ZitatAlles anzeigenDie Macht von ARD und ZDF
Neues aus der REDAKTION: Wie das öffentlich-rechtliche Fernsehen mit Gebühren private Medien ausbootet
Liebe Leserinnen und Leser,
ja, ich bin noch Fußball-Fan. Über den grandiosen Sieg von Schalke 04 gegen Inter Mailand habe ich mich gefreut, noch mehr über den 4:2-Erfolg des 1. FC Kaiserslautern beim VFB Stuttgart. Aber - ehrlich gesagt - fällt es mir auch immer schwerer, diesen ganzen Fußballzirkus mit den wahnsinnigen Ablösesummen für Spieler, mit den über drei Spieltage verteilten Bundesligarunden und mit den späten Anspielzeiten in den Europapokalen und bei den Nationalmannschaften noch mitzumachen. Geld regiert die Fußballwelt in einem Maße, dass es einem diese schönste Nebensache der Welt schon vergällen kann.
Die ARD zahlt sage und schreibe 100 Millionen Euro für die Erstsenderechte an der Bundesliga! Das ZDF hat sich jetzt für 54 Millionen Euro pro Saison die Übertragungsrechte für die Champions League bis 2015 gesichert. Der Privatsender Sat.1 hat dafür bisher 40 Millionen Euro pro Saison an den Europäischen Fußballverband Uefa bezahlt. Beim Bieterwettstreit um die Übertragungsrechte ab 2012 konnte Sat.1 gegen das gebührenfinanzierte ZDF nicht mehr mithalten.
RHEINPFALZ- Chefredakteur Michael Garthe
Das Zweite Deutsche Fernsehen wird uns dafür ab 2012 schier endloslange Champions League-Spielabende präsentieren. Ab 2013 gilt der neue Rundfunkstaatsvertrag. Der verbietet Werbung nach 20 Uhr weitgehend. Ab dann können Krombacher und die anderen nicht mehr so einfach ein Fußballspiel im Fernsehen präsentieren. Die geldgierige Uefa verkauft allerdings solche Werbung mit den Übertragungsrechten gleich mit. Deshalb wird das ZDF seine Übertragungen von Champions League-Spielen ab 2013 schon zeitig vor 20 Uhr, nämlich um 19.25 Uhr, beginnen. Da ist die Werbung noch erlaubt. Dann wird die TV-Berichterstattung über ein Spiel also deutlich länger dauern als das Spiel selbst.
Meines Erachtens läuft da etwas aus dem Ruder. Mich erinnert das millionenschwere Gefeilsche um Fußball-Übertragungsrechte an das maßlose, egoistische Gebaren in der Finanzwelt, das 2009 in die Weltfinanzkrise führte. Die Fifa, die Uefa, der DFB und die Deutsche Fußball Liga benehmen sich, als seien sie das Wichtigste der Welt und haben jedes Maß verloren. ARD und ZDF machen mit dem Geld der Gebührenzahler diese ganze Überdrehung mit. Sie zahlen Unsummen und dulden, dass Fußballspiele im Fernsehen kein Familienerlebnis mehr sind. Denn welche Eltern können guten Gewissens ihre schulpflichtigen Kinder unter der Woche Fußballspiele im Fernsehen verfolgen lassen, die erst um 20.45 Uhr beginnen?
Wir Zeitungsleute sind die Dummen in diesem Geschäft. Wir beklagen zwar die Fehlentwicklungen, müssen aber selbstverständlich auf den Fernsehseiten alle Fußballübertragungen ankündigen und auf den Sportseiten ausführlich über die Spiele berichten. Das noch aktuell zu schaffen, geht bei Anpfiffzeiten um 20.45 Uhr nur mit einer Riesenanstrengung unserer Sportredakteure und unserer Drucker. Das Fernsehen hätte seinen Siegeszug nie so antreten können, wenn nicht die Zeitungen Tag für Tag auf ihren TV-Seiten und in ihren wöchentlichen TV-Beilagen das Programmangebot bekanntmachen würden. Die Zeitungen machen das als Leserservice und ganz kostenlos für die Fernsehsender.
Aber haben Sie, liebe Leserinnen und Leser, jemals im Fernsehen eine Werbung der TV-Sender für das Medium Tageszeitung gesehen?
Herzliche Grüße
Quelle: DIE RHEINPFALZ
Publikation: Pfälzische Volkszeitung