ZitatAlles anzeigenDas geht gar nicht! Arroganz ist völlig fehl am Platze. Eher Respekt. Auf jeden Fall Respekt. Zum ersten Mal misst sich der SVS 1916 e. V. aus der 14.500-Einwohner-Gemeinde Sandhausen bei Heidelberg heute in einem Pflichtspiel mit dem viermaligen deutschen Fußball-Meister 1. FC Kaiserslautern. Trainer Gerd Dais, der Meistermacher des SVS, ist ein sympathischer, angenehm bodenständiger Vertreter seiner Zunft und ein großer Freund ehrlicher, offener Worte.
„Vor zwei, drei Jahren hat hier noch niemand einen Gedanken daran verschwendet, einmal mit einem solchen Traditionsverein in einer Klasse zu spielen. Vor einem Jahr in der Vorbereitung haben wir noch ein Entgelt bezahlt, damit sie bei uns gespielt haben.” Das hat Dais am Mittwoch meinem Kollegen Horst Konzok gesagt.
Nun haben es Dais, seine Spieler und ein kleines Häuflein anderer tatkräftiger Idealisten geschafft. Zweite Fußball-Bundesliga. Auftritte in den WM-Stadien in Kaiserslautern, Köln, Berlin und München. Rund 28.000 Zuschauer werden es heute Abend auf dem berühmt-berüchtigten „Betze” sein. Eine tolle Zweitliga-Atmosphäre, zumal für eine wackere Gastmannschaft, die sich riesig auf diesen Abend freut.
Die Partie bei den Lauterern, die auf ihre 18.000 Mitglieder genauso stolz sind wie die Sandhausener auf ihre 700, werden zehnmal soviel Fans live im Stadion erleben wie den jüngsten Heimsieg des SVS. Das 1:0 der Sandhausener gegen Mitaufsteiger VfR Aalen sahen 2800 Zuschauer im idyllischen Hardtwaldstadion, wo derzeit geschafft, getan und gewerkelt wird. Siggi Müller, der umtriebige Pressesprecher, der auch uns jede Woche mit vielen, vielen DIN-A4-Seiten füttert, teilt mit, dass nächste Woche die VIP-Räume und die ebenfalls kräftig Geld bringenden Logen im Hardtwaldstadion eingeweiht werden. Die Strukturen wachsen mit den Zielen.
Der SVS hat sich nach oben gearbeitet. Mit heißen Herzen. Sechsmal wurde man zwischen 1981 und 2007 Meister der Oberliga Baden-Württemberg. Im Sommer 2012 der größte Coup: Drittliga-Titel und Zweitliga-Aufstieg. Auch dank der großzügigen Unterstützung des rührigen SVS-Präsidenten und Unternehmers Jürgen Machmeier (bitte nicht verwechseln mit Carsten Maschmeyer; Hannover und so). Machmeier ist in der Immobilien- und Energie-Branche aktiv und war früher selbst Fußballer.
Auch mit seiner Hilfe konnte Sandhausen einen vernünftigen Zweitliga-Etat aufstellen. Andrew Wooten, vom FCK an den SVS ausgeliehen, spielt heute auf dem „Betze” Flügelstürmer. Seine ehemaligen Kollegen sind gewarnt. Keine Arroganz. Respekt. Sonst jubelt der SVS 1916 e. V. heute schon wieder. Oliver Sperk
DIE RHEINPFALZ
Pfälzische Volkszeitung