You'll never walk alone, Ronnie!

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    You'll never walk alone, Ronnie!

    Für immer ein Teil der FCK-Geschichte: Der fliegende Wikinger und FCK-Torhüterlegende Ronnie Hellström ist am 06. Februar 2022 verstorben. Gedanken und Erinnerungen an den Sportler und Menschen.


    Ronnie Hellström wurde am 21. Februar 1949 im schwedischen Malmö geboren. Bereits in jungen Jahren begeisterte er sich für den Fußballsport - kein Wunder, schließlich galt auch schon sein Vater als exzellenter Torhüter, der selbst lange das Trikot mit der Nummer 1 beim Erstligisten Malmö FF trug. Doch Hellströms persönliche Torhüter-Karriere begann zunächst mit einer Enttäuschung, als er bei einem Probetraining im Jahre 1960 als zu klein eingestuft wurde. Dies wiederum hielt ihn jedoch nicht davon ab, in den 70er Jahren zu den weltbesten Torhüter zu gehören. Im November 2021 gab Ronnie Hellström bekannt, unheilbar an Krebs erkrankt zu sein. Die ersten Symptome seien vor einem Jahr aufgetreten, äußerte der damals 72-jährige gegenüber der schwedischen Boulevardzeitung 'Expressen'. Hellström begegnete nach einer Aussage nun "jedem Tag nach dem anderen und einer Behandlung nach der nächsten". Diese Nachricht hat viele Menschen und Fans im Umfeld des 1. FC Kaiserslautern zu tiefst bestürzt. Gewidmet sind die folgenden Zeilen, Erinnerungen und Gedanken dem Torhüter und dem Menschen Ronnie Hellström.

    1970 in Mexiko: Beinahe ein Fehlstart


    Ronnie Hellströms Profi-Laufbahn begann im Jahre 1966 beim Stockholmer Club Hammarby IF. Vier Jahre später spielte er im Alter von 21 seine erste Weltmeisterschaft. In einem früheren Interview mit dem 11Freunde-Magazin beschrieb Hellström diese Erfahrung als "ziemlich großes Ding", welches allerdings beinahe schneller endete als es anfing. Da sich Schwedens damaliger Nationaltrainer nicht festlegen wollte, erfuhr Hellström erst 24 Stunden vor Beginn des Spiels gegen Italien von seinem Einsatz. "Das war nicht optimal für einen jungen Tor­wart. Ich war nervös, dann kam ein ein­fa­cher Ball auf mich zu, und ich habe ihn rein­ge­lassen". Die anschließende Medienschelte war für den jungen Hellström nur schwer zu verdauen und führte ihn in den letzten beiden Vorrundenspielen gar auf die Tribüne. "Ich wollte aber nicht der Idiot sein und habe mich zurück­ge­kämpft". Eine Eigenschaft, die viele Stürmer in den nachfolgenden Jahren zur Weißglut treiben sollte. Hellström peppelte sich in der U21 auf und kam nur wenige Monate später wieder zurück. Es war eine Erfahrung, die möglicherweise maßgeblich für seine spätere Laufbahn war. Nach Niederlagen gilt es nun mal, Stärke zu zeigen.

    Erst der FCK, dann die WM 1974


    Im selben Jahr, in dem die schwedische Pop Band ABBA mit ihrem Song "Waterloo" an die Chartspitze stürmte und sich in die Ohren aller musikbegeisterten Menschen sang, erreichte Ronnie Hellström bei der Weltmeisterschaft 1974 in Deutschland, bei der er mit seinem Heimatland Schweden WM-Fünfter wurde, den größten Bekanntheitsgrad. Hellström brachte gegnerische Mannschaften mit seinen Paraden, blitzschnellen Reaktionen und seiner beherzten Strafraumbeherrschung zur Verzweiflung. In der schwedischen Nationalmannschaft absolvierte Hellström insgesamt 77 Länderspiele und wurde in den Jahren 1971 sowie 1978 zu Schwedens Fußballspieler des Jahres gewählt. Bis heute legendär und unvergessen sind seine Leistungen im WM-Spiel 1974 gegen Deutschland, welches die Schweden nach hartem Kampf mit 2:4 verloren.


    Aus Sicht des 1. FC Kaiserslautern war diese Weltmeisterschaft durchaus als Glücksfall zu bezeichnen. Schließlich gelang es dem damaligen FCK-Präsidenten Willi Müller mit einem eigenhändig verfassten Vertrag Ronnie Hellström nur wenige Wochen vor Beginn der WM zu verpflichten. Bei Hellströms Buchvorstellung im Jahr 2019 berichtete Udo Sopp, wie dieses Meisterstück eigentlich gelang: "Willi Müller, der Schuhfabrikant aus Pirmasens war unser Präsident. Er war ja ein richtiger Pfennigsfuchser. Wir haben, nachdem Ronnie mit Schweden auf dem Betze gespielt hat und durch Roland Sandberg einiges erfahren hatte, einen Vertrag aufgesetzt und ich bin nach Schweden gefahren. Doch der Vertrag war nicht sonderlich hoch und Ronnie hatte auch ein Angebot aus Köln". Nach der WM verdreifachte sich der Marktwert Hellströms, zahlreiche Trainer und Funktionäre aus- und inländischer Vereine wurden auf den jungen Torhüter aufmerksam, der mit seinem Schnauzbart und einem roten Torwartpullover gleich zwei Markenzeichen trug. Ohne dieses frühzeitige Vertragsangebot wäre Hellström wohl nie in der Pfalz gelandet. "Hätte ich nach der WM unterschrieben, hätte ich sicher noch andere Angebote bekommen", äußerte Hellström in einem Interview vor einigen Jahren. Doch für Ronnie Hellström kam nur Kaiserslautern in Frage. "Nach dem Länderspiel in Kaiserslautern bin ich mit Roland Sandberg nach Morlautern gefahren. Da sah ich schon, wo ich später wohnen sollte. Ich hatte hier alles was ich brauchte. Bis auf eine Waschmaschine. Doch auch die sollte ich noch bekommen", scherzte Hellström. Es war der Beginn einer wunderbaren Geschichte.

    10 Jahre FCK: "Ronnie Hellström hat gehalten wie eine wilde Wuz"


    Aber letztlich ist der fliegende Wikinger "beim FCK doch sehr glücklich geworden". Für den 1. FC Kaiserslautern bestritt Hellström in zehn Jahren 266 Bundesliga-Spiele. Zwar blieb ihm mit den Roten Teufeln ein Titel versagt, doch immerhin erreichte er zweimal das DFB-Pokalfinale und stand einmal im Halbfinale des UEFA Cups. Dass es für ihn nie zu einem Titel reichte, störte Hellström im Nachgang seine Karriere nicht. "Das hat mir nicht viel ausgemacht. Für mich war es wichtig, jedes Wochenende in der Bundesliga gut zu sein. Das war mein Ziel. Lautern hat erst nach meiner Karriere Titel gesammelt. Ich habe das dem Klub sehr gegönnt", beschreibt Hellström in einem Interview mit der Augsburger Allgemeinen im Jahr 2012. Es sagt eigentlich alles über den sensationellen Charakter des Schweden, dass er nicht etwa die WM 1974 oder 1978 als Höhepunkt seiner Karriere nennt. "Für mich steht mein Abschiedsspiel auf dem Betzenberg an aller erster Stelle. Das war das schönste Erlebnis meiner Karriere. Das werde ich nie vergessen". Gemeinsam mit Roland Sandberg und später auch mit Benny Wendt verkörperte Hellström den schwedischen Siegeswillen, gepaart mit den so genannten Betze Tugenden - allein deswegen wehten in den 80er Jahren nicht gerade wenige Schwedenfahnen in der Lautrer Westkurve. Trotz lukrativer Angebote blieb Hellström in Kaiserslautern. "Mir gefällt die Gegend, mir gefallen die Leute – also bleibe ich hier“, sagte er einmal.

    Klaus Toppmöller: "Dass Ronnie kommt war unvorstellbar"


    "Dass der Ronnie zum FCK kommen würde, war zum damaligen Zeitpunkt ja fast unvorstellbar“, erinnert sich der ehemalige FCK-Torjäger Klaus Toppmöller im Gespräch mit Treffpunkt Betze. „Er war ja ein Weltklassetorhüter und gerade nach der WM 1974 hätte er ganz sicher auch andere Möglichkeiten gehabt“. Toppmöller, der bekanntermaßen bestens wusste wo das Tor steht, erinnert sich noch sehr gut an ein Freundschaftsspiel, bei dem ihm der schwedische Nationalkeeper gegenüberstand und ihn regelrecht zur Verzweiflung trieb: "Der hielt drei Dinger von mir, die eigentlich gar nicht zu halten waren. Keine Ahnung, wie er es immer geschafft hat, so blitzartig abzutauchen und die Hände scheinbar überall zu haben“. Die Verantwortlichen beim FCK erkannten sehr schnell, welche Qualitäten Hellström mitbrachte, waren schneller als die Konkurrenz und konnten ihn demnach noch vor der WM von sich überzeugen. Hellström, dem auch ein unterschriftsreifes Angebot des 1. FC Köln vorlag musste sich fragen lassen, warum er denn schon vor einem solchen Turnier einen Vertrag bei einem neuen Arbeitgeber unterschrieb und nicht stattdessen abwartete, wie sich sein Marktwert durch die Weltmeisterschaft möglicherweise deutlich erhöht.


    Aber Hellström war überzeugt, das richtige zu tun und hat dies auch nie bereut, wie er mehrfach bestätigte. "Der Ronnie hat vom Typ her genau zu uns in die Pfalz gepasst. Er war immer einer von der Sorte, wie wir hier alle sind: Bescheiden, bodenständig und offen. Gemeinsam mit Roland Sandberg, der ja schon ein Jahr vor Ronnie zu uns gekommen war, hat er zum FCK gepasst wie die Faust auf's Auge“, führt Toppmöller weiter aus. Und auch neben dem Platz verstand man sich sehr gut. „Es gibt Dinge, die vergisst man sein ganzes Leben lang nicht“, schwärmt der Rekordtorjäger des FCK von der guten Kameradschaft. „Wir hatten damals auch das ein oder andere Trainingslager in Schweden, wo wir dank Ronnie beispielsweise ABBA kennenlernen durften, was damals natürlich etwas ganz Besonderes war“. Der Kontakt zu der schwedischen Torwartlegende ist auch nie ganz abgerissen. „Wenn der Ronnie sich in Kaiserslautern aufhält, telefonieren wir regelmäßig oder treffen uns zu einem Spiel auf dem Betzenberg“, berichtet Toppmöller und ergänzt, dass er es sich von ganzem Herzen wünscht, dass Hellström hoffentlich wieder auf die Beine kommt.

    Ronnie Hellström: Einfach ein bodenständiger Typ


    Ronnie Hellström war mehr als nur ein Weltklassetorhüter. Die Menschen in der Pfalz und die FCK-Anhänger mochten den blonden Schweden besonders aufgrund seiner bodenständigen, bescheidenen, ehrlichen und stets sympathischen Art und Weise - und so schlossen sie ihn in ihr Herz. Und so entwickelten sich auch die „Rooonniie“-Rufe aus der Westkurve vor jedem Spiel zum unverzichtbaren Ritual. Karl Schmidt, 1979 noch ein junger Kerl, erinnert sich an ein besonderes Erlebnis: "Während einer Autogrammstunde durfte ich mich mit Ronnie ablichten lassen. Leider ist das Foto im Laufe der Jahre verloren gegangen. Er war sehr geduldig und ich möchte nicht wissen, wie viele junge FCK-Fans Ronnie um ein gemeinsames Foto gebeten haben. Mit schwedischer Gelassenheit und großer Freundlichkeit nahm er sich für jeden Einzelnen genug Zeit, bis die passende Position gefunden war. Damals war das Fotografieren ja noch eine Kunst, weil man schließlich erst nach dem Entwickeln wusste, ob das Bild überhaupt was geworden ist".


    Rund 25 Jahre später begegneten sich Karl und Ronnie noch einmal in Annweiler am Trifels. Hellström hatte zu diesem Zeitpunkt seine aktive Karriere längst beendet und war als leitender Mitarbeiter der Firma Hornbach zu Besuch in Deutschland. "Beinahe verlegen kam er mir vor, als ich ihm offenbarte, dass ich als Kind ein Riesenfan von ihm war. Wir unterhielten uns über den FCK, der damals gerade aus der Bundesliga wieder in die Zweite Liga abgestiegen ist. Er war sehr zuversichtlich, dass der direkte Wiederaufstieg klappen würde. Leider hatte er sich damals geirrt", berichtet Karl gegenüber Treffpunkt Betze. Der Torwart und auch der Mensch Ronnie Hellström waren zu jeder Zeit eine große Bereicherung für den 1. FC Kaiserslautern.


    Ronnie Hellström. Der damals vielleicht weltbeste Torhüter, er war stets ein Geschenk für den 1. FC Kaiserslautern. Und er ist es heute noch. Weil er Mensch geblieben ist. Ein Weltklasse-Mensch!


    Mycket kraft, Ronnie Hellström!


    Redaktion: Michael, Dirk

    Treffpunkt Betze Redaktion