ZitatAlles anzeigenFussball: Luis Robles, der amerikanische Torwart des Zweit-Bundesligisten 1. FC Kaiserslautern, verbringt die Weihnachtstage in seiner Heimatstadt Sierra Vista in Arizona. Der gläubige 24-Jährige ist froh, das Fest mit seiner Freundin Cara, seinen Eltern und seinem Bruder Angel feiern zu können. Angel Robles war 15 Monate lang als Soldat in Bagdad stationiert. Sein Bruder hatte große Angst um ihn. Heute gehen sie gemeinsam in die Kirche.
VON OLIVER SPERK
SIERRA VISTA. Das Haus steht nur etwa 20 Autominuten von der mexikanischen Grenze entfernt - und ist mit Weihnachtsschmuck vom Nürnberger Christkindlesmarkt dekoriert. In Sierra Vista, einer 42.000-Einwohner-Stadt im amerikanischen Bundesstaat Arizona, feiert Luis Robles mit seiner Familie und der seiner Freundin Cara, die in Albuquerque/ New Mexico arbeitet und auch aus Sierra Vista stammt, in diesem Jahr ein ganz besonderes Weihnachtsfest.
Und das nicht nur, weil der 24-Jährige zuletzt die aufregendsten Wochen seiner Fußballerkarriere erlebt hat. Neun Spiele hat Robles seit 17. Oktober als Vertreter des zunächst grippekranken und später wegen seines Unterarmbruchs fehlenden Tobias Sippel im Tor des Zweit-Bundesligisten 1. FC Kaiserslautern gemacht. Die ganz große Nervosität, wie sie Robles vor seinem Debüt gegen Ahlen erlebt hat, spürte der sonst so ruhige Torwart zuletzt nicht mehr. Er hat seine Sache sehr gut gemacht; er war da, als der Verein ihn brauchte, hatte mit 2,88 den besten RHEINPFALZ-Notendurchschnitt aller FCK-Spieler in der Hinrunde. „Ich glaube, ich habe bewiesen, dass ich durchaus in der Zweiten Liga spielen kann", sagt der 24-Jährige.
Doch nicht nur wegen jener aufregenden Erfahrungen sind diese Weihnachtstage besondere für Robles, der in Otterbach lebt. Er freut sich, seine Familie in Sierra Vista zu sehen. Zum ersten Mal seit diesem Sommer.
Luis Robles" Bruder Angel, ein Berufssoldat, kann zurzeit den Frieden in den USA genießen und muss sich gerade nicht fürchten, in den Straßen Bagdads Opfer eines Attentats zu werden. Bis April dieses Jahres war Angel Robles für die US-Armee auf Friedenssicherungsmission im Zentrum der irakischen Hauptstadt. 15 Monate dauerte der erste Irak-Einsatz für den 26 Jahre alten Angel Robles. „Er hat mir erzählt, dass er vor allem seine ersten sechs Monate dort als sehr hektisch empfunden hat", sagt Luis Robles, der damals gerade nach Deutschland gekommen war, zum FCK. Der Torwart hatte permanent Angst um seinen Bruder im Mittleren Osten. „Am meisten fürchten die Soldaten in Bagdad die Roadside Bombs, das sind Sprengsätze, die am Straßenrand versteckt sind", weiß der Fußballer von seinem Bruder, dem Infanteristen, der unlängst vom Lieutenant zum Captain befördert worden ist.
Er hofft, dass Angel nicht mehr zurück in den Irak muss. Dies hänge auch davon ab, welche Irak-Politik der neue US-Präsident Barack Obama verfolge, meint Luis Robles. In Obama und dessen Regierung setzt er in vielerlei Hinsicht Hoffnung. „Wir haben eine Wirtschaftskrise, aber keine Katastrophe. Es wird in den Medien oft vieles übertrieben dargestellt, und das erzeugt bei den Leuten Panik", sagt Robles, der an der University of Portland, Oregon, einen Bachelor-Abschluss in Finanzwirtschaft gemacht hat. „Die Wirtschaft bewegt sich historisch gesehen immer in Zyklen, nach allen Krisen ist bisher immer wieder auch ein Aufschwung gekommen", sagt Robles, der neben Englisch und Spanisch auch immer besser Deutsch spricht, ruhig und besonnen.
Die permanente Herausforderung, die richtige Balance zu finden zwischen freier Marktwirtschaft und staatlichem Eingreifen, fasziniert ihn. Und er vertraut der Obama-Administration. „Wir haben ab Januar eine gute Regierung, die in der Lage sein wird, die Krise in den Griff zu bekommen", glaubt Robles, der sich nach der Fußballkarriere gerne in den USA politisch engagieren würde.
An Weihnachten aber wird es in Sierra Vista nicht viel um Politik gehen. Luis wird einiges zu erzählen haben aus Deutschland. „Meine Mutter sagt am Telefon immer, dass sie mich beneidet um die deutsche Adventszeit", erzählt Robles. „Zur Weihnachtszeit vermissen meine Eltern Deutschland am meisten", verrät der Torwart, dessen Mutter Südkoreanerin ist. Sein aus Puerto Rico stammender Vater war 27 Jahre lang Berufssoldat und ist 2002, im Alter von 72 Jahren, in Rente gegangen. Er war einst auch in Worms und in Stuttgart stationiert.
In dieser Zeit, von 1984 bis 1989, Luis war noch sehr klein, hat sich das Ehepaar Robles sehr für deutsche Weihnachtsmärkte begeistert und dort fleißig eingekauft. Jetzt wird das Haus in Sierra Vista stets mit Weihnachtsschmuck aus Nürnberg, Stuttgart oder Heidelberg dekoriert. Ein paar Tage kann sich Luis Robles daran erfreuen. Am 2. Januar fliegt er wieder zurück. Einen Tag später ist Trainingsauftakt beim FCK. Tobias Sippel ist wieder fit. „Tobi ist die Nummer eins", sagt der Amerikaner, „aber der Trainer entscheidet. Ich werde weiter so trainieren, als ob ich die Nummer eins wäre." Robles tut das für den FCK und für seinen Traum: irgendwann Bundesliga spielen und seinem inoffiziellen Einsatz für die U20 der USA Auftritte für das A-Nationalteam folgen lassen.
Wünsche, die heute in den Hintergrund treten. „An Weihnachten", betont er, „steht der Kirchgang mit der ganzen Familie über allem." Dreimal geht es für den Protestanten heute in die Kirche - um 18, 20 und um 23 Uhr. „Mein Vater ist katholisch, deshalb gehen wir mit ihm zur Messe, außerdem gehen wir noch in eine protestantische Kirche und in einen anderen protestantischen Gottesdienst, den der Vater meiner Freundin hält. Er ist Pastor", erzählt Robles. Die Geschenke unter dem Weihnachtsbaum werden erst nach Mitternacht ausgepackt, am frühen Morgen des 25., wenn Santa Claus und Rentier Rudolph Einzug halten. Für Luis und Angel Robles ist es das größte Geschenk, ihre Familie und ihre Freunde wiederzusehen. Und den Frieden zu genießen.
Quelle:
Verlag: DIE RHEINPFALZ
Publikation: Ludwigshafener Rundschau
Ausgabe: Nr.300
Datum: Mittwoch, den 24. Dezember 2008
Seite: Nr.9
"Deep-Link"-Referenznummer: '4428390'
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