ZitatAlles anzeigenKalenderblatt : Heute vor 65 Jahren wurde Reggae-Star Bob Marley geboren - 1980 gab er eines seiner letzten Konzerte in Kaiserslautern [/b ]
Von Frank Pommer
Heute schon mal in Ihren Kalender geschaut? Nein? Dann übernehmen wir das für Sie. Einmal im Monat, hier auf dieser Seite, wollen wir zeitliche Grenzen überwinden. So tun, als wäre die Zeit ein wenig stehen geblieben. Zurückgehen, damit der Blick nach vorne gehen kann. Heute vor 65 Jahren kam mit Bob Marley eine der größten Legenden der jüngeren Musikgeschichte zur Welt. Eine Legende, die kurz vor ihrem viel zu frühen Tod 1981 auch noch Spuren in der Region hinterlassen hat.
Nein, Musiker, Sänger, Gitarrist, das sind alles nur unzureichende Wort-Hilfskonstruktionen, um sich Robert Nesta Marley zu nähern, der heute vor 65 Jahren in Nine Miles im Norden der Karibikinsel Jamaika zur Welt kam. Unter Messias geht da nichts für seine Anhänger. Und auch Marley selbst wollte mehr sein als „nur" der wichtigste, bekannteste, erfolgreichste und beste Reggae-Musiker der Welt - eine Musikrichtung, die er in seinen Anfängen erst über den Umweg des Ska gefunden hatte, die er aber wie kein anderer vor ihm und nach ihm verkörperte. Reggae ist Bob Marley - aber Reggae ist auch mehr als nur Musik.
Ein Lebensgefühl ? Sicher, das auch. Mehr aber noch war es für Bob Marley eine Botschaft, vor allem eine religiöse, im Auftrag der Rastafari-Bewegung verkündete, aber eben auch eine politische, gesellschaftliche, immer das Leid und die Not der Schwarzen im Auge behaltend. Marley hatte das oft genug am eigenen Leib erfahren müssen - als Sohn eines weißen britischen Marineoffiziers und einer schwarzen Jamaikanerin. „Ich halte mich für einen Revolutionär, der ganz alleine mit seiner Musik kämpft."
Um ehrlich zu sein: Davon wusste man am 8. Juni 1980, einem Sonntag, noch nichts. Und, was für den FCK-Fan vielleicht noch viel peinlicher ist, an diesem Junitag erklomm man auch zum ersten Mal den Betzenberg. Nicht allerdings, um Fußball zu schauen, denn damals spielte der FCK in der Bundesliga, und deren Spieltage waren noch nicht vom Kommerzfernsehen in mehrere Häppchen zerstückelt und aufs Wochenende verteilt worden. Bundesliga also war samstags, wie die Autowäsche des Vaters, das Kehren der Straße und Rudi Carrell am Laufenden Band. An diesem Sonntag aber war Bob Marley der Hauptact beim ersten Popkonzert, das man jemals besuchte. Ein Open-Air auf dem Betzenberg, das nicht nur von der Reggae-Ikone gestaltet wurde, sondern auch von den Bands Fleetwood Mac, Fischer Z und Rockpile.
Wo sonst die FCK-Stars der 70er wie Wolfgang Wolf, Hannes Bongartz oder Hans-Peter Briegel ihrem mehr oder weniger gepflegten Fußballspiel nachgingen und die Fans ihre Roten Teufel nach vorne peitschten, campierten jetzt Musikfans. So ein Open-Air-Konzert ist eine lange Angelegenheit, weshalb die Verpflegungssituation nicht außer Acht gelassen werden durfte. Vor allem an Flüssignahrung hatten die älteren Klassenkameraden gedacht. Die konnten damals noch völlig ohne Probleme in das Stadion mitgebracht werden.
Wie wenig gewissenhaft man sich auf das Konzert vorbereitet hatte - sieht man mal von Fischer Z ab, von denen man „Berlin" oder „Marliese" immer noch mitgrölen könnte - zeigt die Überraschung angesichts des süßlichen Geruches, der sich allmählich im Stadion ausbreitete und irgendwann wohl wie eine Dunstglocke über Lauterns höchstem Berg geschwebt haben muss. So etwas hatte man in seinem kleinen westpfälzischen Heimatdorf noch nicht gerochen, und Zigaretten in dieser merkwürdigen Tütenform gab es dort ebenfalls nicht. Das selige Lächeln, das sich im Laufe des Tages auf immer mehr Gesichtern breit machte, hätte natürlich eine Art Vorfreude auf den Auftritt des Reggae-Stars aus der Karibik sein können. Denn die meisten Besucher interessierten sich nicht so sehr für die Vorgruppen. Sie warteten vor allem auf Bob Marley. Der begann seinen Auftritt mit Songs wie „Natural Mystic" oder „Rastaman Vibration" - man kann das, dem Internet sei dank, in der Setliste nachlesen. Doch während man selbst spätestens bei „No Woman no Cry" und „Is this Love" im Reggae-Fieber war, schienen andere im Publikum längst im Reggae-Himmel angekommen zu sein. Und noch immer lächelten sie selig vor sich hin.
Bob Marley starb am 11. Mai 1981 in Miami. Seine „Uprising Tour" hatte ihn im Jahr zuvor nach Deutschland geführt. Eines seiner letzten Konzerte gab er am 8. Juni 1980 im Stadion des 1. FC Kaiserslautern, das damals noch Betzenberg hieß und ganz anders aussah. FOTOS: ARCHIV/ARCHIVKUNZ
Publikation: Ludwigshafener Rundschau
Ausgabe: Nr.31
Datum: Samstag, den 06. Februar 2010
Seite: Nr.34