ZitatAlles anzeigenHeute feiert Ottmar Walter seinen 85. Geburtstag. Der einstige Torjäger schrieb als Mitglied der legendären Walter-Elf des 1. FC Kaiserslautern ruhmreiche Kapitel deutscher Sportgeschichte. 1954 gehörte er zu den Helden von Bern und wurde Weltmeister.
Von Heinrich Breyer
Großer Tag für Ottmar Walter: Heute vollendet der Fußball-Weltmeister von 1954 sein 85. Lebensjahr. Nach einem längeren Krankenhausaufenthalt muss er noch bis Mitte März in einer Bad Bergzaberner Reha-Klinik bleiben. Seine Verfassung jedoch lässt bei seinen Angehörigen und Freunden wieder Hoffnungen auf Besserung aufkeimen. Der erfolgreichste Torjäger aller Zeiten beim 1. FC Kaiserslautern braucht derzeit noch den Rollstuhl. Er möchte sich aber einmal wieder nur auf den Stock stützen können, an den er sich in den letzten Jahren gewöhnt hatte. Die Kraft und den Willen hierzu hat er noch immer!
An Energie hat es ihm nie gefehlt in seinem Leben. Ottmar war nicht nur der „kleine Bruder" des „großen Fritz" Walter. Der vier Jahre ältere war dennoch das Vorbild, mit dem „der Ottes" jedoch erst nach Kriegsende „so richtig" zusammen in einer Mannschaft spielen konnte, nachdem beide aus Kriegsgefangenschaft zurückgekehrt waren.
Herangereift zu einem guten Spieler war Ottmar als Matrose bei Holstein Kiel. Diesen Verein schoss er 1943 fast allein ins Halbfinale der deutschen Meisterschaft: In der Zwischenrunde gewann Holstein 4:1 gegen Titelverteidiger Schalke 04 - Mittelstürmer Ottmar Walter erzielte drei Treffer. Der damalige Reichs- und spätere Bundestrainer Sepp Herberger sah dieses Spiel und tauchte danach in der Kabine auf: „Sie sind also der Ottmar! Ihr Bruder Fritz hat mir schon viel von Ihnen erzählt." Und lud ihn sogleich zum nächsten Lehrgang der Nationalelf ein. Ottmar folgte diesem Ruf - allerdings fand dieser „nächste Lehrgang" erst sieben Jahre später statt, vor dem ersten Nachkriegsländerspiel im November 1950 in Stuttgart.
Bis dahin aber hatte sich der 1. FC Kaiserslautern mit seiner „Walter-Elf" als „Rote Teufel vom Betzenberg" längst die Hochachtung des deutschen Fußballvolkes erworben. Und Ottmar Walter zudem bestätigt, dass er mit Bruder Fritz das damals beste Stürmer-Tandem bildete, er aber auch als Solist überragende Qualitäten besaß. Er war technisch fast perfekt und auch mit Ball ungeheuer schnell. Er schoss beidfüßig sicher und war zudem einer der besten und sprungstärksten Kopfballspieler seiner Zeit. Seine vielleicht wichtigste Eigenschaft war - wie bei Bruder Fritz - seine Besessenheit als Mannschaftsspieler!
Die Gaben sind dem Bruderpaar nicht einfach in die Wiege gelegt worden: Mit schier unglaublicher Zähigkeit und mit doppeltem und dreifachem Zeitaufwand als nur die üblichen „Trainingseinheiten" (diesen Begriff kannten sie damals noch nicht) verfeinerten sie ihre Ballkunst: Sie übten allein und freiwillig und stundenlang zusätzliche Eckball-Varianten oder Schlenzbälle und Absatzkicks, mit denen sie ihre Gegner immer wieder überraschten. Sie verabscheuten das stumpfsinnige Gekicke „hoch und weit nach vorne" und probten das Zusammenspiel, wie es hieß, bis zum „blinden Verständnis".
Der 1. FC Kaiserslautern war in den ersten zehn Jahren nach dem Krieg dank der Walters die herausragende deutsche Mannschaft. Ihr Stil prägte auch die Nationalelf, der 1954 eine der größten Sportsensationen glückte. Fünf Spieler des bis dahin zweifachen Deutschen Meisters 1. FCK wirkten beim WM-Endspielsieg in Bern mit. Natürlich auch Ottmar, der Mittelstürmer.
Sein Leben bestand nicht nur aus Höhen; er durchlief auch Täler - und kam immer wieder oben an! Im Vordergrund stand stets die Familie, seine Frau Anneliese, mit der er seit rund 60 Jahren verheiratet ist, und sein Sohn, der auch Ottmar heißt und inzwischen 58 Jahre alt ist. Zwei Enkeltöchter bereiten den Großeltern viel Freude, Lehramts-Referendarin die eine, angehende Betriebswirtin die andere.
Weniger Freude entfachte bei Ottmar in den letzten Wochen der 1. FCK. Bei einer Fernsehübertragung, die er beobachtete, ließ er seiner Unzufriedenheit freien Lauf: Er „knotterte" hörbar über viele technische Mängel und die zuletzt oft planlos geschlagenen Eckbälle der derzeitigen Mannschaft. Ein Sieg der Mannschaft heute beim FSV Frankfurt wäre ein schönes Geschenk ...
Am 17. März soll Ottmar Walter (endlich) wieder heim dürfen in sein Haus nach Kaiserslautern. Ottmar junior hat erledigt, was zu erledigen war und seiner Mutter die wichtigsten Wege abgenommen. Heute an seinem 85. Geburtstag darf sich Ottmar senior vor allem auf die bevorstehende Heimkehr freuen. Es ist alles gerichtet!
Quelle : Die Rheinpfalz