Sonntag, 2. Januar 2011 "Die große Pfälzer Klammer" (Die Rheinpfalz)

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    Der FCK hält die Region zusammen. Als Kinder waren sie Fans der Roten Teufel und fieberten in der Westkurve mit - heute steht der Kaiserslauterer Mathias Abel selbst als Profi des 1. FC Kaiserslautern auf dem Platz und die Weselbergerin Nadine Keßler gehört beim Frauen-Bundesliga-Topteam Turbine Potsdam zu den Leistungsträgerinnen. Ein Gespräch mit zwei bodenständigen und heimatverbundenen Menschen. Von Christine Kamm


    Frau Keßler, mit wie viel Jahren hat Ihre Betzenberg-Karriere begonnen?


    Als Kind bin ich zum ersten Mal in Block 8 gewesen, so lange es ging, bis 15 etwa, hatte ich auch eine Dauerkarte für die Westkurve.


    Haben Sie da auch schon selbst Fußball gespielt?


    Ja, mein halbes Leben mit den Jungs. Als ich dann in eine Frauenmannschaft wechseln musste, war es nicht mehr möglich, auf den Betzenberg zu fahren.


    Auf welcher Position?


    Zentrales Mittelfeld ist eigentlich meine Position.


    Im Moment spielen Sie in einer sehr offensiv ausgerichteten Mannschaft aber eher ganz vorne, oder?


    Ja, wir spielen 3-4-3. Ich bin die dritte Spitze, allerdings mit der Option, dass ich mich auch fallen lassen und hinter den Spitzen agieren kann. Wir sollen möglichst viel tauschen und variieren. Unser Trainer Bernd Schröder will nichts Statisches. Das langfristige Konzept ist es aber ein 3-5-2 zu spielen mit einer hängenden Spitze. Das ist auch eher meins als ganz vorne.


    Hatten Sie einen Lieblingsspieler in der Kindheit?


    Ja, das war Pavel Kuka.


    Wer waren früher Ihre Idole, Herr Abel?


    So richtige Idole hatte ich eigentlich nicht. Wer mir sehr gut gefallen hat, das waren Miroslav Kadlec, Ciriaco Sforza, Olaf Marschall oder auch Stefan Kuntz. Das waren schon herausragende Spieler beim FCK.


    Und von wem war das erste Trikot?


    Ich glaube, es war das von Wolfram Wuttke - oder von Hartmann. Es war ein weinrotes Trikot, ich glaube, von Erima, jedenfalls auch sehr nostalgisch.


    Sie haben beide Trainer, bei denen der Offensivfußball großgeschrieben wird. Ist es für Marco Kurz und den FCK die einzige Chance, den Klassenverbleib zu sichern?


    Wir versuchen schon, nach vorne zu spielen. Ich glaube aber, dass unser Hauptaugenmerk ist, dass wir defensiv gut stehen, hinten keinen bekommen und dann erst nach vorne gut spielen. Gegen die meisten Mannschaften kann man nur mit Defensivfußball nicht bestehen, weil man irgendwann doch einen kassiert und die individuelle Stärke in den Teams sehr hoch ist. Wir haben da aber meines Erachtens eine ganz gute Entwicklung genommen. In den letzten Spielen haben wir immer mal das erste Tor gemacht und den Gegner dann unter Druck gesetzt und immer weiter nach vorne gespielt, um ein gutes Ergebnis zu erzielen.


    21 Punkte sind ja auch mehr als in Ordnung, fußballerisch hat die Mannschaft ja aber auch überzeugt. Ist das die Handschrift von Marco Kurz? Kann das Team umsetzen, was er predigt?


    Ja, natürlich. Wir versuchen schon immer eine kämpferische Basis zu haben, aber auch fußballerisch dazu beizutragen, dass wir den Ball nach vorne spielen und auch Kombinationsfußball mit unseren spielstarken Spielern bieten, die wir ja auch in unseren Reihen haben. Das ist uns bis auf zwei, drei Spiele, glaube ich, in jedem Spiel gelungen. Wir haben da schon rübergebracht, was der Trainer fordert - und was wir auch selbst wollen. Mit den 21 Punkten können wir zufrieden sein. Das ist eine gute Ausbeute. Wenn man sagt, man braucht 40 Punkte, dann haben wir schon mal die Hälfte. Wir haben einen super zwölften Tabellenplatz. Wenn wir da am Schluss noch stehen, sind wir alle mehr als glücklich.


    Ist Tabellenführer Dortmund für Sie eine Überraschung. Sie kennen Trainer Jürgen Klopp sehr gut aus der gemeinsamen Zeit in Mainz?


    Nein, das ist keine Überraschung für mich. Als wir dort waren, waren sie bärenstark. Es ist eine klasse, junge Mannschaft, die Gas gibt, nach vorne spielt und einen tollen Offensivfußball spielt. In der Rückrunde wird sich zeigen, ob sie das Durchhaltevermögen haben dem Druck standzuhalten, wenn die Bayern wieder stärker werden.


    Die Vorzeichen für Potsdam in der Frauen-Fußball-Bundesliga sind andere. Ein, zwei Jahre lang haben die Turbinen in der Liga das Sagen gehabt, jetzt in Frankfurt aber wieder einen großen Konkurrenten ...


    Es läuft nicht mehr ganz so gut wie in der vergangenen Saison. Da war die Liga, glaube ich, etwas überrumpelt von unserer Stärke. Wir haben sie total dominiert. Wir hatten aber selbst nicht damit gerechnet. Es hat einfach alles gepasst. Alles war neu. Es ist aber logisch, dass sich andere Mannschaften darauf einstellen. Und das zweite Jahr ist ja nie so einfach wie das erste. Dann kommt auch mal die Zeit, in der es mannschaftlich nicht so einfach ist, es nicht mehr ganz so läuft. Der FFC Frankfurt ist zurzeit absolut konstant und spielt einen sehr attraktiven Fußball. Sie haben auch verdient gegen uns gewonnen.


    Aber das Top-Spiel hätte auch 4:1 statt 1:4 ausgehen können ...


    Ja, das stimmt. Zur Pause hätten wir eigentlich 3:1 führen müssen, es stand aber nur 1:1. In der vergangenen Saison sind die Dinger noch alle reingegangen. Wir sind aber immer noch in allen Wettbewerben und die Saison kann immer noch genauso erfolgreich werden. Die Mannschaft redet auch in der Meisterschaft noch ein Wort mit. Das Potenzial hat sie. Es ist leider so, dass es nur drei, vier Teams gibt, die auf einem Niveau agieren. Wir müssen auf einen Ausrutscher von Frankfurt hoffen.


    Kostet die Champions League Kraft, die in der Meisterschaft fehlt?


    Als wir beispielsweise in Österreich gespielt haben, war die Reise reinste Strapaze. Wir sind zwölf Stunden lang mit dem Bus durch Tschechien gefahren und zwölf Stunden mit dem Bus wieder zurück. Du bist dann von dienstags bis donnerstags weg, kannst nicht trainieren. Wir hatten jetzt bestimmt schon wieder fünf, sechs englische Wochen, spielen immer Mittwoch, Sonntag, Mittwoch, Sonntag. Das war in der vergangenen Saison auch schon so. Das schlaucht schon. Körperlich verträgt man es fast besser als psychisch. Wenn man so viel spielt, ist manchmal ein bisschen die Luft raus.


    Wie sehen Sie die Entwicklung von Lautern?


    Darüber bin ich sehr glücklich. Ich schaue mir die Spiele regelmäßig an, versuche auch mal bei einem Spiel zu sein, wenn es möglich ist. Ich hatte auch Karten für das Koblenz-Spiel. Es hat sich was getan. Als Kind habe ich schon sehr gelitten, als es bergab ging.


    Es gibt eine U15-Junioren-Nationalspielerin aus der Pfalz. Was würden Sie ihr für die Karriereplanung raten?


    Da gibt es kein Patentrezept. Am allermeisten würde ich ihr empfehlen so lange wie möglich bei den Männern zu spielen. Da wird sie den größten sportlichen Erfolg haben. Man muss meines Erachtens nicht gleich zu einem Spitzenverein. Das kann für ein junges Mädel auch mal in die Hose gehen. Da kann man auch mal in ein Loch fallen, wenn man nicht so gefordert ist und nicht so die Position hat. Ich habe versucht, alles Schritt für Schritt zu machen. Das ist für den Kopf und die normale Entwicklung vielleicht auch am besten.


    Wie sehen Sie den Verlauf ihrer Karriere, Herr Abel?


    Das mit meiner Karriereplanung war so eine Sache. Ich habe, als ich in Mainz war, bei Schalke früh unterschrieben, obwohl ich noch ein Jahr Vertrag hatte. Ich wollte eigentlich von Mainz weg, aber der Verein hat mich nicht weggelassen, Kloppo hat mich nicht gehen lassen. Und im nächsten Jahr war der Trainer nicht mehr da, der mich geholt hatte und der Manager auch nicht. Und so verändert sich alles im Fußball. Es waren dann andere Leute da, die nicht so sehr auf mich gebaut haben. Dann kamen Verletzungen dazu. Wenn das eine zum anderen kommt, muss man sich eben neu orientieren. Klar ist es im Nachhinein immer leicht zu sagen, hätte ich dies oder hätte ich jenes gemacht. Es wäre vielleicht sinnvoller gewesen, wenn ich mich damals für einen anderen Verein entschieden hätte. Ich bin trotz allem glücklich, dass alles ist wie es ist und dass ich Fußballspielen kann.


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    „Es ist noch keiner vom Ball erschossen worden!"

    - Gerry Ehrmann -

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  • Quelle: DIE RHEINPFALZ
    Publikation: Ludwigshafener Rundschau

    „Es ist noch keiner vom Ball erschossen worden!"

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