisterschaft und wir Jungs trugen stolz unsere Sporttaschen mit FCK-Aufklebern durchs Dorf, um auf dem knüppelharten Brascheplatz unseren Vorbildern nachzueifern. Abends ging es mit aufgeschlagenen Knien und übel wässernden Schürfwunden ins Bett, bevor am nächsten Morgen im Pausenhof versucht wurde, die Galerie der Lautrer Spieler in der Panini-Bilder-Sammlung zu komplettieren. Leider stieß diese sportliche Hochphase allerdings mit dem Ende der ersten „Ära Feldkamp“ an ihre Grenzen. Die Roten Teufel näherten sich unter Kallis Nachfolgern Rudi Kröner, Manfred Krafft und Co. wieder dem Bundesligamittelmaß. Wir Fans wussten, was Träume sind und hatten natürlich Lust auf mehr.
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Untergang auf Raten
Nach einer Reihe unglücklicher Entscheidungen und der Rückholaktion vom „weißen Fuchs“ Feldkamp startete der FCK in sein erfolgreichstes Jahrzehnt im deutschen Profifußball. Aus dem Abstiegskandidaten Nummer eins wurde ein DFB-Pokalsieger und nur ein Jahr später ein Deutscher Fußballmeister. Wir, die wir mittlerweile nicht mehr darauf angewiesen waren, ins Stadion mitgenommen zu werden, wurden zwischenzeitlich zu stolzen Dauerkartenbesitzern und feierten im Zwei-Wochen-Takt eine Party nach der anderen. Wir hatten gelernt, dass Träume wahr werden können. Neben „Karneval am Betze“ gab es aber auch tragische Momente wie das legendäre Europapokalspiel gegen Barcelona, bei dem ein Spielverderber namens José Mari Bakero einem ganzen Stadion den Stecker zog, oder auch der damals als Betriebsunfall geltende Abstieg 1996, der aber - ganz Lautern-typisch - durch den gleichzeitigen Gewinn des DFB-Pokals und der damit verbundenen Qualifikation für den Europapokal direkt wieder etwas gemildert wurde. Dennoch war die Veröffentlichung des kommenden Spielplans ein Schock. Statt zum FC Bayern musste der FCK nach Unterhaching und Meppen reisen, was damals einem fußballerischen Supergau gleichkam.
Es war also wieder mal Zeit für einen Umbruch. FCK-Urgestein Norbert Thines trat zurück, Otto Rehhagel konnte als neuer Trainer gewonnen werden und schrieb mit seiner Mannschaft ein Fußballmärchen, das es in der Form nie wieder geben wird. Allerdings brodelte es hinter den Kulissen auch gehörig. Spätestens mit der Meisterschaft 1998 hielten Funktionäre Einzug, die in erster Linie darauf bedacht waren, sich selbst ins rechte Licht zu rücken und sich als Repräsentanten des FCK in den Medien zu beweihräuchern. Dass der Verein in diesem jahrelangen Prozess fast zugrunde ging, schien einige dieser Herren nicht zu interessieren. Für uns Fans brachen schwere Zeiten an. Dem sportlichen Niedergang folgten erhebliche finanzielle Probleme. Wir wurden unter Vorspiegelung falscher Tatsachen angepumpt, unterstützten unsere Roten Teufel natürlich großzügig und mussten mit ansehen, wie die Millionen verbrannt und die FCK-Zitrone bis auf den letzten Tropfen ausgepresst wurde. Erst als wirklich nichts mehr zu holen war und der sportliche Totalschaden bevorstand, hatten die Parasiten genug gesaugt und ließen von ihrem Opfer ab.
Don Hengen und sein Näschen
Im Dezember 2019 schöpfte ich erstmals wieder Mut. Markus Merk hatte offensichtlich genug vom Lautrer Niedergang und glänzte im Gegensatz zu anderen Ehemaligen mit Taten statt mit Worten. Er zog mit ihm vertrauten Personen in den Aufsichtsrat ein und sorgte Schritt für Schritt für Veränderungen. Mit der Verpflichtung von Marco Antwerpen und Thomas Hengen bewies er das glücklichste Händchen - oder besser: den größten Sachverstand. Plötzlich ging wieder etwas auf dem Betzenberg. Nach dem zwischenzeitlich fast unmöglich gewordenen Klassenerhalt in der dritten Liga formten die beiden eine schlagkräftige Truppe und gleichzeitig konnte dem Verein dank eines Insolvenzverfahrens und neu gewonnener Investoren auch wirtschaftlich wieder auf die Beine geholfen werden. „Jetzt rollt der Zug“, sagte der damalige Co-Trainer Frank Döpper und ahnte nicht, wie viel Wahrheit in dieser Aussage steckte - auch wenn ihm und seinem Chef Ante die sprichwörtliche Weiterfahrt in diesem Zug aufgrund eines Leistungseinbruchs der Mannschaft verwehrt blieb.
Die Underdog-Experten Dirk Schuster und Sascha Franz beerbten das beliebte Trainer-Duo und erwiesen sich sehr schnell als absoluter Glücksgriff. Der erfolgreichen Relegation gegen Dynamo Dresden ließen die Roten Teufel eine überragende Aufstiegssaison in der Zweiten Liga folgen. Fernab jeglicher Abstiegs- oder Existenzkämpfe konnte das Schiff auf Kurs und die Klasse gehalten werden. Das Umfeld ist wieder Feuer und Flamme für die Männer in Rot, täte nun aber auch gut daran, die Ruhe zu bewahren. Der Absturz war eine jahrelange Tortur, geben wir dem Verein nun die gleiche Zeit, sich wieder zu entwickeln. Der FCK hat sich den Nährboden für eine erfolgreiche Zukunft selbst geschaffen, die richtigen Leute sind am richtigen Platz. Wenn ich heute durch die Stadt oder einen Supermarkt gehe, sehe ich nur noch wenige Kinder im Bayern-Trikot oder in anderen verzweifelten Outfits. Plötzlich tauchen die Mini-Herchers oder Nachwuchs-Boyds wieder vor mir an der Kasse auf und spätestens dann weiß ich: „Lautre is widder do!“.
Quelle: Treffpunkt Betze
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