"Die 3. Liga verzeiht keinen Fehlstart!"

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    "Die 3. Liga verzeiht keinen Fehlstart!"

    Vorbei mit "weiter so"! Vor dem Schlüsselspiel gegen den KSC heißt es verlieren verboten! Treffpunkt Betze hat Fans aus der Westkurve befragt. Es ist 5 vor 12.


    Der FCK ist ins Strudeln gekommen. Viel wird gesprochen. Über Taktik, über die Mannschaft, über den Trainer. Doch was sagen die Fans zur derzeitigen Situation? Treffpunkt Betze hat mit vier Anhängern mitten aus der Westkurve gesprochen. Es wird kontrovers diskutiert. Sicher ist nur: Sie stehen weiter hinter Ihrem „Betze“.


    Es ist Freitagabend, bestes Fußballwetter. Die Roten Teufel treten auswärts bei der Arminia aus Bielefeld an. Es soll noch das Unmögliche möglich gemacht werden. Doch es kommt anders, die Befürchtungen der letzten Wochen werden wahr: Der 1. FC Kaiserslautern steigt bereits an diesem 32. Spieltag der Saison 2017-18 erstmalig in die Dritte Liga ab. „Egal wohin du gehst, wir kommen mit“ ist an diesem sonnigen und sommerlichen Freitagabend im Gästeblock zu lesen. Was wie eine mit Naivität gefüllte Phrase klingt soll sich in den kommenden Wochen tatsächlich bewahrheiten. Eine schier unglaubliche Euphoriewelle wird entfacht. Soweit das Auge reicht herrscht positive Stimmung rund um den Betzenberg. Ein Gefühl, welches der „Betze-Dopamin-Haushalt“ in den vergangenen Jahren eigentlich kaum noch abrufen konnte.

    Aus Euphorie wird Melancholie

    Voller Genugtuung streust du eine Handvoll Zweifel in mein kleines Glück“, sang schon Gisbert zu Knyphausen. Sie, nämlich die Melancholie, grinst uns derzeit „selbstverliebt und arrogant“ ins Gesicht. Nach dem misslungenen Saisonstart und dem 1:6 Debakel im DFB-Pokal wirkt der Betze inzwischen eher paralysiert. Er herrscht Stille auf den Rängen, und Fans und Anhänger wirken beinahe desillusioniert. Das bevorstehende Derby gegen den Karlsruher SC kann dabei Segen und Fluch zugleich sein. Alle warten und erwarten die sportliche Trendwende. Doch bei einer weiteren Niederlage – insbesondere gegen den KSC – wird der Betzenberg seine Füße nicht mehr stillhalten können.


    So sieht das auch Tobias, 24 Jahre aus Kaiserslautern. Er hat seit diesem Jahr eine Dauerkarte im Block 9.2. und findet die Stimmung rund um den FCK noch „okay, aber auf dem besten Wege umzuschlagen“. Auch Sportvorstand Martin Bader spricht im Vorfeld des Spiels von einem „Schlüsselspiel“. "Die Zuschauer haben ein feines Gespür gezeigt. Das wird anders, sollten wir das Derby nicht gewinnen" weiß auch Sportdirektor Boris Notzon.


    Dabei ist es weniger allein der verpatzte Saisonstart, der die Anfangseuphorie im Keim zu ersticken droht. Die Art und Weise, wie sich die Mannschaft die letzten Spiele präsentiert hat, stößt einigen Fans bitter auf. Ließ man sich das 1:1 in Großaspach bei gefühlten 40 Grad tropischen Temperaturen noch gefallen, waren schon weite Strecken des Münster Spiels erschreckend ideenlos. Der negative Höhepunkt war dann jedoch das Spiel in Halle, als man über 90 Minuten keinen Stich gegen aggressive Hallenser machen konnte und sich der Niederlage, fast in gewohnter Manier der letzten Jahre, einfach so hingab, ehe man dann gegen Hoffenheim sang und klanglos unterging. Fan Tobi bemängelt dabei vor allem, dass man sich hat abschlachten lassen. „Mit etwas Konzentration und Kampfgeist hat man bei anderen unterklassigen Vereinen ja gesehen, was im Pokal möglich ist. Das hat bei uns total gefehlt und das ist auch nicht zu entschuldigen. Da war ein Stück weit Melancholie in unserem Spiel".

    Der 27-jährige Niklas, der schon seit seiner Kindheit FCK-Mitglied ist und nun seit diesem Jahr auch eine Dauerkarte in der Westkurve hat, war davon ebenfalls schwer enttäuscht. „Die moralische Einstellung gegen Halle und Hoffenheim war unterirdisch. Das gilt aber auch vor allem für die taktische Einstellung des Trainers und die nicht vorhandene Anpassungsfähigkeit der Spielweise“. Dabei sieht auch Niklas erschreckende Parallelen zur Vorsaison. Er zeigt sich aber ein Stück weit optimistisch. „Es wird nicht schwer sein die Euphorie wieder zu entfachen. Die Mannschaft muss lediglich die alten Betze-Tugenden zeigen, die ich und viele Andere zum Saisonauftakt gegen die Löwen gesehen haben".

    Der Trainer ist gefordert

    FCK Fans können schnell verzeihen. Sie müssen lediglich das Gefühl haben, dass eine Mannschaft aus ihren Fehlern lernt - und gewillt ist diese abzustellen. Es war dabei nicht gerade förderlich, dass Cheftrainer Michael Frontzeck vor dem DFB-Pokal Spiel gegen Hoffenheim seiner Mannschaft volle Leistungsbereitschaft attestierte und gleichzeitig ankündigte „taktisch nicht viel ändern zu wollen“. Dieses „weiter so“ kommt bei vielen nicht gut an und schürt zusätzlich vorhandene Ressentiments gegen Michael Frontzeck.


    „Wer nach dem Halle Spiel, wo wir uns fast keine Chance erarbeitet und wir komplett versagt haben, im nächsten Spiel keine Notwendigkeit sieht, taktisch oder personell etwas zu verändern, der hat den Schuss nicht gehört. Diese Aussage von Frontzeck hat mich richtig sauer gemacht“ regt sich Tobi auf. Er erwarte von einem Trainer, auch schon mal während der ersten Halbzeit frühzeitig Wechsel vorzunehmen, um ein Zeichen zu setzen, ganz gleich ob es von Erfolg gekrönt sei.


    „Die Anzahl der Niederlagen ist für mich nicht relevant, aber die Art und Weise wie man verliert. Der Kader ist top für die 3. Liga. Da muss ein Trainer nach 7 Wochen Vorbereitung mit dem kompletten Team einfach besseren Fußball zeigen als das Gegrütze“, sagt Niklas, der die Mannschaft jetzt erst recht unterstützen möchte. Er befürchtet jedoch, dass der Verein zu lange wartet und nicht reagiert. „Aufstieg oder Lizenzentzug“. Diese düstere Prognose teilt er mit vielen im Block der Westkurve und sie schwebt wie ein Damoklesschwert über dem Betzenberg.

    Eine neu formierte Mannschaft braucht Zeit

    „Die Vorbereitung war wirklich ok. Wir haben 16 neue Spieler integrieren müssen und das ist relativ schnell gelungen. Wir haben schon das Gefühl gehabt, dass sie zusammen was erreichen wollen und dass sie es auch können. Jetzt müssen wir diese Rückschläge so verarbeiten, dass wir uns gegen den KSC wieder besser präsentieren“, so Sportvorstand Martin Bader nach dem spielerischen Debakel im DFB-Pokal.


    Andere Anhänger sehen das ähnlich. Olli, 46, ist gebürtiger Berliner, der FCK hat vor 4 Jahren jedoch auch sein Herz erobert. Er fordert, man müsse dem Verein noch etwas Zeit geben. „Wir müssen ruhig bleiben und die Lage sachlich bewerten. Keine vorschnellen Handlungen. Ich habe Vertrauen in Herrn Bader, ob ein neuer Trainer etwas bewirken kann weiß ich nicht, sollte das Spiel gegen den KSC verloren werden, muss allerdings gehandelt werden".

    Doch auch er bemängelt die merkwürdige Leblosigkeit der letzten Spiele. „Mir fehlte Mut, Wille und der Bock was für den Verein reißen zu wollen. Gegen Halle war ich richtig erschrocken, kraft- und saftlos war das. Genau das waren solche Spiele, die wir letzte Saison gesehen haben", beurteilt Olli die Situation.


    Ob in den sozialen Medien, an den Stammtischen oder am heimischen TV-Gerät, die Ambivalenzen waren selten deutlich spürbarer. Es ist dieses hin- und hergerissen sein, was die derzeitige sportliche Talfahrt so wenig erträglich macht. Da ist diese neue Mannschaft, die sich trotz einer langen Vorbereitung noch finden und sich eine natürliche Hierarchie erarbeiten muss. Sie muss ein gemeinsames Spielverständnis entwickeln und lernen, sich noch besser aufeinander abzustimmen. Doch da ist eben auch der wirtschaftliche Druck sofort aufsteigen zu müssen, da sind die Gier nach zweiter oder erster Liga und der Anspruch, niemals im Niemandsland der dritten Liga unterzugehen.


    Klar wird aber auch: Die Fans stehen weiter zum FCK. Noch ist es ruhig, was sich bei einer Niederlage gegen den KSC jedoch ändern könnte. Doch auch dann ist es einzig und allein die Sorge um den Verein, den die Fans so lieben, der Ausdruck verliehen wird.


    Bei anderen Vereinen wäre diese Unruhe wohl schon ausgebrochen, als bei Kaiserslautern eine Aufbruchsstimmung entstand, die es höchstens in besten Betze-Tagen gab. „Ich bin echt erstaunt. Es gibt noch keine lautstarken Frontzeck-Raus Rufe. An Unterstützung von den Fans mangelt es jedenfalls überhaupt nicht. Die Fans wollen nur eine Mannschaft sehen, die kämpft, die alles gibt. Dann kann man auch Spiele verlieren“, gibt Olli zu Protokoll. Er wird jedenfalls auch das nächste mal wieder im Stadion sein.

    Bader will nachrüsten - Aber wo?

    Nach der 1:6 Klatsche gegen Hoffenheim erklärte Sportvorstand Martin Bader, dass er eventuell noch einmal auf dem Transfermarkt tätig werden wolle – so wie er es vor dem Saisonstart angekündigt hatte, falls Verletzungspech oder schlechte Leistungen beim FCK vorherrschen sollten. Zweiteres ist nun zweifelsfrei der Fall, doch in welchem Bereich sehen Lautern Fans Bedarf?


    Tobias denkt, dass die Lautrer fast überall noch Luft nach oben haben, insbesondere aber in der Innenverteidigung und auf den Flügeln noch etwas passieren sollte. „In der Innenverteidigung sind wir einfach zu dünn besetzt. Gottwalt und Özdemir haben nicht das Format und sollten Hainault oder Kraus sich verletzen bekommen wir Probleme, das haben wir gesehen. Zusätzlich sehe ich uns auf den Flügeln in der Breite hinter Zuck und Hemlein nicht gut genug aufgestellt. Auch eine klassische 10 täte unserem System gut, wobei ich das durchaus Bergmann zutraue. Den Sturm halte ich für ausreichend besetzt". Auffallend ist, dass noch vor Saisonstart durchweg der Kader als sehr positiv angesehen wurde. Sicher, man war sich uneins wie sie in der Wettkampfpraxis performen würden, doch der Optimismus, auch weil die Verantwortlichen zum ersten Mal seit einer gefühlten Ewigkeit schon zum Vorbereitungsstart den Kader als nahezu komplett ausriefen, war schier grenzenlos.


    Eine ganz andere Baustelle macht Olli aus, der den Kader insgesamt ganz gut aufgestellt sieht und vor allem die gute Mischung aus Alt und Jung hervorhebt. Ihm fehlt der defensive Rückhalt. „Ich denke, das habe ich auch schon vor der Saison gesagt, dass Sievers noch nicht so weit ist. Er lässt die Bälle abklatschen, läuft orientierungslos im Strafraum umher und strahlt leider nicht die Sicherheit und Ruhe aus, die die Hintermannschaft und das gesamte Team bräuchte. Vielleicht sollte man den Hesl bringen, andernfalls noch einmal nachlegen".

    Der 20- jährige Kai aus Kaiserslautern, seit 3 Jahren Dauerkartenbesitzer in der Westkurve, geht sogar noch weiter. Er findet weitere Transfers unnötig bis schädlich. „Sicher, man kann darüber diskutieren, ob der Kader mit 21 Feldspielern zu dünn ist. Das ist aber eine Frage des Geldes und der Philosophie. Das hätte man vor der Saison klären müssen. Panikkäufe, eine Woche vor Transferschluss hatten wir schon zu oft, gebracht haben sie meistens nichts. Gebt der Mannschaft Zeit!“.

    Ähnlich sieht es auch Niklas, der die Einzelspieler stark genug sieht, um die Liga mit zu beherrschen. Lediglich auf dem linken Flügel würde er nachrüsten und eventuell einen Torwartwechsel durchführen. Er sieht das Problem vielmehr in der Taktik. „Gute Einzelspieler bringen nichts, wenn das Spielsystem nicht konkurrenzfähig ist".

    Auch in der Transferfrage ist also eine Zerrissenheit spürbar. Ja nichts mehr falsch machen, ja keine Zeit verlieren. Nicht zu früh, aber auch nicht zu spät den Trainer wechseln. Die Fans haben da keine einheitliche Meinung, jedoch eine klar erkennbare Tendenz, die bei einer Niederlage im Derby zum Sturm werden könnte. Die Vereinsführung hat dabei im Vorfeld viel Vorschusslorbeeren erhalten, genießt ein hohes Vertrauen, das auch nach wie vor nicht bröckelt. Was verstärkt hörbar wird: Der Verein steht im Vordergrund. So sieht es auch Niklas. „Ich erwarte vom Verein die Bereitschaft durchzugreifen und alles dem Erfolg unterzuordnen. Die 3. Liga verzeiht keinen Fehlstart. Sollte das Ruder bezogen auf Ergebnisse und Spielweise nicht schnell rumgerissen werden, muss die letzte Patrone in den Lauf und die heißt im Profifußball nach wie vor Trainerwechsel!“.

    Ob nun Trainerwechsel oder nicht. Neue Spieler holen oder auf vorhandene setzen. Worin sich alle einig sind: Sie werden dabei sein, auch wenn es schief gehen sollte. Lautrer sind daran gewöhnt. Es gehört mittlerweile fast schon zur Identität. Sie werden auch am Samstag in der Kurve wieder gegen diese Krise ankämpfen. Das beste Mittel gegen die Krise sind aber naturgemäß Punkte!


    Quelle: Treffpunkt Betze