ZitatAlles anzeigenAm 18. Mai 2008 hat der 1. FC Kaiserslautern den Absturz in die Drittklassigkeit in letzter Sekunde verhindert. Die dramatischen Szenen und andere Turbulenzen aus der jüngsten Vergangenheit gibt"s jetzt als Kinofilm. Titel: „Herzblut".
Von Torben Müller
Bastian Schulz, derzeit verletzter Mittelfeldspieler, wagt den Sprung ins Bodenlose: In der Vorbereitung auf die aktuelle Spielzeit stürzt er sich mit einem Fallschirm aus dem Flugzeug. Die Kamera begleitet ihn.
Mit dieser symbolträchtigen Szene, dem Aufbruch in die bislang so erfolgreiche Saison 2009/2010 der Roten Teufel, beginnt „Herzblut - der FCK-Film". Fast zwei Jahre lang ist der Zweibrücker Filmemacher Marc Litz Mannschaft, Verantwortlichen und Fans des 1. FC Kaiserslautern auf Schritt und Tritt gefolgt. Gemeinsam mit Thomas Füßler hat er einen 90-minütigen (wie könnte es anders sein) Film produziert, der Emotionen weckt, Einblicke in Team- und Fan-Seele gewährt und selbst eingefleischten Anhängern einige Überraschungen bietet.
Zurück zum Inhalt: Neben dem freien Fall von Mittelfeldmotor Schulz zeigt der Film die Präsentation von Trainer Marco Kurz und Autogrammstunden mit Alexander Bugera und Sascha Kotysch. Das war"s dann aber auch schon zur aktuellen Spielzeit. Litz unterliegt nicht der Versuchung, die Erfolge der vergangenen Monate in den Mittelpunkt zu rücken, ein „Jetzt-steigen-wir-auf"- Werk vorzulegen - trotz aller Sicht durch die Fan-Brille. „Ein Kinofilm muss zeitlos sein", sagt er.
Deshalb thematisiert der 23-Jährige vor allem „Zeitloses". Begonnen mit den Aufnahmen hat er am legendären 18. Mai 2008, beim Abstiegs-Endspiel gegen den 1. FC Köln. Der Film sorgt für Gänsehaut, etwa wenn Stadionsprecher Horst Schömbs, Co-Trainer Roger Lutz, Ex-Trainer Milan Sasic oder zahlreiche Fans angesichts des einsetzenden Regens an diesem Tag den Mythos um Fritz Walter beschwören. Auszug: „Der Ball zum 2:0 kann nie reingehen. Das war, als hätte ihn einer mit der Hand "reingeschlagen."
Und der Film zeigt natürlich ausgelassene Jubelbilder: Die ehemalige Stadion-Moderatorin Debby Reuter wird im Kabinentrakt von der Mannschaft ins Wasser befördert, auf der Fahrt zum Stiftsplatz gibt das Team lauthals „Milan, wink" emol" zum Besten. Surreal anmutende Szenen, die den Eindruck vermitteln, hier hätte gerade eine D-Jugendmannschaft die Kreismeisterschaft errungen. Fußball in seiner reinsten Form. Erzählen dürfen die Helden von damals, heute und aus früheren Zeiten natürlich auch. Sie kommen in zahlreichen Interviews zu Wort, die stellenweise mit mehr bewegten Bildern unterlegt sein könnten, jedoch zu keiner Zeit Standardtexte liefern. Was Stefan Kuntz und Milan Sasic über ihr Vertrauensverhältnis erzählen, oder die Einblicke, die Ex-Trainer Sasic in sein Seelenleben gewährt - das ist ebenso überraschend wie bewegend.
Dazu gesellen sich große und kleine Geschichten rund um den Betzenberg. So macht Helmut Rasch, mit dem FCK Deutscher Meister 1951, fast 60 Jahre vergangene Partien zum Erlebnis. Auf der Tribüne des verlassenen Fritz-Walter-Stadions, mit geschlossenen Augen und wild gestikulierend, lässt er den Zuschauer noch einmal daran teilhaben, wie „Ottes zu Fritz passt und Fritz den so genannten tödlichen Pass spielt" - durch die gegnerischen Abwehrreihen hindurch. Und er, Rasch, versemmelt die Top-Gelegenheit.
Wichtige Protagonisten des Films sind außerdem diejenigen, die Vereinschef Stefan Kuntz, als „das Besondere" am FCK bezeichnet: die Fans, der zwölfte Mann. Litz bannt die Gedanken und Emotionen eingefleischter, teils skurriler Anhänger auf Zelluloid - etwa die von „Betze-Oma" Lieselotte Lorenz oder Matthias Gehring, Vorsitzender des schwul-lesbischen Fan-Clubs „Queer Devils". „Das ist eigentlich das Wichtigste an dem Film", betont Marc Litz, „die Fankultur, der einmalige Umgang mit der Vereinsgeschichte". Der Zweibrücker wurde selbst „zum Fan erzogen", wie er sagt.
Die Liebe zum Verein habe ihn dazu bewogen, die erste Dokumentation rund um den FCK zu produzieren, berichtet Litz. Fast zwei Jahre lang hat sich der Filmemacher, der zuvor hauptsächlich Musikvideos, Unternehmensfilme und Auftragsproduktionen gedreht hatte, voll und ganz seinem Verein hingegeben. Verdienstausfall inbegriffen. „Das war ein Riesenwagnis", befindet er, aber bei der Entscheidung habe „das Herz über den Verstand gesiegt".
So lebt der Film von der Leidenschaft der Mitwirkenden und seiner Macher. Litz ist zufrieden mit seinem Werk, das er durch Trainerwechsel, Spielerzu- und -abgänge immer wieder neu erfinden musste. „Es gab kein Drehbuch wie für einen Spielfilm", sagt er, „es galt, den Fußball abzubilden, wie er ist". Mit Tränen, Freude und viel „Herzblut"
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DIE SPIELSTÄTTEN „HERZBLUT" IM KINO
NOCH WENIGE PREMIEREN-KARTEN
Die Premierenfeier steigt am Donnerstag, 25. Februar, ab 20 Uhr, in der UCI Kinowelt in Kaiserslautern. Etliche FCK-Spieler und -Verantwortliche haben sich angekündigt. Filmstart ist um 20.30 Uhr. Da die 335 Karten im freien Verkauf in nur einer Stunde über die (Online-) Theke gingen, gibt es eine Parallelvorstellung in einem weiteren Saal. Auch die war schnell ausverkauft. Über 600 Leute schauen sich nun die Premiere an. Auch im Walhalla in Pirmasens läuft „Herzblut" am Donnerstag an. Einen Tag später startet er im Roxy in Neustadt und im Frankenthaler Lux. Weitere Spielstätten: Cinema Europa Zweibrücken, Universum Kinocenter Landau, Cinetower Neunkirchen, Camera Zwo Saarbrücken, Acud Kino Berlin.
Publikation: Ludwigshafener Rundschau
Ausgabe: Nr.8
Datum: Sonntag, den 21. Februar 2010
Seite: Nr.15