ZitatAlles anzeigen40 Jugendliche des TuS/DJK Pirmasens als Trainingskiebitze des 1. FC Kaiserslautern im Fritz-Walter-Stadion - Das Allerheiligste bleibt verschlossen
Von Marco Pacione
„Der Platz. Der ist richtig geil", antwortet Maximilian Decker auf die Frage, was ihm denn an der Stadionführung beim 1. FC Kaiserslautern am besten gefallen hat. Der Zwölfjährige war zusammen mit 39 weiteren Mitgliedern seines Vereins TuS/DJK Pirmasens aufgebrochen, um Deutschlands höchsten Fußballberg, das Fritz-Walter-Stadion, zu erkunden und vielleicht ein paar Dinge zu entdecken, die dem normalen Tribünenzuschauer verborgen bleiben.
„Wir machen das, damit unsere Jugendabteilung auch mal etwas anderes sieht als nur den eigenen Fußball", erklärt der Organisator Jürgen Rock vom TuS/DJK und freut sich, dass nicht nur Jugendspieler, sondern auch der Vorstand, Eltern, Betreuer und Spieler der ersten Mannschaft den Weg in die Barbarossa-Stadt angetreten haben. Mit dem Zug geht es am Morgen von Pirmasens in Richtung Kaiserslautern und bereits am Bahnhof wird klar, dass nicht nur FCK-Fans mit dabei sind. Der Neunjährige Tom Woll muss sich gegenüber einigen Bayern-Anhängern behaupten: „Ich bin doch aber gar kein Lautern-Fan", entgegnet er seinen verdutzt dreinschauenden Freunden. Denn Tom ist inkognito unterwegs - in Trikot, Schal und Mütze der Roten Teufel.
Angekommen in Kaiserslautern machen sich die TuS-Spieler auf einen beschwerlichen Fußmarsch zum Stadion. Dabei kommen sie an den Figuren der berühmten Walter-Elf vorbei. „Die Spieler sehen aber dick aus in diesen Trikots", spottet jemand angesichts der eng anliegenden Sporthemden der Mannschaft, die 1951 und 1953 die deutsche Meisterschaft erringen konnte und mit fünf Spielern einen Großteil der deutschen Nationalmannschaft stellte, die durch das „Wunder von Bern" Fußballweltmeister 1954 wurde.
Die Wartezeit bis zum Beginn der Stadiontour wird durch genaue Beobachtung des Trainings der ersten Mannschaft verkürzt. Die Stars der Truppe sind allerdings nicht mit an Bord. Nach dem verlorenen Heimspiel gegen die Eintracht aus Frankfurt sind die Spieler der ersten Garnitur bei den Physiotherapeuten. Einzig Srdan Lakic dreht einsam seine Runden im Fritz-Walter-Stadion. Ob es eine Strafe für seinen verschossenen Elfer gegen Frankfurt ist, bleibt unbekannt. Nach dem Training werden alle Autogramm- und Fotowünsche erfüllt. Jeder noch so unbekannte Ersatzspieler darf sich auf den mitgebrachten Trikots oder Autogrammheften verewigen. Die mitgereisten Frauen haben dagegen nur Augen für die Torleute. Auch wenn Frauenschwarm Tobias Sippel nicht anwesend ist, sorgen die beiden Ersatzkeeper Kevin Trapp und Marco Knaller für höher schlagende Herzen.
Die Führung selbst leitet Kevin, ein Student, der für die Presseabteilung des FCK arbeitet und früher selbst begeisterter Westkurvengänger war. Er führt die TuS als erstes in den Pressekonferenzraum und erläutert, was die jungen Kicker und ihre Begleiter in den nächsten beiden Stunden sehen werden. Leider gibt es auch Einschränkungen: „Die Kabine können wir leider nicht besichtigen. Wir haben schlechte Erfahrungen gemacht, weil bei vielen Führungen dort etwas gestohlen wurde', erklärt er und zeigt stattdessen einen Film über das Allerheiligste des Betzenbergs.
Als nächstes geht es auf den Platz und an die Trainerbänke. Der Zwölfjährige Peter Völker versinkt in den Luxussitzen auf der Ersatzbank. „Die sind mal richtig bequem", stellt er fest. Das nächste Ziel ist der VIP-Bereich, den es in drei verschiedenen Versionen und Preisklassen gibt. „Der normale VIP-Bereich kostet knapp 4000 Euro im Jahr, dann gibt es noch die Firmenloge in der Glasfassade in einer Ecke des Stadions. Die kostet ungefähr das zehnfache", berichtet Tourführer Kevin aus der Preisliste des Bundesligisten.
Am meisten blasen die TuS-Spieler aber die Backen auf bei der privaten Firmenloge. Hier haben 14 Personen Platz und bekommen alles gebracht, was das Herz begehrt. Zu einem saftigen Preis versteht sich: 77.000 Euro im Jahr sind da fällig. „Das ist für den Otto-Normal-Verbraucher nicht zugänglich. Erstens wegen des Preises, zweitens sind die Logen für Jahre ausgebucht", sagt Kevin. Mit diesem Betrag sei man auf dem Betze aber noch günstig. In der Allianz-Arena in München koste etwas Vergleichbares knapp 250.000 Euro.
Nach der Tour ist noch ein Besuch im Fan-Shop angesagt, wo sich die Besucher noch mit dem ein oder anderen Accessoir der Roten Teufel eingedecken. Auch Tom Woll, wohlgemerkt nach eigenen Aussagen kein „Lautrer", hat jetzt einen Fanartikel mehr. Beim Neunjährigen Leon Reinhardt geht das Ganze noch einen Schritt weiter: „Ich bin jetzt auch ein Lautern-Fan", gesteht der Bayern-Anhänger seinem Opa. Alle Anwesenden und Organisator Jürgen Rock sind mit dem Tag zufrieden. Rock sogar so sehr, dass ihm schon ein weiteres Projekt im Kopf herumspukt: „In den Osterferien wollen wir eventuell in die Allianz-Arena." Ob dort auch die Leute vom FCK zu Bayern konvertieren, muss sich herausstellen. Aber wer ein richtiger Lautrer ist, tut das natürlich nicht.
Quelle: DIE RHEINPFALZ
Publikation: Pirmasenser Rundschau