Den charakterlichen Stecker gezogen

Foto: Imago / Jan Huebner

Schon nach dem ersten Heimspiel des neuen FCK-Trainers Friedhelm Funkel scheint die kurz aufkeimende Euphorie in eine Untergangsstimmung umgeschlagen zu sein. Nach einer passablen ersten Halbzeit brachen die Roten Teufel im Südwestderby gegen den Karlsruher Sportclub ein. Der FCK unterlag nicht nur deutlich mit 0:4, sondern gab eine regelrechte Bankrotterklärung ab und präsentierte sich wie ein Absteiger. Während die Konkurrenz verstanden hat, worum es geht, lassen die Pfälzer im Abstiegskampf alle wichtigen Attribute vermissen.


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Unausgewogener Kader


Zur Überraschung vieler stand Ben Zolinski als Linksverteidiger in der Startelf und machte seine Sache bis zu seiner Auswechslung recht ordentlich. Überraschend deshalb, weil Zolinski unter den letzten beiden Trainern keine Rolle spielte und es nicht einmal in den Spieltagskader schaffte. Mit Frank Ronstadt und Hendrick Zuck fehlten zwei Außenverteidiger verletzt - der dritte, Tymoteusz Puchacz, fehlte gelbgesperrt, so dass Funkel die Alternativen ausgingen. Umso erstaunlicher, dass Almamy Touré als gelernter Außenverteidiger nicht den Vorzug erhielt, sondern 90 Minuten auf der Bank saß. Dabei war er noch der große Hoffnungsträger in der Defensive. Aufgrund seiner Einstellung wohl eine Fehleinschätzung.


Statt die Defensive zu stärken, wurde im Winter in der Offensive nachgelegt. Mit Ausnahme von Filip Kaloc konnte bisher niemand als echte Verstärkung bezeichnet werden. Doch gerade im Abstiegskampf sind Soforthilfen und keine Experimente gefragt. Auf der anderen Seite verlor der Kader zuletzt immer mehr seiner echten Typen wie Terrence Boyd, Andreas Luthe und im letzten Winter Mike Wunderlich, die für das Mannschaftsgefüge enorm wichtig waren und auch mal vorangegangen sind. Stattdessen ist der Kader aufgebläht mit Mitläufern, die auftrumpfen, wenn es läuft, aber abtauchen, wenn es darauf ankommt.

Extreme Gegensätze


Wie schon im Auswärtsspiel gegen Nürnberg legte Friedhelm Funkel den Fokus auf die Defensive. Der 1. FC Kaiserslautern reagierte mehr als zu agieren und setzte auf Umschaltspiel. Allerdings agierten die Roten Teufel viel zu passiv gegen den Ball und verschoben bei Ballgewinn viel zu sporadisch nach vorne, so dass die Offensivkräfte weitgehend auf sich allein gestellt waren. Zudem wurde der Ball oft einfach blind nach vorne geschlagen, um ihn aus der Gefahrenzone zu befördern, frei nach dem Motto: Die da vorne werden schon etwas damit anfangen können. Eine spielerische Struktur war über weite Strecken nicht erkennbar, zu viel geschah zufällig. Immerhin stand die Abwehr in einer ereignisarmen ersten Halbzeit sicher und ließ auch nichts zu.


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Mit einer offensiveren Ausrichtung sollte der zweite Durchgang offensiv vielversprechender werden und tatsächlich hatte Marlon Ritter prompt die beste Chance des Spiels. Doch statt in Führung zu gehen, geriet der FCK in Rückstand. Die Roten Teufel finden derzeit nicht die richtige Balance zwischen Defensive und Offensive. Stehen die Lautrer tief, lassen sie wenig wenig zu - wollen sie offensiver agieren, laden sie den Gegner förmlich zum Toreschießen ein.

Blutleerer Auftritt


Doch was sich nach dem ersten Gegentor abspielte, war wohl die schlechteste Leistung einer Lautrer Mannschaft in dieser Saison. Zwar war ein kurzes Aufbäumen zu erkennen, doch das Team von Friedhelm Funkel brach förmlich in sich zusammen. Keine fünf Pässe in Folge kamen an den Mann - und wenn eine Flanke geschlagen wurde, kam sie meist auf Kniehöhe an. Von der Zweikampfführung ganz zu schweigen, ließ sich der FCK regelrecht den Schneid abkaufen. Die weiteren Gegentore waren zwar zum Teil unglücklich, aber irgendwann ist es kein Pech mehr, sondern Unvermögen. Kein Kampf, keine Laufbereitschaft, die Hausherren ließen sich einfach alles gefallen. Die Grundtugenden gingen komplett verloren.


Und hier sind wir beim Hauptproblem der sportlichen Talfahrt: Fußball findet vor allem im Kopf statt. Und da hat die Mannschaft ein echtes Problem. Aus Angst vor Fehlern wird der Ball schnell zum Nächsten weitergespielt, und in der Defensive bricht das Grundgerüst bei der kleinsten Schwierigkeit wie ein Kartenhaus zusammen. Auch von den Führungsspielern ging keiner voran, sie waren mehr mit sich selbst beschäftigt, als das Ruder herumzureißen. Dass die Mannschaft fußballerisch in der zweiten Liga mithalten kann, hat sie gerade in der Hinrunde bewiesen. Es fehlen derzeit einfach Spieler, die Verantwortung übernehmen. Vielleicht ist es auch einfach eine Frage des Charakters innerhalb der Mannschaft - und vielleicht ist die Talfahrt auch einer gewissen Gleichgültigkeit einiger Spieler geschuldet, die im Falle eines Abstiegs einfach woanders unterkommen werden. Oder einige haben den Ernst der Lage noch nicht erkannt, weil der Kader angeblich besser ist als der Tabellenplatz. Sollte dies der Fall sein, dürfte es für den FCK schwer werden.

Die Hoffnung stirbt zuletzt


So besorgniserregend die aktuelle Situation ist und so wenig Mut die erschreckend schwachen Leistungen machen: Noch ist der FCK nicht abgestiegen. Denn es gibt noch einen Funken Hoffnung. Das Spiel gegen den KSC war zwar ein neuer Tiefpunkt, aber vielleicht auch ein Wendepunkt. Eine ähnliche Situation gab es in der jüngeren Vergangenheit schon einmal, als Milan Sasic im Jahr 2008 nach einer Heimniederlage zum Gang in die Westkurve aufforderte und damit die Initialzündung für den Klassenerhalt gab. Mit Friedhelm Funkel hat Kaiserslautern einen erfahrenen Trainer, der schon in noch aussichtsloseren Situationen war.


Deshalb muss es in den kommenden Tagen in erster Linie darum gehen, mit genau dieser Erfahrung die Köpfe der Spieler frei zu bekommen. Es sind jetzt viel mehr Menschenkenntnis und psychologische Ansätze gefragt, und der Trainer muss schleunigst eine erste Elf finden, die bereit ist das Heft des Handelns in die Hand zu nehmen. Denn noch befinden sich die Roten Teufel in unmittelbarer Schlagdistanz zu den Nichtabstiegsplätzen und schon in den nächsten Wochen kann alles ganz anders aussehen. Mit Hansa Rostock und dem VfL Osnabrück stehen dem FCK in den nächsten Spielen die ersten Endspiele gegen direkte Konkurrenten bevor. Hier wird sich der wahre Charakter der Mannschaft zeigen.


#FCKKSC: Die Spielernoten der Treffpunkt Betze-Redaktion:



Quelle: Treffpunkt Betze


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