ZitatAlles anzeigen... dass die Region zur ersten Klasse bestens passt.
Der 1. FC Kaiserslautern ist schon oben, die TSG Friesenheim steht kurz vor dem großen Sprung, wenn auch noch der Karlsruher SC irgendwann wieder die Kurve kriegt, dann ist der Südwesten rein sportlich gesehen sehr gut aufgestellt. Ein Zustand, der bestens zur Region passt.
Doch die Fußballer vom Betzenberg und die Handballer in der Ebert-Halle werden eines schnell feststellen: Sie spielen in einer ganz anderen Liga als bisher. Was nicht heißen soll, sie wären dort chancenlos. Gewiss nicht. Vieles wird aber davon abhängen, mit welchem Glück und Geschick Stefan Kuntz den FCK-Kader ergänzt. Leicht hat er es nicht, aber er darf damit rechnen, dass zum einen die verbleibende Mannschaft einen gehörigen Schuss Euphorie mit in die Erstklassigkeit nimmt. Zum anderen ist Kaiserslautern nun einmal eine beliebte Adresse. Wenn auch derzeit eher der Tradition wegen als der Verdienstmöglichkeiten.
Die Friesenheimer „Eulen" gehen, ich kann mir nicht vorstellen, dass sie den Aufstieg auf den letzten Metern noch verdaddeln, einen personell gesehen einfacheren Weg. Dies dank der Kooperation mit den Rhein-Neckar-Löwen, aus deren Reihen Torwart Kevin Klier kam. Die bisher per Zweitspielrecht einsetzbaren Gábor Ancsin, Alexander Becker, Maximilian Bender und Niklas Ruß stehen teilweise auf der Löwen-Gehaltsliste und trugen ihren Anteil zum Höhenflug der Eulen bei. Neben ihren Mitspielern natürlich und dank der hervorragenden Arbeit von Trainer Thomas König.
Das Zweitspielrecht verfällt nun, weil es nicht für Mannschaften in derselben Liga gilt. Die Spieler aber bleiben bei den Eulen. „Die Kooperation bleibt erhalten", stellt Löwen-Manager Thorsten Storm fest. Er - wie die „Eulen"-Fans - freut sich über den regionalen Zuwachs in Liga eins. Weil die Auftritte dort natürlich auch eine Riesenchance für Perspektivspieler sind. Es muss sich im Abstiegskampf, der den „Eulen" wohl droht, zeigen, ob es beim einen oder anderen tatsächlich für die Löwen reicht, die nun einmal andere Ansprüche haben. Niklas Ruß ist noch ein Wackelkandidat, abhängig vom Knie des Löwen-Kapitäns Gudjon Valur Sigurdsson. Der hofft natürlich, dass die Entzündung sich in der Sommerpause endgültig verabschiedet und der Weltklasselinksaußen wieder auf die Platte zurückkehrt. Falls das nicht klappen sollte, steht eben Ruß eher im Löwen- als im „Eulen"-Kader. Kooperativ und halt in sehr kollegialer Absprache, wie Storm durchaus zufrieden feststellt.
Eines der angenehmen Beispiele für Zusammenarbeit unter Konkurrenten. Zweimal werden sie in der kommenden Saison die Freundschaft zwangsläufig vergessen müssen, ansonsten dürfen sie sich gegenseitig die Daumen drücken. Hier für den neuen Anlauf auf eine Spitzenposition, dort zunächst einmal für den erfolgreichen Auftritt wider die Rückkehr ins zweite Glied.
Was wiederum von den „Eulen" ein gewaltiges Umdenken erfordert. Es ist zwar von der sportlichen Anforderung kein so gravierender Unterschied, ob es in Liga zwei um den Aufstieg oder in Liga eins gegen den Abstieg geht. Psychisch allerdings ist er gewaltig. Denn es heißt, sich an Niederlagen zu gewöhnen, ohne sie als Gewohnheit zu akzeptieren. Es soll hier nicht der Eindruck entstehen, ich würde im Vorhinein die Himmelsstürmer der Zweiten zu den Prügelknaben der Ersten Liga stempeln. Die „Eulen" dürften durchaus das Potenzial mitbringen, die Klasse zu erhalten. Sie dürfen nur eines nicht: Bei Rückschlägen die Nerven verlieren und sich zu finanziellen Abenteuern auf dem Transfermarkt verleiten lassen.
Verglichen mit den Größen der Liga wird der „Eulen"-Etat ohnehin sparsam ausfallen. Wie vielleicht auch die Punktausbeute. Und so wird das Abenteuer Aufstieg auch zur Gesinnungsprüfung der Fans. Sie müssen, auch wenn es weh tut, beweisen, dass ihre „Treue" nicht an Siege gekoppelt ist.
Dietmar Einzmann
Quelle: DIE RHEINPFALZ
Publikation: Pfälzer Tageblatt - Ausgabe Weinstraße