Analyse: Woran der FCK immer wieder scheitert
- Redaktion
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Nach dem wenig überzeugendem Saisonauftakt gegen Braunschweig und den beiden schmerzhaften und zeitgleich verdienten Niederlagen gegen Meppen und Viktoria Berlin fuhr die Mannschaft des 1. FC Kaiserslautern im vierten Saisonspiel den herbeigesehnten ersten Saisonsieg ein. Und doch wird spätestens nach der 0:1 Niederlage in Halle in der nunmehr dritten Saison trister Drittklassigkeit wieder frühzeitig über die Frage nach den Gründen für den schlechten Start diskutiert: Schlägt „Einstellung“ malwieder die „Aufstellung“? Hat der FCK im Spiel gegen 1860 endlich die guten alten „Betze-Tugenden“ wiederentdeckt, wie man es allenthalben unken hört? Dreck fressen, kämpfen bis zum Umfallen, dann kommen die Ergebnisse ganz von selbst!?
Raum, Ball, Gegner und Mitspieler: So einfach kann es sein. Danke nochmal, Arrigo!
Um es kurz zu fassen: Wenn man verstehen will, warum der FCK aus taktischer Sicht in den ersten drei Partien der Saison nur wenig Zählbares und Mut-machendes mitnehmen konnte, sollte man einen Schritt zurücktreten und nicht über 4-er oder 5er Kette oder den abknickenden 6er diskutieren. Aber auch schlicht die fehlende Einstellung anzuprangern greift zu kurz. Voller Einsatz und körperliches Grenzgängertum sind im Profisport Grundvoraussetzung für Erfolg und werden in dieser Analyse ganz frech von jedem Einzelnen in der Ausübung seines Broterwerbs vorausgesetzt. Die Probleme des FCK liegen meiner Einschätzung nach auf einem viel basalerem Level, welches der fleischgewordenen Trainer-Mythos Arrigo Sacchi, heute als einer der Urväter des modernen Fußballs gekennzeichnet, seinerzeit als Symbiose aus Raumdeckung und Viererkette ersann:
Die vier Grundelemente des Fußball-Sports, die jeder Spieler im Umgang mit Situationen auf dem Feld berücksichtigen muss: Raum, Ball, Gegner und Mitspieler. Ein damals revolutionärer Ansatz, die Komplexität des Spielgeschehens auf einfache Ordnungsprinzipien zu reduzieren, der durch seine faszinierende Schlichtheit einen Orientierungspunkt für verunsicherte Einzelspieler darstellen möchte. Und das Beste: Man kann es trainieren! In vielen Aktionen auf dem Feld, ob mit oder gegen den Ball, zeigte die Mannschaft des FCK das häufig eines der vier Elemente nicht präsent genug war.
Zahlreichen Lautrern fehlt das taktische Verständnis
So sah man bei Ballbesitz häufig Szenen, in denen klar wurde, dass Laufwege und somit die Raumaufteilung der Mitspieler noch nicht verinnerlicht waren. Wenn der FCK Ballgewinne im Mittelfeld durch erfolgreiches Pressing verbuchen konnte, waren die Spieler situativ oft sehr hilflos, oder zögerten. Was folgte waren dann Ballverluste oder ungenaue vertikale Abspiele ohne Abnehmer. Bestes Beispiel dafür war der Ballverlust von Felix Götze vor dem 2:0 gegen Viktoria Berlin, der sich offensichtlich nicht im Klaren über die Position seiner Mitspieler und Gegner, sowie der eigenen Anordnung im Raum war.
Wie man es besser machen kann, zeigte die Viktoria, die ab dem zweiten Drittel des Platzes konsequent die Zweikämpfe bei neuralgischen Ballannahmesituation der Lautrer suchten und nach Ballgewinn ohne Verzögerung den (in den meisten Fällen) tiefen Diagonalball spielten, der die Ordnung der Pfälzer Abwehr ein ums andere Mal in Schwimmen brachte. Ein klar vorgegebener Auftrag und damit einhergehend ein antizipiertes Verständnis für Ball, Raum, Gegner und Mitspieler. Und ein denkbar einfaches Umschaltprinzip, das von Erfolg gekrönt war.
Auch gegen 1860 München zeigten sich diese Situationen gerade zu Beginn sehr deutlich: Wegen schlechter Raumaufteilung und zu großen Lücken zwischen Abwehr und Mittelfeldkette durchlief der Ball in der Anfangsphase die zentrale Schnittstelle, wurde einfach hinter die sich nach hinten orientierende Abwehrkette (Gegner) gespielt. Im Nachhinein können Trainerteam und Mannschaft froh sein, dass es nicht schon früh 2:0 für 1860 stand.
Die Last der richtigen und vorausschauenden Entscheidungen
Dies sind jetzt nur zwei exemplarische Situationen, in denen die Überforderung des FCK nach der ersten erfolgreichen Situation auf dem Feld deutlich wurde. Eine der größten Herausforderungen des temporeichen Profi-Fußballs ist es, dass die Spieler in jeder Aktion bereits die nächste Aktion direkt präsent haben müssen und am besten so wenig wie möglich darüber nachdenken sollten, was zu tun ist. Egal ob mit oder gegen den Ball. Diese Vorgaben zum taktischen Verhalten kann der Trainer definieren und somit den Spielern die „Last der richtigen Entscheidung“ unter Druck abnehmen. Besonders bei verunsicherten oder neu zusammengestellten Teams ist dies eine wichtige Aufgabe des Trainingsleiters. Die konsequenten offensiven und defensiven Abläufe werden von Spielbeobachtern auch häufig als „Automatismen“ bezeichnet. Fehlen sie, wird Einsatzmangel oder nicht vorhandener Teamgeist unterstellt. Dies greift jedoch meist zu kurz. Denn oftmals entscheidet ein eingeübter Laufweg, ein Ballgewinn mit gelungener Anschlussaktion, ein einstudierter Ball in den Rückraum auf den sich fallenlassenden Mitspieler über Sieg und Niederlage und damit auch über das Gesamtfazit der Leistung der Mannschaft.
Lange Bälle: Nur selten ein probates Mittel
Gegen 1860 hatten die Roten Teufel den langen Ball als zusätzliche Variante auserkoren, um das verletzungsgeplagte Mittelfeld schnell zu überbrücken - was gegen eine „mitspielende“ Mannschaft wie die Münchner ein gutes Mittel sein kann. Das Ziel dabei ist: Rasch hinter die letzte, meist höher stehende Verteidigungsreihe zu kommen. Gegen den HFC hatte der FCK am Dienstag dann die Möglichkeit an das gute Ergebnis und die gute Leistung der letzten Partie anzuknüpfen. Und scheiterte erneut. In Halle war der lang geschlagene Ball den Großteil des Spiels das einzige Mittel der Wahl und erinnerte somit phasenweise an den Spielstil unter Ex-Trainer Jeff Saibene. Weder Kiprit, noch Huth oder Hanslik sind die richtigen Abnehmer für hohe Bälle, mit dem Rücken zum Tor gegen eine solide Abwehr, womit auch jeglicher Effekt der Umstellung auf zwei Stürmer wirkungslos verpuffte. Und ausgerechnet bei einem der wenigen Versuche, spielerisch den Gegenzug einzuleiten, spielt Klingenburg den gefürchteten Querpass vorm eigenen Sechzehner.
In der zweiten Halbzeit waren einige Aktionen zu sehen, die meist durch Sessa flach und schnell eingeleitet wurden. Die Stärken der FCK-Offensive kamen durch die kompakte Struktur der hallensischen Zentrale jedoch nicht zur Entfaltung. Kurzum: Der FCK ist in Halle mit der falschen Taktik ins Spiel gegangen und gegen tiefstehende Mannschaften im Spielaufbau bisher weitestgehend hilflos.
Die Tücken der 3. Liga: Einfache Entscheidungen reichen aus
Gegen Zwickau sollte der FCK mit einer ähnlichen Kompaktheit rechnen und Wege finden, Lösungen im letzten Drittel zu finden. Der lange vertikale Ball wird da nicht reichen. Etwas mehr Diagonalität im Angriffsspiel über die nominell stark besetzten Außenpositionen könnte ein probates Mittel sein, hinter die Abwehrreihe zu gelangen. Denn die Verletzungsmisere im zentralen Mittelfeld spricht eher gegen den abknickenden Sechser, der das Spiel aus der Tiefe heraus antreibt. Götze, Ritter und Ciftci, die in der Frühphase der Saison diese Rolle einnahmen, sind allesamt verletzt, Klingenburg und Wunderlich offensiver ausgerichtet. Außerdem werden auch Standardsituationen eine entscheidende Rolle spielen. Dabei sollte der FCK in dieser Trainingswoche noch einmal die Raumaufteilung bei Standards vor allem in der Offensive anpassen, um mehr Gefahr vor dem gegnerischen Tor zu entfalten und gleichzeitig nicht zu anfällig für direkte Gegenangriffe zu sein. Die Zeit dafür bis Samstag ist allerdings denkbar kurz.
Dennoch hat der 1. FC Kaiserslautern immer noch eine veritable Drittligamannschaft auf dem Feld, die ohne Angst ins Spiel gehen sollte. Wenn die richtigen Erkenntnisse aus den letzten Spielen gezogen wurden, wenn es dem Trainerteam gelingt den Spielern die nötige Sicherheit zu vermitteln, auf dem Platz einfache Entscheidungen zu treffen und wenn die Mannschaft mit einem klaren Plan ausgestattet auf den Platz geschickt wird, dann besteht noch Hoffnung, aus diesem verkorksten Saisonstart heraus doch noch einen Aufwärtstrend zu initiieren.
Quelle: Treffpunkt Betze
Autor: Sebastian
Quelle: Treffpunkt Betze
Antworten 7
cdmx
Überzeugender Auftritt gegen BS...der war gut, genau mein Humor.
Parismont
Zum Glück steht da ja auch "wenig überzeugenden" 😉
cdmx
Ok....da war ich wohl wieder zu schnell was das Lesen betraff
Michael
Irgendwie schade, dass bei einem solchen Artikel, der durchaus dazu einlädt über Systeme und taktische Anweisungen zu debattieren, genau dieser zitierte Satz hängen bleibt.
cdmx
Wie gesagt, war mein Fehler das ich es nicht richtig gelesen habe
Ostalb-Devil
Ich finde es eine treffende Analyse.
Insbesondere die taktischen Aussagen und zum Thema offensives Spiel über lange Bälle!
Rein die Besetzung muss das eigentlich hergeben!
Das geht aber nur über Konzentration und klare Selbstreflexion!
Danke für die Analyse Parismont
DKW-Hummel-Driver
"Immer wieder" die beiden entscheidenden Worte in der Überschrift des Artikels!!
Man befindet sich wiedermal in der scheinbar nie endenden Tristesse, die man seit Jahren "immer wieder" erlebt. Ein schlechter Saisonstart, aufgrund teils desolater Leistungen! Leistungsschwankungen die nicht erklärbar sind. Top-Drittliga-Spieler als Neuzugänge, die im FCK-Trikot das Kicken verlernen. Individuelle Fehler, die grundsätzlich sofort bestraft werden und auf der anderen Seite die selben Geschenke des Gegners, die vom FCK aber selbstverständlich nicht genutzt werden (z.B. Redondo vs. 1860). "Immer wieder" das alte Muster...
Und inzwischen denke ich auch, das wir wieder nicht mit nur einem Trainer die Saison bestreiten werden, weil "immer wieder" ein Trainerwechsel kommen wird..... Ich mag Antwerpen, eigentlich passt er vom Typ her, genau zum FCK.
Aber wer gegen den HFC ein halbstündiges FCK-Powerplay gesehen haben will, der scheint rat- und hilflos zu sein. Anders kann ich mir Antwerpens Einschätzung gegen Halle nicht erklären.....