ZitatAlles anzeigenFCK unterliegt Hansa Rostock 0:1 - Alexander Bugera sieht Ampelkarte - Sidney Sam verschießt Elfmeter
Katerstimmung statt Freudenfest: Fußball-Zweitliga-Spitzenreiter 1. FC Kaiserslautern leistete sich eine bittere 0:1 (0:1)-Heimniederlage gegen Abstiegskandidat Hansa Rostock. Bis gestern Abend firmierten die Hanseaten als schlechteste Auswärts- und Rückrundenmannschaft. Hansa hofft wieder!
Die Partystimmung sank mit fortlaufender Spielzeit - und wich mit dem Pausenpfiff beklemmender Stille: Sekunden vorher hatte Kai Bülow, von Srdjan Lakic gänzlich ungehindert, einen Freistoß Dahléns nach Foul von Amedick an Bartels zur Pausenführung der Hanseaten eingeköpft. „Da erwarte ich von meinen Spielern schon, dass sie präsent sind", kritisierte FCK-Trainer Marco Kurz.
Der Treffer war die fast logische Entwicklung einer Partie, in der die Roten Teufel mit der Erwartungshaltung nicht klar zu kommen schienen. Mancher war offenbar mit Blei in den Stiefeln unterwegs.
Zwei Fehlpässe innerhalb von 30 Sekunden - wie in der 24. Minute geschehen - hat Martin Amedick beim FCK noch nie produziert. Eine Szene, symptomatisch für die Spielweise der Lauterer, die nicht zu ihrem Spiel fanden. Über die Flügel ging nichts. Nicht bei Sidney Sam, nicht bei Ivo Ilicevic und später auch nicht bei Markus Steinhöfer. Er hatte eine starke Szene, seinen satten 16-Meter-Schuss aber wehrte Torwarte Walke in der Nachspielzeit bravourös ab.
Kevin Schöneberg und Bradley Carnell schlossen die Flanken im Zusammenwirken mit Dexter Langen und Andreas Dahlén. Seltsam passiv, verkrampft und übermotiviert lange Zeit Srdjan Lakic, der für Adam Nemec begann. Die Passivität in vorderster Linie, wo Erik Jendrisek total ausfiel, erleichterte Hansa früh, auf Zeit zu spielen. Und doch gab es eine Riesenchance, die Sidney Sam verschenkte: Nach Tim Sebastians Freistil-Einlage gegen Lakic scheiterte Sam mit einem halbherzig getretenen Elfmeter an Torhüter Walke (28.). Zwei Minuten später parierte er einen Seitfallzieher Sams großartig. „Kein Vorwurf an Sidney. Vor 50.000 hinzugehen und Verantwortung zu übernehmen, das ist in Ordnung", sagte Marco Kurz. Rostocks Co-Trainer Thomas Finck, der bei der Pressekonferenz den an einer schweren Magen- und Darmgrippe leidenden Cheftrainer Marco Kostmann vertrat: „Eminent wichtig war der gehaltene Elfmeter und der Zeitpunkt des Führungstreffers. Für uns ist das ein ganz wichtiger Dreier."
Der FCK ließ sich zu lange einlullen, leistete sich zu viele Fehlpässe. Im Mittelfeld fehlte dem FCK die Gestaltungskraft. Jiri Bilek arbeitete emsig, aber ohne Wirkung in der Offensive. Die belebte anfangs Georges Mandjeck, der in der Folge aber auch zu wenig zwingend agierte. „Die Abstände zwischen den Mannschaftsteilen waren zu groß", monierte Marco Kurz, der seine junge Mannschaft aber in Schutz nahm, sie gestern an den eigenen Nerven zerbrechen sah, an die große Saisonleistung erinnerte: „Das ist die unendliche Gier nach dem finalen Schritt. Aber wir werden den Zuschauern noch eine große Freude machen."
Der FCK schaffte es erst spät, Hansa unter Druck zu setzen. So fehlte Lakic im Abschluss der Biss, Sam das Glück, als er nach guter Ablage von Ilicevic verzog. Beim FCK ging nur Florian Dick mit Entschlossenheit und gesunder Aggressivität zu Werke ging. Auch mit Adam Nemec als Anspielpunkt wurde es nicht gut. Bitter: Bugera sah in der 88. Minute nach Handspiel Gelb-Rot.
So spielten sie
1. FC Kaiserslautern: Sippel - Dick, Amedick, Rodnei, Bugera - Ilicevic (63. Steinhöfer), Bilek, Mandjeck (63. Nemec), Sam - Lakic, Jendrisek (79. Paljic)
Hansa Rostock: Walke - Schöneberg, Bülow, Sebastian, Carnell - Langen, Danielsson, Schröder, Dahlén (76. Jänicke) - Johansson (71. Schlitte), Bartels (86. Kern)
Tor: 0:1 Bülow (45. +1 ) - Gelbe Karten: Mandjeck (10/1), Sam (5) - Schröder (3), Sebastian (3) - Gelb-Rote Karte: Bugera (88.) - Beste Spieler: Sippel, Dick - Walke, Schöneberg, Dahlén - Zuschauer: 50.000 (ausverkauft) - Schiedsrichter: Perl (Pullach).
Die Noten
Sippel 2
Dick 2
Amedick 4
Rodnei 3
Bugera 4
Illicevic 5
Bilek 4
Mandjeck 4,5
Sam 5
Lakic 5
Jendrisek 5,5
Steinhöfer 4
Nemec 5
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Dicke Tränen statt großer Party
STIMMEN UND STIMMUNGEN: FCK enttäuscht sich selbst und seine Fans
Kindertränen statt der großen Welle der Begeisterung: Sie haben den Partyverderber gegeben. Doch allzu viel hat der FC Hansa Rostock dazu gestern Abend nicht gebraucht. Der 1. FC Kaiserslautern war zu brav, um die allseits erhoffte Aufstiegsfeier steigen zu lassen.
Als die Partie vorbei und der FCK den Ball noch immer nicht im Rostocker Tor untergebracht hatte, flossen bei Kindern und auch bei so manchem Erwachsenen mit frisch gekauftem FCK-Aufstiegs-T-Shirt die Tränen. Auch Lauterns 22 Jahre alter Torwart Tobias Sippel war direkt nach der Partie viel zu enttäuscht, um Interviews zu geben. Auf dem Weg in die Kabine gab er sich allergrößte Mühe, nicht sofort in Tränen auszubrechen.
„Ich bin auch riesig enttäuscht", sagte FCK-Kapitän Martin Amedick, „es ist alles bestellt gewesen. Aber wir müssen das Ding eben jetzt so annehmen."
Die Riesen-Freitagabend-Sause ist ausgeblieben, die große Feier ist vertagt. Vielleicht auf den morgigen Sonntag, wenn der FC Augsburg nicht beim FSV Frankfurt gewinnen sollte. Ein Aufstieg auf der Couch also wäre möglich. „Ich werde mindestens einen Fernseher laufen lassen. Natürlich drücken wir dem FSV die Daumen, sie haben eine gute Rückrunde gespielt", sagte Amedick. Auch FCK-Rechtsverteidiger Florian Dick weiß, dass die Hessen dringend Punkte im Abstiegskampf brauchen, zumal ihr direkter Konkurrent Rostock gestern mächtig vorgelegt hat: „Frankfurt kämpft ums Überleben."
Der Garant dafür, dass Rostock den Relegationsplatz wohl sicher hat, war Torwart Alexander Walke. Nicht nur, dass er die größte FCK-Chance zur Führung zunichte machte, den zu lässig geschossenen Foul-Elfmeter Sidney Sams (28.) parierte. „Im Training halte ich nie einen Elfer, egal, wer schießt, Spieler, Trainer, Co-Trainer oder sonst wer", sagte Walke grinsend, „das ist mein Erfolgsgeheimnis bei Elfmetern." Auch bei Markus Steinhöfers Schüssen hielt er am Ende bravourös.
„Es hat heute nicht sein sollen", meinte Srdjan Lakic. „Wir haben uns viele Chancen erarbeitet, wenn du die nicht reinmachst, ist das schade", lautete das ernüchternde Fazit des Stürmers nach der Party-Verhinderung. „Die Enttäuschung ist riesengroß", gab Florian Dick nach dem Abpfiff einen Einblick in sein Gefühlsleben. Der Außenverteidiger zeigte ein engagiertes Spiel, gab keinen Ball verloren, war der beste Lauterer. „Wir wollten das Ding heute fix machen. Aber wir waren in der ersten Halbzeit gehemmt", gestand Dick. „Wenn"s nicht läuft, läuft"s nicht. Dann haben die noch einen Torwart drin, der super hält."
FCK-Vorstandsvorsitzender Stefan Kuntz meinte zum vergebenen ersten Matchball: „Keiner kann das alles besser nachvollziehen als wir vom Meisterteam 1991. Damals hatte sich der Trainer auch den Mund fusselig gebabbelt ..." Im Bundesliga-Meisterjahr hatte Borussia Mönchengladbach dem FCK die vorzeitige Party verdorben. „Aber es war klar, dass es ein steiniger Weg wird, auf dem uns nichts geschenkt wird", sagte Kuntz, „es ist nach allen Erfahrungen des Trainers und von mir nicht aus Spaß unsere Ansicht, dass erst der Deckel drauf sein muss, bevor übers Feiern geredet werden kann."
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Kommentar
Bauchlandung im Bundesliga-Vorhof
VON HORST KONZOK
Nach der Bauchlandung gegen Hansa Rostock muss der FCK seine Aufstiegsparty vertagen.Es war ein enttäuschender Abend.
50.000 Zuschauer im ausverkauften Fritz-Walter-Stadion auf dem Betzenberg konnten den erhofften Aufstieg gestern Abend noch nicht feiern: Die junge Mannschaft des 1. FC Kaiserslautern spielte schlecht, spielte erfolglos und am Ende auch glücklos. Nach der 0:1 (0:1)-Heimniederlage gegen Hansa Rostock ist der Aufstieg in die Bundesliga noch nicht perfekt, angesichts der Konstellation an der Tabellenspitze aber machbar - vielleicht sogar am Sonntag vor dem Fernseher, falls der Tabellendritte FC Augsburg beim FSV Frankfurt verlieren sollte.
Bei aller verständlicher Enttäuschung über den gestrigen Auftritt, über das Resultat, über die zweite Heimniederlage einer bislang so überragenden Saison, darf der 1. FC Kaiserslautern, dürfen seine Fans mit Zuversicht dem Schlussspurt im Bundesliga-Vorhof entgegensehen. Das Projekt Wiederaufstieg darf jetzt nicht mehr verspielt werden!
Der 1. FC Kaiserslautern hat es 1439 Tage nach dem bitteren, nach dem unglücklichen Abstieg aus der Fußball-Bundesliga versäumt, gestern Abend die Rückkehr perfekt zu machen. Die Mannschaft schien nervlich nicht stark genug, um vor 50.000 Zuschauern den entscheidenden Dreier einzufahren. Der Elf um Kapitän Martin Amedick fehlte die Unbeschwertheit, fehlte das Selbstvertrauen, fehlte die Frische und die Überzeugung. Die Mannschaft zeigte sich viel zu zaghaft, ohne die nötige Courage. Einzige Ausnahme: Florian Dick.
Trainer Marco Kurz zeigte sich aber auch in der Niederlage besonnen, er weiß, dass er nach diesem Rückschlag, dass er nach diesem Tiefschlag vor allem auch als Seelenmasseur gefragt ist. In Vereinschef Stefan Kuntz hat er den idealen Mitstreiter. Auch der weiß, wie Fußballer fühlen.
Quelle: DIE RHEINPFALZ
Publikation: Pfälzische Volkszeitung
Ausgabe: Nr.95