Friedhelm Funkel: „Arbeite lieber mit einem kleineren Kader“ (2/2)

Foto: Getty Images / Andreas Schlichter

Im ersten Teil unseres Interviews mit FCK-Trainer Friedhelm Funkel sprachen wir mit dem 70-Jährigen über seine Beweggründe, die Roten Teufel zu übernehmen, seine Zeit als Spieler in Kaiserslautern und sein Fazit nach den ersten Wochen. Im zweiten Teil spricht der Rheinländer über die Mannschaftshierarchie beim FCK, das erhöhte Trainingspensum in der Länderspielpause und den Umgang mit den Fans.


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„Auf das 0:4 hätte ich gerne verzichtet"


Treffpunkt Betze: Sie sind bereits der dritte Trainer in der laufenden Saison. Nach dem Remis in Nürnberg folgte in Ihrem zweiten Spiel diese unsagbare Derbypleite. Was hat sich danach verändert? Schließlich holte Ihre Mannschaft 7 von 9 Punkten aus den letzten drei Spielen?


Friedhelm Funkel: Auf das 0:4 hätte ich gerne verzichtet, die Mannschaft und unsere Fans natürlich auch. Aber vielleicht hat uns im Nachhinein betrachtet das Spiel auch ein bisschen geholfen. Es kommt selten vor, dass irgendwo ein neuer Trainer anfängt und es gleich super läuft. Das gibt es zwar auch, aber die Realität sieht oft anders aus. Das Spiel gegen Karlsruhe war in der ersten Halbzeit noch sehr taktisch geprägt. Es war kein schönes Spiel, es war für die Zuschauer eher langweilig. Aber wir haben dem Gegner in diesen ersten 45 Minuten keine einzige Torchance gestattet. Sie uns jedoch auch nicht. Für mich war dann relativ klar, dass wahrscheinlich die Mannschaft gewinnt, die das erste Tor schießt. Wir hatten direkt nach dem Seitenwechsel eine Riesenchance von Marlon (Anm. der Redaktion: Ritter) und kassieren im Gegenzug das 0:1. Die Mannschaft wollte dann zu schnell zu viel und meinte es im Prinzip zu gut. Sie hat versucht, möglichst schnell den Ausgleich zu erzielen und hatte nicht die Geduld, mit dem Rückstand noch eine Weile zu spielen, um auf die sich bietenden Chancen zu warten. Dadurch haben wir total die Ordnung verloren und der KSC als spielstarke Mannschaft hat uns ausgekontert. Dazu haben wir individuelle Fehler gemacht und dann verlierst du so ein Spiel mit 0:4. Dann ist man als Trainer erst einmal gefordert und muss sich überlegen, was man ändern muss. Ich habe gleich am nächsten Morgen angefangen und die Jungs zum Laufen an die frische Luft geschickt. Aber nicht als Strafe, sondern eigentlich nur, um den Kopf frei zu bekommen. Ich kenne das von mir. Wenn ich Frust abbauen will, kann ich das schneller verarbeiten, wenn ich mich auspowere.


Das nächste Spiel war in Rostock. Ein sehr wichtiges Spiel, in dem wir auch ein bisschen Glück hatten. Wir schießen ein frühes Tor und der Gegner bekommt eine berechtigte gelb-rote Karte. Wir haben es dann viel besser gemacht als gegen den KSC. Wir haben nicht versucht, mit der Brechstange auf das 2:0 zu gehen, sondern hatten die Geduld abzuwarten. Wenn man so lange in Überzahl spielt, muss man den Ball und den Gegner laufen lassen, irgendwann werden sie müde. Darauf haben wir gewartet und das entsprechend ausgenutzt.


Die nächste Steigerung erlebten wir gegen Osnabrück. Wir sind wieder in Rückstand geraten, aber dieses Mal ist es die Mannschaft genau richtig angegangen. Sie hat nicht den Kopf verloren und kontrolliert statt planlos die Offensive gesucht. Dafür wurden wir belohnt, nur um kurz darauf wieder in Rückstand zu geraten, was die Mannschaft aber nicht aus der Bahn warf. Ich bin ganz ehrlich: Nach dem Spielverlauf hätte ich mich über Unentschieden nicht beschweren können. Uns kam aber entgegen, dass Osnabrück gewinnen musste und am Ende zu viel wollte. Fehler im Aufbauspiel, Ballverlust, wir haben das konsequent ausgespielt und uns am Ende für unsere Geduld belohnt.


Treffpunkt Betze: Nach dem KSC-Spiel haben Sie bemängelt, die Mannschaft verfüge über keinen ernstzunehmenden Führungsspieler. Wie steht es ein paar Wochen später um diejenigen, die bereit sind, vorneweg zu gehen und die Mannschaft zu führen?


Friedhelm Funkel: Es kristallisiert sich immer mehr heraus, dass es schon Spieler gibt, die ihre Mitspieler lautstark dirigieren. Das sind dann Spieler wie Marlon Ritter, Jean Zimmer, Boris Tomiak oder auch Ragnar Ache. Das sind vier Jungs, von denen ich erwarte, dass sie auf dem Platz lauter werden, was sie teilweise auch schon geworden sind. Und auch auf dem Trainingsplatz merkt man, dass da viel mehr Leben drin ist und die Spieler sich gegenseitig unterstützen. So muss es sein, aber das sind Dinge, die Zeit brauchen, auch wenn wir nicht viel Zeit haben. Wir müssen so schnell wie möglich punkten und dafür müssen wir dranbleiben und dürfen nicht nachlassen.

„Wir haben sehr intensiv gearbeitet“


Treffpunkt Betze: Obwohl die Ausfallzeit von Ragnar Ache noch nicht offiziell verkündet wurde, stellt sich die Frage, wie es gelingen soll, seine Qualitäten adäquat zu kompensieren? Denn in den sechs Spielen ohne Ache hat der FCK erst einen Punkt geholt. Welche personellen oder taktischen Alternativen haben Sie im Kopf?


Friedhelm Funkel: Ich muss ehrlich sagen, dass ich mir in dieser Woche noch keine Gedanken über das Spiel gegen Düsseldorf gemacht habe und auch nicht darüber, wer Ragnar Ache in diesem Spiel ersetzen könnte. Diese Woche ging es darum, hart zu arbeiten, Anfang nächster Woche geht es in die Vorbereitung auf das Spiel gegen Fortuna. Es gibt drei oder vier Möglichkeiten, wie wir Ragnar ersetzen könnten, aber intensiv denke ich darüber erst ab Dienstag nach.


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Treffpunkt Betze: In diesem Zusammenhang könnte der große Kader und die Qual der Wahl für Sie ja zum Vorteil werden.


Friedhelm Funkel: Ich persönlich arbeite lieber mit einem kleineren Kader. Ich bevorzuge Kader mit 22 Feldspielern, weil dann immer drei Jungs aus dem Nachwuchsbereich mittrainieren können. Wenn alle gesund sind, musst du trotzdem vier Spieler zu Hause lassen, aber jetzt musst du sechs oder sieben zu Hause lassen, was eigentlich zu viel ist.


Treffpunkt Betze: Kurz vor dem letzten Saisondrittel bietet die Länderspielpause noch einmal die Möglichkeit, Defizite - eventuell auch im konditionellen Bereich - aufzuarbeiten. Wo sehen Sie aktuell den größten Handlungsbedarf?


Friedhelm Funkel: Ganz klar im körperlichen Bereich. Seit ich hier bin, haben wir kein einziges Tor in der ersten Halbzeit kassiert, sondern immer erst in der zweiten Halbzeit. Das ist ein echtes Phänomen. In der Tabelle der ersten Halbzeit sind wir unter den ersten Sechs und in der Tabelle der zweiten Halbzeit sind wir auf einem Abstiegsplatz. Also haben wir in letzter Zeit sehr intensiv gearbeitet. Insgesamt liegen sehr anstrengende Trainingseinheiten hinter der Mannschaft, aber die Jungs haben voll mitgezogen, auch wenn sie solche Einheiten nicht gerne machen, was ich absolut verstehen kann. Aber wir müssen jetzt die Grundlagen legen, um im Saisonendspurt voll da zu sein.

„Es muss nicht immer alles vom Trainer vorgegeben werden“


Treffpunkt Betze: Thomas Hengen hat im Zusammenhang mit der Entlassung von Dirk Schuster von fehlenden Betze-Tugenden gesprochen und dies unter anderem an unterdurchschnittlichen Lauf- und Ballbesitzwerten festgemacht. Sie haben zuletzt betont, dass Sie kein Freund solcher Statistiken sind und diese auch nicht zur Beurteilung eines Spiels heranziehen. Wird der Fußball aus Ihrer Sicht manchmal zu wissenschaftlich betrachtet?


Friedhelm Funkel: Ich wäre dumm, wenn ich Statistiken ablehnen würde, aber man sollte sie auch nicht überbewerten. Ich glaube, dass zum Beispiel die Ballbesitzwerte überhaupt nicht ausschlaggebend sind, ob man ein Spiel gewinnt oder verliert. Für mich sind die körperliche Verfassung oder auch das Zweikampfverhalten entscheidende Parameter, die ein Spiel beeinflussen. Statistiken können helfen, Dinge zu beurteilen, aber man muss sehr sachlich und differenziert damit umgehen. Alles an Statistiken festzumachen, halte ich für falsch. Wir sind Menschen und dürfen uns nicht an Statistiken messen und auch nicht zu sehr in ein taktisches Schema pressen lassen, dass die Spieler gar nicht mehr wissen, was sie machen sollen. Ich möchte meinen Spielern Einfachheit und Klarheit vermitteln und dass sie auf dem Platz auch selbst Entscheidungen treffen. Natürlich gibt es taktische Grundkonzepte, die eingehalten werden müssen, aber es muss nicht immer alles vom Trainer vorgegeben werden.



Treffpunkt Betze: Ist diese Entscheidungsfreiheit, die Sie den Spielern auf dem Feld einräumen ein Stück weit der Grund, dass Sie gern auf ältere Spieler, die zum Teil bei Ihren Vorgängern eigentlich gar keine Rolle mehr gespielt haben, zurückgreifen?


Friedhelm Funkel: Ja, auf jeden Fall. Aber ich bin auch ein Verfechter junger Spieler. Ich habe in meiner Trainerkarriere sehr, sehr viele junge Spieler in die Bundesliga gebracht. Aber ohne Erfahrung auf dem Platz geht es eben auch nicht. Ich habe schon bei meinen früheren Stationen in Köln oder Düsseldorf ältere Spieler zurückgeholt, die dann sogar noch einmal in der Bundesliga gespielt haben. Es muss eine gesunde Mischung sein.

"Dann bitte ich ihn ernsthaft, dieses Verhalten zu hinterfragen"


Treffpunkt Betze: Sie legen großen Wert auf die Nähe zu den Fans und verlangen dies auch von Ihren Spielern, bspw. wenn es um Gespräche oder Autogrammwünsche geht. Kommen solche “alten Tugenden”, wie Sie es einmal genannt haben, im Fußballgeschäft inzwischen zu kurz? Und warum sollte man sie wieder aufleben lassen?


Friedhelm Funkel: Ja, das kommt leider ein bisschen zu kurz, das stimmt. Es ist doch etwas Schönes, wenn man mit seiner Person anderen Menschen, seien es Erwachsene oder Kinder, eine Freude machen kann, nur weil man sich kurz für ein Foto zur Verfügung stellt oder eine Unterschrift gibt. Das habe ich nie abgelehnt, das habe ich schon immer so gemacht. Wenn ich vom Trainingsplatz komme, mache ich das so lange, bis alle zufrieden sind. Und das erwarte ich auch von den Spielern. Und wenn ich sehe, dass einer das nicht macht, dann suche ich hinterher das Gespräch und bitte ihn ernsthaft, dieses Verhalten zu hinterfragen und beim nächsten Mal anders zu reagieren. Die Fans nehmen zum Teil weite Wege auf sich, nur um uns zu sehen, da sehe ich es auch als unsere Pflicht an, dass wir uns den Leuten stellen und vielleicht auf diese Weise auch etwas zurückgeben.


Treffpunkt Betze: Sie haben immer betont, nur bis zum Ende der Saison als Trainer zur Verfügung zu stehen. Wie oft wurde versucht, Sie diesbezüglich umzustimmen?


Friedhelm Funkel: Um ehrlich zu sein, noch nicht ein einziges Mal.


Treffpunkt Betze: Gibt es denn ein Szenario, in dem Friedhelm Funkel auch in der kommenden Saison beim FCK bleibt, entweder weiterhin als Trainer oder beispielsweise auch in beratender Funktion?


Friedhelm Funkel: (Denkt nach) Mir macht es wieder so viel Spaß, dass ich nichts ausschließen kann (lacht).


Quelle: Treffpunkt Betze


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Antworten 22

  • Wir können alle echt froh sein so einen erfahrenen und bodenständigen Trainer wie Funkel zu haben.

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  • Sollten wir den Klassenerhalt mit Ihnen schaffen Herr Funkel,dann denken Sie bitte darüber nach, ob Sie nicht vielleicht noch ein Jahr dran hängen.

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  • Sollten wir den Klassenerhalt mit Ihnen schaffen Herr Funkel,dann denken Sie bitte darüber nach, ob Sie nicht vielleicht noch ein Jahr dran hängen.

    Aufgrund seines Alters und dem nervenaufreibenden Job als Trainer wünsche ich mir das ehrlich gesagt nicht. Auch weil in Schwächephasen kübelweise Dreck über ihn geschüttet würde.

    ABER, ich hätte ihn wahnsinnig gerne als sportlichen Leiter der bei der Trainerauswahl und bei dem Aufbau der Mannschaft zusammen mit Hengen das Zepter führt. Und wenn es nur für 1-2 Jahre wäre.

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  • Für mich hört es sich so an als wollte FF gerne weitermachen. Aber der Verein ist diesbezüglich noch nicht aktiv geworden.

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  • Funkel hat doch recht, es langt eigentlich ein 23-24 SpielerKader.

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  • Aufgrund seines Alters und dem nervenaufreibenden Job als Trainer wünsche ich mir das ehrlich gesagt nicht. Auch weil in Schwächephasen kübelweise Dreck über ihn geschüttet würde.

    ABER, ich hätte ihn wahnsinnig gerne als sportlichen Leiter der bei der Trainerauswahl und bei dem Aufbau der Mannschaft zusammen mit Hengen das Zepter führt. Und wenn es nur für 1-2 Jahre wäre.

    Das wäre auch eine Möglichkeit. Bin ich voll Daccord mit.Es spielt bei mir die Angst mit,was nach FF kommt und der nach wie vor an mir zehrender Abstiegskampf. Die Kompetenz von FF bekommen wir nicht ohne Ihn.So viel ist sicher.

    Danke 1
  • Für mich hört es sich so an als wollte FF gerne weitermachen. Aber der Verein ist diesbezüglich noch nicht aktiv geworden.

    Das denke ich insgeheim auch.Der hat wieder richtig Bock.Nicht nur als Feuerwehrmann.

    Danke 1
  • Friedhelm bleib einfach, zu Hause is doch langweilig :D Ich würde mir wünschen, daß er noch ein Jahr bleibt und seinen Nachfolger gleich mit suchen hilft und aufbaut. Das wäre dann mal nachhaltig und erfreulich. :jubel:

    Gefällt mir 3 Danke 1
  • wenn man bei funkel ein wenig zwischen den zeilen ließt,dann kommt

    man zwangsläufig zum ergebnis...funkel hat eine mannschaft von

    schuster übernommen,die einfach nicht fit war.das macht es für einen

    neuen trainer nur noch schwerer,eine mannschaft in die spur zu bekommen.


    zum glück hat funkel das problem frühzeitig erkannt und daran gearbeitet.

    die entlassung von schuster kam leider zu spät.

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  • Dazwischen gab es noch einen Trainer, der die Winterpause hätte nutzen

    können, wenn überhaupt solche Defizite vorhanden waren, zu korrigieren.

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