ZitatAlles anzeigenInterview: Bahn-Sicherheitschef Neubeck verspricht mehr Personal in Zügen und an Bahnhöfen der Pfalz
Bahnhöfe und Züge in der Pfalz sind selten Schauplatz spektakulärer Verbrechen. Vor allem abends fühlen sich Bahnfahrgäste aber auch hier oft unwohl. Im Gespräch mit Eckhard Buddruss erläutert Gerd Neubeck, der Chef der Konzernsicherheit der Deutschen Bahn (DB), was die DB in diesem Bereich tun will.
Herr Neubeck, obwohl es in der Pfalz bisher kaum so dramatische Vorfälle an Bahnhöfen wie in München oder kürzlich in Rostock gegeben hat, fühlen sich auch hier viele Bahnkunden vor allem abends oft mulmig an Bahnhöfen oder in Zügen. Was wollen Sie unternehmen, um die Sicherheit zu verbessern?
Wir stellen uns dem Problem und ergreifen eine Reihe konkreter Maßnahmen, auch wenn die Statistik zeigt, dass die Sicherheitslage im Bahnbereich viel besser ist als ihr Ruf und auf jeden Fall deutlich besser als sonst im öffentlichen Raum.
Wie sehen diese Daten für Rheinland-Pfalz aus?
Dazu müssen wir den öffentlichen Raum mit der Bahn vergleichen. In ganz Rheinland-Pfalz gab es 2010 279.862 Straftaten, darunter 29.193 Körperverletzungen. Pro 100.000 Einwohner waren es 6974 Straftaten - dieser Wert ist übrigens besser als der Bundesdurchschnitt von 7253. Zur Bahn: Hier waren es in Rheinland-Pfalz weniger als 20 Straftaten pro 100.000 Reisende. In absoluten Zahlen: 27.954 Straftaten, hauptsächlich Schwarzfahrer, 435 Körperverletzungen, zwei Drittel im Zusammenhang mit Großveranstaltungen, insbesondere Fußballspielen. Allein die Stadt Ludwigshafen hat 2010 knapp 8000 Handgreiflichkeiten zu verzeichnen. Obwohl die Gefahr, als Bahnkunde Opfer einer Straftat zu werden, also objektiv sehr gering ist, wollen wir das Sicherheitsgefühl der Reisenden verbessern - vor allem durch mehr Personal.
Was heißt das konkret?
In unserem Bereich Mitte Südwest, der die Bundesländer Rheinland-Pfalz, Saarland, Baden-Württemberg und Hessen umfasst, wird die Zahl der Sicherheitsmitarbeiter in diesem Jahr von 531 auf 592 aufgestockt. Die Einsatzstunden für Sicherheitskräfte in Rheinland-Pfalz werden sogar mehr als verdoppelt - von 42.000 im vergangenen Jahr auf 90.400 in diesem. Auf mehreren Pfälzer Bahnlinien in der Westpfalz und der Südpfalz fahren nun ab 19 Uhr in allen Zügen Zugbegleiter mit.
Letzteres hat die Bahn allerdings nicht freiwillig gemacht.
Richtig, das wurde bei der Ausschreibung des Betriebs im West- und Südpfalznetz vom Nahverkehrsaufgabenträger vorgeschrieben. Aber wir halten es für eine sehr gute Maßnahme, wenn bei einer Ausschreibung derartige Vorgaben gemacht werden. Aus eigenem Antrieb kann ein Unternehmen das in einem Wettbewerbsverfahren kaum tun. Anders ist es, wenn alle Wettbewerber diesen Kostenfaktor einkalkulieren müssen. Ich begrüße das also ausdrücklich.
In der Pfalz wird die Videoüberwachung teilweise sehr kontrovers diskutiert. Wie ist Ihre Position?
Wir sehen das sehr differenziert. Straftäter, die rational agieren, lassen sich von einer Videoüberwachung vielleicht abschrecken, eine Kamera ist ja wie ein Augenzeuge. Anders ist das beispielsweise bei betrunkenen Tätern, die auf Streit aus sind und ihr Verhalten nicht mehr rational steuern. Da gibt es kaum noch einen Abschreckungseffekt, aber Videoaufzeichnungen können immerhin bei der Aufklärung der Tat eine wertvolle Rolle spielen. Ihren größten Nutzen haben Videokameras dann, wenn es Personal gibt, das sie permanent überwacht und gleich eingreifen kann.
Wir setzen aber lieber unser zusätzliches Personal direkt auf den Bahnhöfen und in Zügen ein als hinter Monitoren. Sicherheitskräfte können eingreifen, eine Kamera nur beobachten.
Fußballspiele sind für Sie sicher auch in der Pfalz weiterhin eines der größten Probleme?
Ja, einen spektakulären Zwischenfall zwar nicht in der Pfalz, aber sozusagen mit Pfälzer Beteiligung gab es zuletzt, als Fußballfans in einem Zusatzzug aus Kaiserslautern bei einem Auswärtsspiel in Frankfurt in eine Schlägerei gerieten. Im Vergleich zu anderen Vereinen gelten die Fans der beiden rheinland-pfälzischen Erstligisten Mainz 05 und 1. FC Kaiserslautern allerdings als relativ friedlich. Sie stellen abgesehen von einigen Ausnahmen kein problematisches Gewaltpotenzial dar.
Quelle: DIE RHEINPFALZ
Publikation: Ludwigshafener Rundschau