Marcel Reif ist zweifellos einer der erfolgreichsten und bekanntesten Sportjournalisten Deutschlands. Der ehemalige Chefkommentator von RTL und später Sky erhielt 1998 zusammen mit Günther Jauch den Bayerischen Fernsehpreis für die improvisierte Moderation rund um den „Torfall von Madrid“. 2003 folgte der Adolf-Grimme-Preis für seinen Kommentar während der Fußball-WM 2002. Heute lebt der eingefleischte FCK-Fan in der Nähe von Zürich.
„Die Situation war schon etwas Besonderes“
Treffpunkt Betze: Herr Reif, Sie hatten kürzlich einen für einen Sportjournalisten eher ungewöhnlichen Auftritt. Sie waren zu Gast im Deutschen Bundestag und haben dort im Rahmen der Gedenkstunde für die Opfer des Nationalsozialismus eine Rede gehalten. Wie kam es zu diesem Auftritt und wie haben Sie ihn erlebt?
Marcel Reif: Die Einladung erfolgte durch die Bundestagspräsidentin. Ich habe zunächst etwas gezögert, weil ich mir überlegen musste, ob ich als nicht direkt Betroffener überhaupt etwas zu sagen habe. Nach einer kurzen Erläuterung, was von einem Beitrag meinerseits erwartet wird, fand ich es richtig, meine Sicht als Sohn eines Holocaust-Überlebenden darzulegen. Aber die Situation war schon etwas Besonderes, so etwas macht man ja nicht jeden Tag. Früher habe ich in irgendeinem Stadion in ein Mikrofon gesprochen und Spiele für Millionen von Menschen kommentiert, aber das kann man überhaupt nicht vergleichen. Ich stand vor dem Parlament, da saßen der Bundespräsident, der Bundeskanzler, die Bundestagspräsidentin, das ganze Kabinett und der versammelte Bundestag plus die Ehrengäste. Das war sehr aufregend. Aufregend, aufwühlend und absolut außergewöhnlich. Und obwohl ich nur aus der Sicht eines Angehörigen sprechen konnte, hat man offensichtlich verstanden, was ich sagen wollte.
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„Der Fußball bedeutet in dieser Stadt mehr als in anderen Städten“
Treffpunkt Betze: Sie sind in den 50er Jahren mit Ihrer Familie nach Deutschland gekommen. Sie sind in Kaiserslautern aufgewachsen und haben selbst einmal gesagt, dass jeder, der in Kaiserslautern aufwächst und halbwegs gegen einen Ball treten kann, früher oder später zwangsläufig mit dem FCK in Berührung kommt. Sie waren sogar so gut, dass Sie Ihre Jugendjahre als Fußballer auf dem Betzenberg verbringen durften. Ist der FCK für Sie bis heute dieser „eine“ Verein, der Sie ein Leben lang in seinen Bann gezogen hat? Oder wächst sich diese Verbundenheit irgendwann aus?
Marcel Reif: Nein, das wächst sich nicht aus. Ich dachte immer, es wäre Unsinn, aber es ist tatsächlich so, dass man nur einen Verein im Leben hat. Egal in welcher Liga der FCK spielt, das Ergebnis der Roten Teufel ist immer noch das erste, das mich nach einem Wochenende interessiert. Das gilt übrigens nicht nur für mich, sondern auch für meine Söhne, denen ich diese Vereinsliebe vererbt habe, obwohl sie eigentlich nichts mit Kaiserslautern zu tun haben. 'Seinen Verein kann man sich nicht aussuchen. Der Verein sucht dich aus', schrieb Nick Hornby in seinem Fußballklassiker Fever Pitch und genauso ist es. Der Lebenslauf hat dich irgendwann in diese Stadt geführt, der Fußball bedeutet in dieser Stadt mehr als in anderen Städten und dann kommst du damit in Berührung. Und wenn Du dem FCK verfällst, bist Du für alle anderen Vereine weg, das lässt sich nicht mehr korrigieren (lacht).
„Fußball spielt man nicht nur in der Champions League“
Treffpunkt Betze: 2016 wurde beim FCK der Teufelsrat gegründet. Ein Gremium mit Experten aus verschiedenen Bereichen, das den Verein beraten sollte. Sie waren Mitglied dieses Rates, haben ihn aber nach kurzer Zeit wieder verlassen. Was waren die Gründe für Ihren Rücktritt?
Marcel Reif: Ich habe relativ schnell gemerkt, dass das zu nichts führt. Es war eine weitere Gruppierung von vielen Widerstrebenden, die mehr gegeneinander als füreinander gearbeitet haben. Und wenn etwas keinen Sinn macht, dann macht es auch keinen Sinn. Dann kann man nichts bewegen, im Gegenteil. Zum Glück gab es dann irgendwann eine interne Beruhigung beim FCK, sonst wäre der Verein in noch schlimmeres Fahrwasser geraten, als er es ohnehin schon war. Man muss jetzt die Gunst der Stunde nutzen und in Ruhe schauen, dass es wieder aufwärts geht. Deutscher Meister wird man so schnell nicht, das ist klar, aber darum geht es auch nicht. Intern müssen alle an einem Strang ziehen und schauen, was man erreichen kann. Dann ist vieles möglich. Das Schöne ist, dass die Leute wieder ins Stadion gehen und wieder Spaß am FCK haben. Fußball spielt man nicht nur in der Champions League. Man muss schauen, wo man hingehört und das genießen. In Kaiserslautern ist das im Moment die zweite Liga. Wenn es eines Tages wieder die Bundesliga wird, wird auch keiner nein sagen. Aber alles Schritt für Schritt.
Quelle: Treffpunkt Betze
Antworten 1
Betze-Fan82
Das kann man getrost so unterschreiben