Vor fast genau 30 Jahren gewann der 1. FC Kaiserlautern mit knapp 40.000 Fans im Rücken nach einem spektakulären 2:6 Auswärtssieg gegen den 1. FC Köln seine dritte deutsche Meisterschaft. In der Gegenwart angekommen geht es für den FCK nun jedoch um das nackte Überleben in der 3. Liga. Durch die starken Leistungen der vergangenen Wochen konnten sich die Roten Teufel eine exzellente Ausgangssituation schaffen. Am gestrigen Samstag hätte man mit einem Sieg gegen Viktoria Köln sogar den vorzeitigen Klassenerhalt eintüten können. Wenn auch nach wie vor keine Fans in Stadien zugelassen sind, machten sich wie schon vor 30 Jahren zahlreiche Fans auf nach Köln, um die Mannschaft zu unterstützen. Da der FCK den ersten Matchball nicht verwerten konnte, war den meisten mitgereisten Anhängern nach Spielende im Gegensatz zu damals eher nicht nach Feiern zumute.
Der FCK verteilt Geschenke
Dabei startete die Mannschaft von Marco Antwerpen vielversprechend und ging mit der ersten Großchance durch einen platzierten Schuss von Daniel Hanslik in Führung. Auch danach blieb der FCK engagiert und zeigte gute Ansätze. Umso ärgerlicher war es, als die Abwehrreihe die Hausherren mit zwei zu kurz geratenen Rückpässen regelrecht einlud. Viktoria wusste dies binnen zwei Minuten zu nutzen und drehte die Partie ausgerechnet durch den ehemaligen Lautrer Timmy Thiele. Schon in den vergangenen Spielen brachten die zahlreichen Rückpässe so manchen an den Rand der Verzweiflung. Vor dem Hintergrund, dass Marco Antwerpen diese ständigen Rückpässe bereits mehrfach innerhalb der Mannschaft angesprochen hat, erscheinen die gestrigen Fehler besonders erstaunlich.
Nach den beiden Nackenschlägen schienen die Roten Teufel komplett von der Rolle zu sein. Die Grundstruktur stimmte nicht mehr, die Mannschaft präsentierte sich viel zu offen und ließ den Gegner schalten und walten. Auch im Spiel gegen Uerdingen wirkte die pfälzische Defensive teilweise offen wie ein Scheunentor. Kaum ein Zweikampf wurde mehr gewonnen, gleich in mehreren Szenen wurden falsche Entscheidungen getroffen. Die Verunsicherung machte sich dann bei Torhüter Avdo Spahic bemerkbar, dessen verunglückter Abschlag prompt beim Gegner landete und das 3:1 einleitete. Eine dermaßen unnötige und gebrauchte erste Hälfte für den FCK, in der man sogar Glück hatte, keinem höheren Rückstand hinterher rennen zu müssen. Grundsätzlich fraglich erscheint in diesem Zusammenhang die Herausnahme von Marvin Senger in einer halbwegs funktionierenden Abwehr - eine zusätzliche Baustelle in so einer wichtigen Phase? Der ausgeliehene Innenverteidiger verfügt über eine gewisse Mentalität, die im Abstiegskampf benötigt wird. Nach seiner Einwechslung stellte Senger genau dies unter Beweis.
Die Moral stimmt
Dementsprechend laut dürfte die Halbzeitansprache von Marco Antwerpen ausgefallen sein. Spätestens die drei Einwechslungen zu Beginn der zweiten Halbzeit machten seine Unzufriedenheit und sein konsequentes Handeln mehr als deutlich. Die Aufholjagd sollte so schnell wie möglich starten. Doch zunächst hatte Köln die besseren Chancen und kontrollierte das Spiel.
Je länger die Partie dauerte, umso besser kam der FCK ins Spiel. Aktivposten war wieder einmal der eingewechselte Nicolas Sessa, der mit einem direkten Freistoß die erste Großchance im zweiten Durchgang markierte. Ein Anschlusstreffer lag aus Lauterer Sicht dennoch nicht in der Luft. Dann geschah es: Nach einer schönen Kombination vollendete Elias Huth und brachte die Roten Teufel zurück ins Spiel. Plötzlich war der FCK da und beschäftigte die Abwehr der Kölner im Minutentakt. Die Tatsache, dass der Schiedsrichter wieder mal einen glasklaren Elfmeter übersah, ließ den FCK kalt. Der Druck nahm stetig zu, und kurz vor dem Ende dann die erlösende Freude. Daniel Hanslik erzielte nach einer Flanke von Marlon Ritter den mittlerweile verdienten Ausgleich. Wieder einmal bewies der FCK Moral und egalisierte einen Rückstand. Dennoch hat sich die Mannschaft durch ihre Leistung im ersten Durchgang selbst geschlagen und sich das Leben unnötig schwer gemacht.
Es wächst etwas zusammen
Auch wenn die Mannschaft gestern kein gutes Spiel gemacht hat und weiter zittern muss, zeigt die Leistungskurve seit dem Magdeburg-Spiel deutlich nach oben. In den vergangenen Spielen war der FCK die treffsicherste Mannschaft in der 3. Liga. Unvorstellbar, wenn man die Leistungen über weite Strecken betrachtet. Das liegt auch daran, dass neben Marvin Pourié nun auch andere Spieler für Torgefahr sorgen. Besonders Daniel Hanslik hatte mit seinen Toren großen Anteil an der Aufholjagd.
Nicht nur spielerisch zeigt die Mannschaft ein völlig anderes Gesicht. Einsatz, Körpersprache und Teamgeist sind wieder da. Großen Anteil daran hat natürlich Marco Antwerpen, der mit seiner Art hervorragend auf den Betze passt und die wichtigen Tugenden vorlebt. Die im Winter verpflichteten Spieler Zimmer, Götze, Ouahim und Senger avancierten schnell zu Leistungsträgern und übernahmen Verantwortung, die der Mannschaft in der Hinrunde fortwährend fehlte. Auch der Langzeitverletzte Nicolas Sessa deutet inzwischen regelmäßig an, wie wichtig er für diese Mannschaft sein kann. Wenn es gelingt, dieses Team weitestgehend zusammenzuhalten, den ein oder anderen Leihspieler zu binden und den Kern punktuell zu verstärken, könnte der FCK im nächsten Drittliga-Jahr endlich eine bessere Rolle spielen. Gerade die beiden Aufstiegsaspiranten Rostock und 1860 zeigen, dass man für den Erfolg in der 3. Liga Kontinuität und Ruhe benötigt.
Entscheidung vertagt
Das ist Stand jetzt noch Zukunftsmusik. Denn gerettet ist der FCK noch nicht. Scheinbar muss die Mannschaft erst mit dem Rücken zur Wand stehen, bevor sie ihre Leistung abrufen kann. Dabei galt dieser Druck in den vergangenen Jahren noch als Ausrede für die zum Teil schwachen Auftritte.
Mit dem Unentschieden muss der FCK weiter auf den Klassenerhalt warten, da Uerdingen Magdeburg überraschenderweise mit 1:0 schlug. Der Druck ist demnach weiter vorhanden, könnte heute Nachmittag jedoch vom Sofa aus fallen. Sollte dem FC Bayern im Münchener Stadtderby kein Sieg gegen 1860 gelingen, bliebe der FCK drin. Unabhängig all dieser Ergebnisse sind die Roten Teufel gut beraten, die Spannung im letzten Heimspiel gegen Aufsteiger Verl hoch zu halten und keine Zweifel aufkommen zu lassen, dass der FCK auch im nächsten Jahr in der 3. Liga starten wird. Dann jedoch hoffentlich wieder vor Zuschauern.
Quelle: Treffpunkt Betze
Quelle: Treffpunkt Betze