ZitatAlles anzeigenSeit 2009 koordiniert die TU Kaiserslautern ein Projekt, bei dem die Evakuierung des Fritz-Walter-Stadions am Rechner simuliert wird. Beim Spiel des FCK am Samstag gegen Nürnberg wurde überprüft, ob die theoretischen Ergebnisse mit der Praxis übereinstimmen - per Handy von Stadionbesuchern.
Das Projekt heißt „Regionale Evakuierung: Planung, Kontrolle und Anpassung (Repka)”. Mit Computer-Simulationen am Beispiel eines mit 50.000 Besuchern besetzten Fritz-Walter-Stadions wurden Methoden entwickelt, mit denen realitätsnahe Evakuierungspläne für den Notfall entworfen werden können. Dabei wurde die Topografie in der Umgebung des Stadions in den Computer eingegeben. Straßen, Straßenbreiten, Kreuzungen und Hindernisse seien digital erfasst, erklärt Juniorprofessor Stefan Ruzika vom Fachbereich Mathematik.
Ziel des Projektes ist es nach seinen Worten, Organisatoren von Großveranstaltungen zu assistieren. Dabei stehe weniger das Entwerfen von exakten Fluchtwegen im Vordergrund, denn dies sei schwer umzusetzen. „Wer nach dem Spiel immer die Malzstraße hinunterläuft, wird das auch im Notfall tun”, sagt der Mathematiker. Vielmehr gehe es darum, die Anfahrts- und Abfahrtswege optimal zu organisieren.
Beispielsweise werde am Computer ausgerechnet, wie sich das Freihalten einer Trasse für Rettungkräfte auswirkt, sagt Ruzika. Die frei gehaltene Straße wird dann im Rechner eliminiert, virtuell müssen die Besucher beim Verlassen des Stadions andere Wege nehmen. Der Computer zeigt an, wenn dadurch eine Straße durch Besuchermassen überlastet ist; sie wird am Bildschirm von grün zu rot. Ein weiterer Aspekt ist die Standortplanung. Dabei geht es um die Frage, wo Einsatzfahrzeuge abgestellt werden, ohne dass sie die Massen bei einer Evakuierung behindern. Oder um die Platzierung eines Fanartikelstandes. Der Computer wählt den Standort so, dass er Fans beim Abmarsch nicht behindert.
Virtuelle Pläne für den Evakuierungsfall: Stefan Ruzika am Rechner im Fachbereich Mathematik der TU.
All diese Szenarien wurden am Rechner bereits durchgespielt. Am Samstag folgte nun der Test, ob die Annahmen und Ergebnisse der Realität standhalten. Ist die angenommene Geschwindigkeit, mit der sich Stadionbesucher bewegen, realistisch, wie schnell gehen Besuchergruppen? Das waren Fragen, denen die Mathematiker nachgingen. Voraussetzung für Teilnehmer: Sie mussten in Besitz eines so genannten Smartphones, eines Handys mit GPS sein. Durch Aufrufe, Werbung im Stadionmagazin und auf der Homepage des FCK sowie Veröffentlichungen warb die TU um Teilnehmer. Diese konnten die Software auf ihr Handy laden, mussten dann einige Fragen beantworten, beispielsweise ob sie allein oder in einer Gruppe unterwegs sind, und nach dem Spiel das Programm aktivieren. Etwa ein Kilometer Wegstrecke nach dem Verlassen des Stadions wurde aufgezeichnet und direkt vom Handy verschickt. In den nächsten Tagen werden die Daten analysiert. „Wir müssen auf 100 Teilnehmer kommen, damit die Ergebnisse aussagekräftig sind”, erklärt der Mathematiker.
Irgendwann kann theoretisch das Handy für Fans auch zum Empfänger im Notfall werden. Bei einer Evakuierung könnten Infos der Einsatzleitstelle aufs Handy kommen und Stadionbesuchern mitteilen, welcher Fluchtweg eingeschlagen werden soll. „Aber das ist reine Zukunftsmusik”, sagt Ruzika.
Quelle: DIE RHEINPFALZ
Publikation: Pfälzische Volkszeitung