The trend´s not our friend – ein Blick auf die ersten vier Spiele
- Raimund
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Hatten wir das Auftaktspiel gegen 1860 noch verdient gewonnen, weil wir das kämpferisch und konditionell bessere Team waren und die Löwen in der 2. Halbzeit quasi nicht mehr aus der eigenen Hälfte herauskamen, so waren wir in Großaspach schon weniger dominant. Und im darauf folgenden Spiel zeigte sich Münster erschreckend oft in unserer eigenen Hälfte und nahm unsere Freistoßgeschenke und spielerischen Defizite dankbar entgegen. Am Samstag gegen Halle waren wir dann in jeder Hinsicht - sogar kämpferisch! - unterlegen. Eine erschreckende Entwicklung. Was fehlt dem Team?
Von Wolfram Wuttke
Frontzeck – konsequent oder lernresistent?
Man sieht, dass das Hauptaugenmerk des Trainers darauf liegt, dass sich seine erste Elf einspielt, wobei „Elf“ fast wörtlich zu nehmen ist. Abgesehen vom Sturm am 3. Spieltag (Spalvis 1. HZ draußen, Thiele seitdem in der Stammelf) nahm Frontzeck ohne äußere Zwänge (Ausfälle von Hainault und Zuck in Halle) keine einzige Änderung in der Startaufstellung vor - trotz englischer Woche bei Bullenhitze.
Fairerweise muss man eingestehen, dass Frontzeck vor der Saison bei Null angefangen hat: 16 externe Neuzugänge und selbst von den verbliebenen Spielern war kein Einziger wirklicher Stammspieler in der Vorsaison. Klar, dass die Mannschaft nicht eingespielt sein kann – der KSC von letzter Saison ist ein gutes Beispiel, wie lange so ein Prozess dauern kann. Trotzdem verstehe ich nicht, warum der Trainer nicht wenigstens versucht einen Stamm von 15-16 Spielern bei Laune zu halten.
Die Auswechslungen scheinen einem immergleichen Schema zu folgen: Fast immer recht spät, fast immer positionsgetreu. Das 4-4-2 wird, ergebnisunabhängig, stets mit zwei defensiven Sechsern fortgeführt. Man hat selten den Eindruck, dass Frontzeck mit Einwechslungen etwas Entscheidendes ändern möchte. Schwer auszurechnen ist der FCK damit natürlich wirklich nicht. Wir spielen kein Pressing, stehen aber auch nicht wirklich defensiv kompakt. Die erste Viertelstunde in allen vier Partien ging bisher klar an das gegnerische Team. Bezeichnend übrigens, dass bereits zwei gegnerische Trainer verlauten ließen, genau das erwartet zu haben! Generell haben wir wenig Mittel um den Gegner spielerisch auseinanderzunehmen und das obwohl wir einen Sturm haben, der in der 3. Liga seinesgleichen sucht. Uns fehlt es einfach an Kreativität.
Wer füttert den Sturm?
Thiele ist ein physisch starker, reinrassiger Mittelstürmer, der auch gerne lange Wege geht. Spalvis hingegen ist ein sehr kompletter Stürmer, technisch stark, kopfballstark und spielintelligent. Huth ist wohl der kopfballstärkste unserer Stürmer, hatte aber bisher leider gerade mal 41 Minuten Zeit, sein Können zu präsentieren. Biada fällt etwas aus der Reihe: Er ist eher ein klassischer Zehner, ein feiner Techniker mit gutem Timing für den entscheidenden Pass. Viele waren erstaunt, dass er in den ersten beiden Partien jeweils in der Startelf stand, doch er zeigte schnell warum: Sowohl gegen 1860 als auch gegen Großaspach legte er Spalvis jeweils eine 100%ige Torchance auf. Spätestens seit seiner Auswechslung gegen Münster fehlt unserem Team endgültig jegliche spielerische Klasse. Fatal für eine Mannschaft, die (wohl) aufsteigen muss und vom Rest der Liga zum Topfavoriten erklärt wurde.
Natürlich wäre es viel zu einfach, die mangelnde Kreativität allein an Biadas Fehlen festzumachen, schließlich sollten die Ideen doch gerade aus dem Mittelfeld kommen. Dort kämpft Albaek aufopferungsvoll in der Zentrale, bringt aber bisher kaum entscheidende Offensivaktionen zustande - nicht zuletzt, da ihm ein ballsicherer Kollege auf der Sechs fehlt. Damit ist Gino Fechner gemeint. Der defensivstarke Abräumer ist derzeit die Hauptfehlerquelle in unserem Spiel. Viel zu oft folgt bei ihm auf einen Ballgewinn ein unnötiger Fehlpass oder er vertändelt die Kugel einfach. Im gegnerischen Strafraum kommt so gut wie nichts von ihm an. Exemplarisch für Fechners derzeitige Situation: Der unnötige Fehlpass im Spielaufbau bei 1-0 Führung gegen Münster, der den gegnerischen Konter einleitete, welcher wiederum von Fechner mittels Foul an der Strafraumgrenze unterbunden wurde. Aus dem Freistoß in traumhafter Position entstand der Ausgleich.
Albaek und Fechner sind zwar defensiv gesehen unsere stärksten Spieler im zentralen Mittelfeld, offensiv gäbe es allerdings durchaus bessere: Da wäre Theodor Bergmann, ein spielintelligenter Techniker, der tolle Standards schlagen kann. Oder Jan Löhmannsröben, der letzte Saison in Jena seinen Kumpel Timmy Thiele reihenweise mit Zuckerpässen bediente. Wenn ich die Einsatzzeiten von Löh und Bergmann unter Frontzeck addiere komme ich auf NULL Spielminuten – Albaek und Fechner hingegen dürfen Woche für Woche fast jedes Mal 90 Minuten durchspielen, unabhängig von Leistung, körperlicher Belastung oder gelben Karten. Kann man einem Spieler nach vier (von vier möglichen) schwachen Auftritten einfach mal eine Pause gönnen? Ich glaube schon.
Will man ein Spiel erstmal defensiv sicher beginnen, ist es durchaus ok auf Albaek und Fechner zu setzen. Braucht man allerdings dringend ein Tor sollte einem Trainer doch etwas mehr einfallen als ein positionsgetreuer Wechsel im Sturmzentrum oder einen zusätzlichen Stürmer zu bringen, der dann einen zentralen Angriffskollegen auf die Außenbahn verdrängt - und anschließend seinerseits in der Luft hängt.
Apropos Außenbahn: Hemlein und Dick sind ähnliche Spielertypen: laufstarke Kämpferherzen, die Verantwortung übernehmen. Leider haben sie Defizite in Punkto Schnelligkeit (Dick) und Technik (beide) und so landen deren Flanken noch viel zu oft im Nichts. Auf links ist Rückkehrer Zuck bisher deutlich unauffälliger als Hemlein, von ihm kommt eindeutig zu wenig. Sternberg macht seine Sache, bis auf einige haarsträubende Defensivaktionen in Halle, eigentlich ordentlich, bringt aber, wie Zuck, kaum etwas in den Strafraum. Die Alternative für beide Mittelfeldseiten heißt Florian Pick. Er hat viel Tempo und sucht 1- gegen-1 Situationen. Leider spielt er diese bisher selten brauchbar zu Ende und es bleibt meist bei guten Ansätzen.
Die Innenverteidigung stand mit Hainault und Kraus bisher meistens gut – bis zu Hainaults Verletzung. Sein Vertreter Özdemir ist bisher leider das Gegenteil eines Abwehrstabilisators und auch Kraus war in Halle schwach. Die sicheren Spieleröffnungen sind mittlerweile dem „langen Hafer“ gewichen.
Vorbild WM
Bei der WM schien es nur zwei Arten zu geben mit denen die Teams versuchten, ein Spiel zu gewinnen: Kreativer Ballbesitzfußball (Belgien, Spanien, Kroatien) oder defensiver Fußball mit dem ausschließlichen Ziel, das Spiel per Konter oder Standardsituation für sich zu entscheiden (so ziemlich alle anderen Teams). Spätestens Weltmeister Frankreich bestätigt die Defensivfraktion.
Auf die 3. Liga bezogen zelebriert der FCK derzeit unkreativen Ballbesitzfußball, der noch am ehesten mit dem der „Mannschaft“ bei der WM zu vergleichen ist. Will heißen: Wir sind stets Favorit, haben mehr Ballbesitz, aber das war es auch schon. Ein System ist nicht zu erkennen. Dazu gibt es defensive wie offensive Schwächen bei Standards, was gerade in dieser Liga fatal ist. Hier wird uns kein Gegner den Gefallen tun, ins offene Messer zu laufen und viele Spiele werden durch Standards entschieden - was uns Preußen Münster recht anschaulich demonstrierte. Jeder Gegner wird erst mal mit einem Unentschieden leben können - wohlwissend, dass es für uns tendenziell zu wenig ist. Wenn wir dann weder spielerisch noch über Standards gefährlich werden, wie wollen wir dann Tore schießen? Wir müssen endlich etwas Spielkultur auf´s Feld bekommen. Die Spieler dafür haben wir. Dafür bedarf es allerdings einer gewissen Variabilität an der Seitenlinie, die der Trainer bisher überhaupt noch nicht gezeigt hat.
Will Frontzeck - wovon auszugehen ist - das System nicht verändern, könnte er zumindest mal Löhmannsröben oder Bergmann für Fechner beginnen lassen. Um Spalvis und Thiele optimal zu bedienen, könnte er auch mit Biada auf der Zehn beginnen und dafür einen Sechser opfern. Dieses „Risiko“ wird Frontzeck wohl - wenn überhaupt - nur bei Rückständen gehen.
Pokal und Derby
Eigentlich gut, dass am Samstag erstmal das Pokalspiel ansteht und wir uns in die Außenseiterrolle zurückziehen können. Hier hat das Team die Chance auf Wiedergutmachung gegen einen hochfavorisierten Gegner ohne Pflichtspielpraxis, der uns sicher nicht überschätzen wird. Hier kann Frontzeck endlich Leuten wie Grill, Huth, Löhmannsröben, Bergmann oder Schad ein wenig Vertrauen schenken.
Das Derby gegen den KSC kommt ebenfalls nicht so ungelegen, da alleine die Rivalität für Stimmung sorgen wird, welche sich in einem anderen Spiel schnell gegen Trainer und Team richten könnte. Frontzeck hat jetzt wirklich die Chance (oder wie er sagen würde: „Schangse“) etwas zu ändern. Sollte er, wie bisher, auf stur schalten und in den beiden Spielen taktisch wie personell „the same procedure as every game“ fahren, muss er schon verdammt viel „Matchglück“ haben, sonst wird es eng für ihn.
Quelle: Treffpunkt Betze
Quelle: Treffpunkt Betze
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Ostalb-Devil
Toller Beitrag.
Zum letzten Satz will ich aber sagen, dass alleine durch die Rivalität, welche in einem anderen Spiel weniger dramatisch ist, bei einer NL gg den KSC die Stimmung sehr schnell akut gg den Trainer kippen kann.
Beide Spiele können nun zur rechten Zeit für die Wende kommen oder als großer Stolperstein für alle positiven Stimmungen.
Raimund
Hi Ostalb-Devil,
der Schluß war vielleicht etwas unklar von mir formuliert. Mir ging es um die Atmosphäre WÄHREND des Spiels: Wenn wir nicht gegen den KSC sondern z.B.gegen Lotte spielen, geht wahrscheinlich beim 2.Fehlpass schon das Geraune auf den Rängen los, während im Derby ein gewisses "Grundrauschen" herrscht und durch die Abneigung gg. den Gegner etwas mehr Toleranz gegenüber eigenem Team+ Trainer vorhanden ist.
Sollten wir das Derby verlieren -da bin ich vollkommen bei Dir- wird die Stimmung ziemlich sicher gegen den Trainer kippen.