Siegtor im Hotel ausgeheckt

Feine Kombinationen der Lauterer, Sonderbeifall für Mads Albaek und Kollegen. Die Feinkostabteilung trägt in den ersten Minuten auf. Das macht Appetit auf mehr. Die ersten beiden Chancen aber haben die „Löwen“: Nico Karger, von Adriano Grimaldi freigespielt, trifft das Außennetz (8. Spielminute). Kurz danach ist der präsente Grimaldi schneller als André Hainault – Innenpfosten. Glück für tüchtige Lauterer. Nach Gino Fechners Fehlpass in der 17. Minute klärt Kevin Kraus ebenso resolut wie der bissige Janek Sternberg nach Hainaults Schläfrigkeit gegen Sascha Mölders (22.). Hainault, gut in der Spieleröffnung, gefährlich bei eigenen Standards, kopfballstark, spielt nach der Pause souverän.


Die dritte Ecke, von Hendrick Zuck von rechts geschlagen, beschert drei Möglichkeiten zur Führung, am Ende klärt Jan Mauersberger Hainaults Schuss (20.). Die größte Chance leitet Julius Biada mit einem gelupften Pass ein, Lukas Spalvis, fast immer anspielbar, scheitert am guten Torhüter Hendrik Bonmann (30.).


Die zweite Halbzeit – es geht gen Westen. Kapitän Dick treibt die Seinen mit Macht nach vorne, Albaek führt klug Regie. Kraus beeindruckt als Zweikämpfer und Spielentwickler. Zucks Pass, die Konterchance für Spalvis – nur eine Ecke (50.). Dann flankt Dick, Kopfball Spalvis – Latte (56.). Künstlerpech. Erneut flankt Dick – Hemleins Kopfball streicht am Ziel vorbei (57.).


Nach 67 Minuten löst Timmy Thiele seinen Stürmerkollegen Biada ab, der Qualität zeigt, aber wie Zuck bisweilen abtaucht. Dass bei 15 externen „Neuen“ noch Harmonie im Spiel fehlt: selbstredend. Die Chancenauswertung: verbesserungswürdig. 82. Minute: Thiele, eine Bereicherung, setzt Florian Pick in Szene, Bonmann hält. Eine Minute später Ecke Dick, Hainaults Kopfball landet knapp neben dem Tor.


Der Berg bebt fast während der gesamten 90 Minuten. Doch vier Minuten nach Hainaults Kopfball scheint er zu explodieren und Lava zu spucken. Fechners Pass findet Sternberg, der setzt Sprinter Thiele ein, der wiederum bedient den durchstartenden Sternberg – 1:0. Die neunte Chance, der Siegtreffer. Ein verabredetes Tor. Thiele und Sternberg, Zimmergenossen im neuen Mannschaftshotel, dem Best Western auf dem Betzenberg, haben sich die Kombination so ausgedacht. Nur in anderer Reihenfolge. „Timmy und ich harmonieren gut zusammen, auf und neben dem Platz. Ich wusste, dass er ihn zurücklegt, deswegen bin ich auch durchgelaufen“, sagt Sternberg, der als linker Außenverteidiger eine herausragende Leistung bietet. Dass er vor der Westtribüne jubeln darf, verdoppelt die Freude. „Ich hatte schon beim Einlaufen eine Gänsehaut – und nach dem Tor noch mehr.“ Es scheint, als wolle er die Kurve gar nicht mehr verlassen. Doch er muss, schließlich sind noch einige Minuten zu überstehen.


Das Tor geht zu einem hohen Prozentsatz an Timmy Thiele. Der gibt das allgegenwärtige Lob an Kompagnon Janek Sternberg zurück: „Er hat ihn sich ja selber vorbereitet, das muss man dazusagen. Und er hat ihn eiskalt reingemacht, in alter Stürmermanier ...“ Thiele genießt die Zeit auf dem Feld: „Das Spiel an sich mit der ganzen Atmosphäre war unbeschreiblich. Es war ein geiler Auftritt.“ Bei der Einwechslung gibt Trainer Michael Frontzeck seinem Schützling mit auf den Weg, er solle helfen, das Spiel zu entscheiden. Thiele hilft. Er ist eben ein ganz artiger Junge.


Die„Löwen“ haben nach der Pause nur noch eine Chance. In der letzten Minute der regulären Spielzeit pariert Jan-Ole Sievers einen Freistoß von Daniel Wein im Nachfassen.




1. FC Kaiserslautern: Sievers - Dick, Kraus, Hainault, Sternberg - Hemlein (88. Schad), Fechner, Albaek, Zuck (77. Pick) - Spalvis, Biada (67. Thiele)

1860 München: Bonmann - Paul, Weber, Mauersberger (46. Lorenz), Steinhart - Wein, Moll - Willsch (65. Lex), Grimaldi, Karger (81. Kindsvater) - Mölders

Tor: 1:0 Sternberg (86.)


Gelbe Karten: Steinhart, Willsch


Beste Spieler: Sternberg, Kraus, Albaek - Bonmann, Grimaldi, Mauersberger


Zuschauer: 41.324


Schiedsrichter:Osmers (Hannover)


-------


Kärrnerarbeit


Der 1. FC Kaiserslautern feiert einen verdienten Starterfolg. Dem Kader wohnt der Siegeswille inne.


Gerry Ehrmann lief sichtbar beschwingt in die Kabine. Als er die wartende Journalistenschar passierte, zogen sich seine Mundwinkel nach oben. Und die Kaiserslauterer Torwartlegende sprach: „Endlich mal wieder eine Truppe mit Charakter.“ Gemessen am Auftritt gestern gegen den TSV 1860 München lässt sich dies mit Fug und Recht behaupten und bestätigen. Wer eine Partie in der 86. Minute zu seinen Gunsten entscheidet, dem wohnt der unbedingte Siegeswille inne. Der Erfolg war höchst verdient und deutlich knapper als das Verhältnis klarer Torchancen von 9:4.


Selbst wenn dem FCK „nur“ ein Teilerfolg gelungen wäre, hätte das Publikum die Leistung zu Recht goutiert. Der Anhang der Roten Teufel darf sich über einen klug zusammengestellten Kader freuen, in dem Spieler auf der Bank „brennen“, um einen am Ende womöglich müden Gegner den entscheidenden Hieb zu versetzen. Timmy Thiele hätte gewiss lieber von Anfang an gespielt, doch er schmollte nicht und empfahl sich lieber für künftige Starteinsätze. Mit welchem Tempo, Feingefühl und Überblick er das Siegtor vorbereitete, das war eine Augenweide. Es darf sich glücklich schätzen, wer einen solchen Stürmer in der Hinterhand hat.


Makellos spielte der FCK nicht, das hatte auch niemand erwartet. Die Chancenverwertung muss ein Thema bleiben, die Roten Teufel hätten die Partie früher entscheiden können und müssen. Auffällig wurde in der ersten Halbzeit zudem mehrmals, dass André Hainault in der Viererabwehrkette neben dem großartig spielenden Kevin Kraus ein Schnelligkeitsdefizit aufweisen könnte. Exemplarisch sei die Szene in der neunten Minute genannt, als Adriano Grimaldi dem Kanadier entwischte und es der FCK dem Pfosten verdankte, nicht in Rückstand zu geraten. Dann gegen eine stabile Truppe wie 1860 zurückkommen zu müssen, wäre ein „wahres Vergnügen“ geworden, wie Michael Frontzeck ironisch feststellte. Einerlei: Die ersten drei Punkte sind verbucht, der FCK hat den Fan-Vorschuss an Vertrauen mit einer leidenschaftlichen Darbietung unterfüttert. Frontzeck kommt es zupass, dass es noch etliches zu tun gibt und der Sieg knapp ausfiel. So blieben „alle im Sattel“ und würden erkennen, wie schwierig es sei, in der Dritten Liga zu punkten. Großaspach ruft. Das nächste Stück Kärrnerarbeit auf dem Weg zurück Richtung Unterhaus.


Quelle: Rheinpfalz am Sonntag

Unsere Empfehlungen

Antworten 3

  • Gestern auf dem Betze war Gänsehaut pur.

    Für die Spieler und auch für die Fans.

    Wir als Anhänger sahen eine Mannschaft die aufopferungsvoll kämpfte. Es gelang logischerweise nicht alles aber das wurde vom Publikum verziehen, weil man immer merkte das die Jungs auf dem Rasen wollen. Wir bekamen ehrlichen Fußball geboten, kein taktieren und schonen, sondern eine Mannschaft die biss und kratzte bis zum Schluss und das wurde dann mit dem Siegtor belohnt.

    Ich glaube nicht das auch nur einer der Fans die gestern im Stadion waren sein Kommen bereut hat im Gegenteil. Die Stimmung war vor dem Spiel schon sehr positiv, während des Spiels und erst recht nach dem Spiel.

    Da kann was großes entstehen, wenn sich die Mannschaft weiterhin so präsentiert wie gegen 1860 wird der FCK wieder ein Stück Fußballgeschichte schreiben mit dem größten Zuschauerschnitt seit Bestehen der dritten Liga.

    Das Wir Gefühl ist zurück und mit ihm die Lust diese Mannschaft zu unterstützen und sich von ihr im Gegenzug flashen zu lassen.

    Gefällt mir 1
  • Das A und O wird sein, dass die Mannschaft diesen Spirit konservieren kann. DAnn wird ihr auch das ein oder andere schlechte Spiel - das sicher kommen wird - verziehen.

    Gefällt mir 3
  • Die erste Szene nach ca 3 Spielminuten verliert Hemlein vorne rechts den Ball, die Sechziger fühlten sich schon sicher, aber dann kam die Krätsche und Hemlein hatte die Kugel wieder.Diese Szene wird mir noch ne ganze Weile im Gedächtnis bleiben, weil das Team diese Art zu spielen bis zum Schluss durchzog. Ich war hin- und hergerissen. Weiter so Jungs....

    Gefällt mir 3
  • Diskutiere mit!