Am Ende bebte der Betze. Feiertag nach dem Coup im Cup. Es war nach starker zweiter Halbzeit in der regulären Spielzeit ein verdienter Heimsieg des Drittligisten gegen den Zweitligisten.
Schommers überrascht mit Taktik
Wer nicht wagt, der nicht gewinnt? FCK-Trainer Boris Schommers, der Taktik-Tüftler, überraschte gestern Abend mit einer 3-5-2-Variante. Erstmals in dieser Saison – außer im Verbandspokal – startete André Hainault, der links in der Dreierkette, die Kevin Kraus zentral führte, gut agierte. Der kopfballstarke Lukas Gottwalt, rechts eingegliedert, schaltete in der 30. Minute am schnellsten, als er den Ball nach einem von Grill abgewehrten Scharfschuss Sebastian Kerks kurz vor der Torlinie wegschlug.
Schnelle Führung, schneller Ausgleich
So schnell wie der FCK zuletzt stets ins Hintertreffen geraten war, ging er gestern in Führung. Nach einem Pass Philipp Herchers hatte Enrico Valentini Florian Picks Solo regelwidrig beendet. Timmy Thiele nutzte den Foulelfmeter zum 1:0 (8.). Die Führung hielt Grill eine Minute später fest, als er einen satten Linksschuss von Johannes Geis entschärfte. Wie gewonnen, so zerronnen: Thieles Kopfballabwehr nach Geis-Freistoß nagelte Lukas Jäger in den Winkel – 1:1 (15.). Zwei Minuten später eine feine Lauterer Kombination über Hercher und Pick, Thiele steuerte allein aufs „Club“-Tor zu, das Patric Klandt in dieser Situation sauberhielt.
FCK wird mutiger
Der FCK, nach der Pause in Richtung Osttribüne unterwegs, wurde nun mutiger – und besser. In der 50. Minute setzte Pick den schnellen Thiele ein, der war nah dran am 2:1, aber Jäger löschte im letzten Moment. Lauterns „Vor-Presser“ Christian Kühlwetter verdiente sich einen Fleißpreis, lief und ackerte. Seine Versuche, mit langen Pässen auf den umtriebigen Thiele einem weiteren Treffer die Bahn zu ebnen, missglückten. Gut fürs Lauterer Spiel: die Zentralverriegelung mit Carlo Sickinger und dem enorm zweikampfstarken Gino Fechner an seiner Seite.
Fan-Unmut über Picks Auswechslung
Nach 70 Minuten erstmals Pfiffe – sie galten Schommers, der Pick, den besten Mann auf dem Platz, aus dem Rennen nahm und Lucas Röser brachte. Der Grund des Trainers: Pick litt an einer schweren Erkältung und wollte raus; das war zuvor so abgesprochen, bestätigte Pick. Vier Minuten später stürmte Pick wieder – als Gratulant zu Timmy Thiele. Der Stürmer hatte auch seinen zweiten Elfmeter verwandelt. Und wie! Bedient von Kühlwetter, wurde „Turbo“ Schad gelegt, Thiele traf. Aber Schiedsrichter Guido Winkmann entschied auf Wiederholung. Thiele, ganz Kaltblut, traf – 2:1.
Grills Lapsus verhindert vorzeitigen Sieg
Die Stimmung: ganz Betze unter Flutlicht. Dann der unfassbare Lapsus des Lennart Grill. Anstatt den Ball abzuschlagen, legte er ihn auf den Rasen, hinter seinem Rücken tauchte Michael Frey auf und egalisierte eine Minute vor Schluss. „Ich wollte einfach Zeit von der Uhr nehmen, habe den Gegenspieler nicht gesehen“, sagte Grill. Verlängerung! Und dann hielt Unglücksrabe Grill den FCK mit fantastischen Paraden im Spiel: 107. Minute: Geis hämmert einen Freistoß aufs Tor – Grill pariert im Flug. 110. Minute: Konter – Dovedan frei – Grill hält. 113. Minute: Doppelchance für Handwerker und Hack – Grill hält zweimal. Die Dramatik wächst. FCN-Torhüter Klandt verletzt sich drei Minuten vor dem Ende ohne gegnerisches Einwirken. Nürnberg hat schon viermal gewechselt – Außenverteidiger Enrico Valentini geht ins Tor.
Elfmeterschießen. Die ersten elf sind drin. Dann hält Grill! „Wenn du so was verbockst, musst du schauen, dass du nicht so aus dem Spiel rausgehst“, sagte der Pokalheld, „und das habe ich gemacht.“
So spielten sie
1. FC Kaiserslautern: Grill - Gottwalt, Kraus, Hainault - Schad (103. Hemlein), Kühlwetter, Sickinger, Fechner (79. Starke), Hercher - Thiele (97. Bjarnason), Pick (70. Röser)
1. FC Nürnberg: Klandt - Sorg (27. Handwerker), Sörensen, Mühl, Valentini - Jäger, Geis - Picanco (96. Dovedan), Behrens (82. Ishak), Kerk (69. Hack) - Frey
Tore: 1:0 Thiele (8., Foulelfmeter), 1:1 Jäger (15.), 2:1 Thiele (74., Foulelfmeter), 2:2 Frey (89.) - Elfmeterschießen: 1:0 Kraus, 1:1 Geis, 2:1 Röser, 2:2 Hack, 3:2 Starke, 3:3 Dovedan, 4:3 Kühlwetter, 4:4 Frey, 5:4 Hemlein, 5:5 Sörensen, 6:5 Bjarnason, Handwerker scheitert an Grill
Gelbe Karten: Schommers (Trainer) - Dovedan, Geis, Valentini - Beste Spieler: Pick, Thiele, Schad - Geis, Jäger
Zuschauer: 21.714
Schiedsrichter: Winkmann (Kerken).
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KOMMENTAR
Grill-Fest bei der Fast-Tragödie
Im DFB-Pokal zeigt der FCK Klasse. Die Roten Teufel stehen im Achtelfinale. Das tut der Kasse und dem Klima auf dem Betze gut!
Aus dieser Kür muss der 1. FC Kaiserslautern Kraft, Zuversicht und Selbstvertrauen für den Klassenkampf in Liga drei schöpfen: Beim 8:7 nach Elfmeterschießen gegen Zweitligist 1. FC Nürnberg zeigten die Lauterer vor allem in der zweiten Halbzeit der regulären 90 Minuten eine Klasseleistung. In die Verlängerung mussten sie nur, weil ihr Torhüter Lennart Grill schwer patzte.
Der FCK hat einen sehr guten Torwart. 89 Minuten spielte Grill fehlerlos – dann schenkte er in vorletzter Minute dem „Club“ den Ausgleich. Wieder so ein „Bock“! In Münster verlor der FCK 2:3 nach einem spielentscheidenden Fehler Grills. Beim 1:3 in München patzte Grill nach dem Anschlusstreffer der Roten Teufel. Letzten Sonntag verschuldete der 20-Jährige das 0:2 beim 1:3 in Chemnitz.
Tragisch, dass die Ernte gestern schon fast in der Scheune war, als Grill sich einen Blackout leistete. In der Verlängerung hielt er – ganz U21-Nationaltorhüter – meisterlich und rettete den FCK ins Elfmeterschießen, das er entschied, indem er Handwerkers „Elfer“ entschärfte. Torwartschicksal: Erst fast der Depp, dann der Held. Für den FCK ist und bleibt Lennart Grill eine wertvolle Größe.
Die Rheinpfalz