Freitag Abend. Ruhrpott. Flutlicht-Spiel. Eigentlich gute Voraussetzungen für einen gelungenen Fußball-Abend. Doch nach exakt 24 Minuten wissen die 1.200 mitgereisten FCK-Anhänger in der Duisburger Schauinsland-Reisen-Arena, dass ihr Abend wieder einmal gelaufen ist. Duisburgs Daschner nimmt auf der rechten Seite Fahrt auf, düpiert nicht zum letzten Mal an diesem Abend den deutlich unterlegenen Janek Sternberg, passt in die Mitte zu Moritz Stoppelkamp, der Rest dürfte allseits bekannt sein.
Die Stimmung an diesem Abend war vor allem in der zweiten Halbzeit ungewöhnlich. Sie war gelöst und frei von jedweder Anspannung. An einen FCK, der das Spiel nochmal dreht, glaubte dort ohnehin schon niemand mehr. So ließ sich die Zeit gut nutzen, um mit alten Bekannten im wahrsten Sinne des Wortes in Ruhe zu plauschen. Die Frage nach dem Wohlbefinden wurde meist mit „gut, bis auf das da“ beantwortet, gefolgt von einem Augenrollen Richtung Rasen. Aktuell sind FCK-Spiele wahrlich kein Nervenkitzel mehr. Sie sind vielmehr eher ein Treffen alter Freunde mit dem störenden Nebeneffekt eines Fußballspiels.
Nach den letzten Spielen und Darbietungen kann beziehungsweise muss sogar als erstes der Trainer hinterfragt werden, unter dem sich bisher noch keine nennenswerten Entwicklungen hervor getan haben. Boris Schommers wäre dann allerdings schon der dritte Trainer, der keine Linie in diese Mannschaft rein bekommt. Das Spiel beim MSV Duisburg hat wieder einmal gezeigt, was der aktuelle Kader alles nicht hat:
1. Führungsspieler
Wer ist der verlängerte Arm des Trainers, wer gibt die Kommandos auf dem Spielfeld beziehungsweise reißt die Mannschaft mit, wenn es mal nicht läuft? Auch am Freitag war diesbezüglich wieder kein Spieler der Roten Teufel auffällig geworden. Scheinbar hofft nur jeder, Florian Pick möge doch per Einzelaktion das Spiel entscheiden. Trägt Schommers die Schuld an dieser hierarchielosen Mannschaft? Sicherlich nicht, aber ein paar Fragen muss er sich gefallen lassen: Warum steht ein Kapitän, der jede Woche völlig zurecht ausgewechselt wird, im darauffolgenden Spiel wieder in der Startformation? Warum hat ein Mittelstürmer, der nicht trifft und auch nicht sinnvoll für die Mannschaft arbeitet, scheinbar eine Stammplatzgarantie? Liegt es nur daran, dass beide im Mannschaftsrat sind? Sportliche Gründe scheiden hier eher aus. Für die Kaderzusammenstellung der Herren Notzon und Bader kann der Coach nichts, an einer Hierarchie sollte er aber definitiv feilen und mehr nach Leistung aufstellen.
2. Eine funktionierende Innenverteidigung
Es grenzt höchstwahrscheinlich an einen Liga-Rekord, dass Sascha Hildmann und Boris Schommers - ohne auch nur ein funktionierendes Duo zu finden - zusammen bisher schon vier verschiedene Innenverteidiger-Paare (Matuwila/Kraus, Fechner/Kraus, Matuwila/Sickinger, Scholz/Kraus) in der Startformation ausprobierten. Mit Lukas Gottwalt steht sogar eine weitere kopfballstarke Option zur Verfügung, Der hochgewachsene Innenverteidiger wartet weiterhin auf sein Saisondebüt in der 3. Liga. Im Gegensatz zur Mittelstürmerposition ist in der Abwehrzentrale durchaus „Spielermaterial“ vorhanden, um mindestens ein gutes Duo zu formen. Doch viel Zeit zum Einspielen bleibt ihnen nicht. Wackelt die Abwehr wie bisher, bleibt der FCK ein Abstiegskandidat.
3. Mittelstürmer
Kühlwetter, Röser und Thiele haben eines gemeinsam: Sie alle drei sind keine klassischen Mittelstürmer. Und doch muss Woche für Woche einer von ihnen diese Position bekleiden. Timmy Thiele zeigt zumindest noch seine Stärke, wenn er „im Lauf“ von der Seite kommt, was ihn von seinen beiden Konkurrenten etwas abhebt. Der Hoffnungsträger für das Angriffszentrum, Andri Rúnar Bjarnasson, schleppt sich hingegen weiterhin von einer Verletzung in die nächste. Das kann man dem Isländer freilich genauso wenig vorwerfen wie dem Trainer, dass ihm bisher schlicht keine adäquate Besetzung dieser Position zur Verfügung steht.
4. Standards
(Erfolglose) Standards sind beim FCK ein echter Evergreen. Aktuell bringen selbst gut getretene Freistöße oder Ecken wenig, weil so gut wie kein kopfballstarker Abnehmer auf dem Feld steht. Ähnliches gilt für Flanken. Nun kann sich der Coach weder kopfballstarke Offensivspieler zaubern noch wäre es sinnvoll, Jogi Löws WM-Variante mit vier Innenverteidigern zu imitieren. Er könnte allerdings flache und spielerische Varianten einstudieren.
5. Stammformation
Langsam muss Schommers so etwas wie eine Stammformation herausbilden. Nicht gerade einfach, wenn die meisten Spieler so wie am Freitag leistungsmäßig eher Bewerbungsschreiben für die Tribüne abgeben. Trotzdem muss der Coach nicht nur seine erste Elf finden, sondern auch leistungsschwache Spieler aussortieren. 21 Spieler wurden diese Saison im Ligabetrieb eingesetzt. Dazu kommen mit Theodor Bergmann und Lukas Gottwalt noch zwei echte Alternativen, die tatsächlich noch keine einzige Minute zum Einsatz kamen. Spieler wie Hendrik Zuck, Christoph Hemlein, Janek Sternberg und Andre Hainault hingegen werden sicher nicht zu Drittliga-Gehältern kicken, präsentieren sich aber leistungsmäßig noch nicht einmal durchschnittlich. Um sich vom einen oder anderen Spieler zur Winterpause zu trennen, muss zuallererst der Trainer dem Spieler klar machen, dass er beim FCK keine Zukunft hat. Wer Neuzugänge will, muss auch bereit sein Spieler abzugeben. Nebenbei bemerkt tummeln sich in der zweiten Mannschaft mit Morabet, Bakhat, Gözütök, Singer, Hotopp, Scholz, Botiseriu jede Menge Eigenwächse, die nur regelrecht auf ihre Chance warten.
Boris Schommers hat eine andere Spielphilosophie als sein Vorgänger. Diese mit einer verunsicherten Mannschaft kurzfristig umzusetzen gleicht einem Wunder. Also sollten auch keine erwartet und stattdessen bereits kleine Schritte honoriert werden. Alles andere macht derzeit wenig Sinn. Ob der Trainer nun der richtige ist oder nicht, kann auch Mitte Dezember noch diskutiert werden.
Quelle: Treffpunkt Betze
Quelle: Treffpunkt Betze
Antworten 1
dirtdevil
genau dass auf den punkt gebracht,was hier schon eine weile diskutiert wird.