ZitatAlles anzeigenLeer sind die Straßen, wenn der 1. FC Kaiserslautern ein Spiel austrägt. Fußball schauen gehört in Kaiserslautern einfach dazu, ob im Stadion oder in der Kneipe. „Marktplatz Kaiserslautern“ hat sich beim Spiel gegen den SC Paderborn umgeschaut und auch das Betze-Café Graue Teufel im Wohn- und Pflegeheim Kessler-Handorn besucht.
Von Lars-Henrik Wacker
11:45 Uhr: Es ist kühl, ein unangenehmer Wind weht durch Kaiserslautern und der Himmel ist bedeckt. Wahrscheinlich ist das Wetter immer noch verärgert über zwei verschenkte Punkte beim 1:1-Remis im Auswärtsspiel gegen Erzgebirge Aue. Überall in Kaiserslautern sind Menschen mit Fanschals und FCK-Trikots unterwegs in Richtung Stadion.
Eilig passieren sie die Kreuzung Logenstraße/Eisenbahnstraße. Fußballschauen gehört in Kaiserslautern dazu. Warum macht das Fußballschauen hier so viel Spaß? „Weil der Betzenberg beim Heimspiel der Roten Teufel bebt und der FCK eine geile Mannschaft ist“, sagt Thomas Heintz aus Frankenthal über die Stimmung im Stadion, wohin er unterwegs ist.
Auch die beiden Landauer Shaline Dincher und Jonas Klasen zieht es immer wieder ins Fußballstadion: „Wir sind FCK-Fans und immer dabei. Die Stimmung und das Gemeinschaftsgefühl sind im Stadion ganz besonders. Dort erlebt man das Spiel viel intensiver, als vor dem Fernsehen.“ Insgesamt ist der Optimismus vor der Partie gegen den SC Paderborn sehr groß. Die Fans rechnen fest mit einem Heimsieg.
12:30 Uhr: Noch eine halbe Stunde bis Spielbeginn und so langsam steigt das Fußballfieber. Bis auf den letzten Platz gefüllt ist die Fußballkneipe Fantreff zum zwölften Mann am Bahnhof. Die Kneipe in der Richard-Wagner-Straße am Hauptbahnhof genießt ein hohes Ansehen bei den Fans, auch weil sie mit viel Liebe zum Detail geschmückt ist – von FCK-Trikots über Autogrammkarten bis zu Fanschals ist alles dabei, was das Fußballherz begehrt. Doch schlagartig leert sich der Laden – die meisten Besucher haben Tickets für das Stadion und sind nur auf ein Bier vor Spielbeginn vorbeigekommen.
So sind beim Anpfiff nur etwas mehr als eine Hand voll Gäste in der Kneipe, zumeist Stammpublikum wie Walter Becker aus Kaiserslautern, der jedes Wochenende die Spiele des FCK hier verfolgt: „Ich gehe gerne in die Kneipe, da werde ich sehr freundlich bedient und ich muss mich nicht überall anstellen, wie im Stadion.“
Fußball schauen in Kaiserslautern ist seiner Meinung nach wegen der großen Tradition des Vereins so besonders. Mehrere Kneipenbesucher betonen, ihnen seien die Eintrittspreise zu hoch.
Doch viele nehmen für ein Spiel auf dem Betzenberg einiges auf sich, wie Doris Schmitt aus Kaiserslautern erzählt: „Meine Freundin aus Stuttgart kommt alle zwei Wochen nach Kaiserslautern, nur um sich ein Heimspiel der Roten Teufel anzusehen, egal wie die Mannschaft spielt.“ Selbst einen Fan aus Finnland kennt sie, der die weite Anreise zu diesem Spiel seines Lieblingsvereins auf sich genommen hat.
13:15 Uhr: Dem 1. FCK die Daumen gedrückt wird auch im Betze-Café Graue Teufel im Wohn- und Pflegeheim Kessler-Handorn. Seit Beginn der Saision 2012/2013 können die Senioren Samstags- und Sonntagsspiele der Roten Teufel zusammen mit den Betreuern sowie ihren Angehörigen im Foyer verfolgen. Zwölf Senioren sind heute unter FCK-Banner versammelt.
Eher verhalten ist der Jubel, als Mitchell Weiser den FCK mit dem 1:0 in Führung schießt. Daniela Auer, die sich ehrenamtlich um die Senioren während der Live-Übertragung kümmert, meint: „Mein Eindruck ist, dass die Bewohner eher zurückhaltend sind in ihren Reaktionen. Dennoch versuchen wir die Stimmung und die Lebendigkeit von uns auf die Senioren zu übertragen.“
Noch ist unklar, wer das Tippspiel mit dem richtigen Ergebnis gewinnen wird. „Ich wäre schon gerne, wie früher, ins Stadion gegangen“, sagt Bewohner Dieter Reich, der regelmäßig bei den Fußballübertragungen dabei ist.
14:10 Uhr: Die Straßen rund um den Bahnhof sind wie leergefegt, es hat angefangen zu regnen. Da schallt lauter Jubel vom Betzenberg herunter – 2:0 für den FCK durch Mohamadou Idrissou.
14:50 Uhr: Das Spiel ist zu Ende, der FCK hat einen 3:0-Heimsieg eingefahren und die Fans machen sich zufrieden im frierenden Tross auf gen Bahnhof und Innenstadt. „Die Stimmung im Stadion war gut. Klar hätte man sich noch ein bisschen mehr erwartet. Dennoch hat das Fußballschauen im Stadion heute Spaß gemacht“, ist das Fazit von Stefan Rolletschke, der aus Kaiserslautern stammt, aber zu den Spielen extra aus Bonn angereist kommt – auf ein Wiedersehen in der Heimat.
-------
Zur Sache: Organisierte FCK-Fans
Beim 1. FC Kaiserslautern gibt es den hauptamtlichen Fanbeauftragten Christoph Schneller, der von Sabrina Tröller und Timo Schneble unterstützt wird. Dazu kommen viele ehrenamtlich engagierte Fans: die gewählten Fanvertreter, ein Behindertenbeauftragter und aus den Fan-Clubs gewählte Fanbeiräte.
Außerdem kümmert sich das sozialpädagogische Fanprojekt der Arbeiterwohlfahrt besonders um junge Fans und will zusammen mit der Agentur für Arbeit Jobperspektiven eröffnen.
Zweimal jährlich findet eine Fanversammlung statt, wo alle zwei Jahre von Dauerkarteninhabern, Vereinsmitgliedern und Fanclubs die vier Fanvertreter gewählt werden. Sie sollen als Bindeglied zwischen dem Verein, den Fanregionen und den Fans fungieren, arbeiten mit den Fanbeauftragten zusammen und sind bei der Organisation von Veranstaltungen beteiligt. Sowohl bei Heim- als auch bei Auswärtsspielen arbeiten sie mit, etwa in der Fanbude oder als Organisatoren von und Ansprechpartner in Sonderzügen.
Der Fanvertretung gehören außer den vier in der Versammlung gewählten Vertretern noch der Behindertenbeauftragte sowie der Sprecher der Regionsvorsitzenden an. Die werden in den zehn Fanregionen von den dortigen FCK-Fanclubs – nach der neuesten Erhebung gibt es 360 – gewählt.
Die Regionen sind: Kaiserslautern/Sickinger Höhe, Kusel, Lautre, Ludwigshafen/Neustadt/Bergstraße, Nahe/Hunsrück/Mosel, Rheinhessen/Pfalz, Saarland/Luxemburg, Südpfalz, Südwestpfalz und Überregional. So gibt es zehn erste Vorsitzende der Regionen, die wiederum den Fanbeirat bilden.
-------
Gewinnspiel: Mythos Betzenberg
Der 1. FCK hat ein Gewinnspiel für seine Fans ausgeschrieben und sucht Videos, Fotos und Geschichten über den Mythos Betzenberg. Zu gewinnen gibt es etwa einen Blick hinter die Kulissen und Begleitung des Stadionsprechers oder ein „Meet & Greet“ mit FCK-Spielern. Einsendeschluss ist der 19. Mai.
Die Beiträge (nicht größer als 20 MB) können an [email protected] geschickt werden oder an 1. FC Kaiserslautern, Stichwort: Mythos Betzenberg, Fritz-Walter-Straße 1, 67663 Kaiserslautern. Außerdem können sie an der Fanbox in der Karlsberg-Fanhalle Nord abgegeben werden.
DIE RHEINPFALZ
Pfälzische Volkszeitung