ZitatAlles anzeigenLauterer Uni an Erstellung der Spielpläne beteiligt - Vorgaben durch Polizei - Fairness und viele Zuschauer als Ziele
Von Torben Müller
Kaiserslautern. Der Spielplan der Fußball-Bundesliga, der am Montag erscheint, ist mit den Roten Teufeln im Bunde. Zumindest sein Macher: Wirtschaftsmathematiker Stephan Westphal von der Technischen Universität (TU) Kaiserslautern ist der Herr der Software, die für die Deutsche Fußball-Liga (DFL) die Ansetzungen ermittelt.
Mehr als 40 Jahre lang - von der Gründung der Bundesliga bis zur Spielzeit 2005/2006 - wurden die Spielpläne der deutschen Eliteklassen nach einem festen Schema erstellt. In einem Standardplan wurden Jahr für Jahr einfach die Vereine vertauscht. „Ich befürchte, da waren bis zuletzt Excel-Tabellen im Spiel", frotzelt Stephan Westphal von der Arbeitsgruppe „Optimierung" an der TU Kaiserslautern.
Und das war natürlich nicht mehr zeitgemäß. Denn im modernen Fußballgeschäft muss eine Vielzahl verschiedener Faktoren in die Planungen einbezogen werden. So können der FC Bayern und der TSV 1860 München nicht am gleichen Tag ein Heimspiel austragen, weil sie sich ein Stadion teilen. Andere Arenen sind für Konzerte oder Messen vorgebucht. Und auch die Polizei hat genaue Vorstellungen vom Spielplan: Heimspiele für Leverkusen und Köln zeitgleich und nur wenige Kilometer voneinander entfernt? Muss nicht sein. Ein Heimspiel der Hertha an einem 1. Mai, wenn in Berlin ohnehin alle Dämme brechen? Unmöglich.
Hinzu kommen sportliche Aspekte: Keine Mannschaft soll durch die Ansetzung benachteiligt werden. „Der FCK würde sich bedanken", erläutert Westphal, „wenn er als Aufsteiger gleich gegen die besten Vier der vergangenen Saison spielen müsste." Grundsätzlich soll vermieden werden, dass ein nominell schwächerer Verein gegen mehrere Spitzenteams hintereinander ran muss. Nach null Punkten aus den ersten vier Spielen rollen oft schon Trainer-Köpfe ...
Auch die Inszenierung einer Dramaturgie gehört dazu. „Das Programm verarbeitet nicht nur technische Vorgaben", weiß FCK-Fan Westphal, „auch Emotionen müssen natürlich mit einfließen." So nützt der schönste Spielplan nichts, wenn er keine Knaller-Begegnung als Auftaktspiel zu bieten hat. Und ein ganz wichtiges Kriterium: Die Ansetzung soll möglichst viele Zuschauer in die Stadien locken.
„Die Herausforderung ist es", umreißt der Wissenschaftler die Problematik, „sämtliche Bedingungen dem Computer so gut zu beschreiben, dass er ein möglichst gutes Ergebnis bekommt." Von „optimal" werde man aus wissenschaftlicher Sicht vermutlich nie reden können. Denn es sei nicht einmal bekannt, wie viele verschiedene Spielpläne in einer 18er-Spielklasse - wie der Ersten und Zweiten Bundesliga - überhaupt existieren. Alleine der einfache Standardspielplan, der bis 2006 genutzt wurde, ergibt - Westphal rechnet es vor - durch das Vertauschen der Vereine rund 6,4 Billiarden Möglichkeiten. Gut das 3500-fache der deutschen Staatsverschuldung in Euro.
Kein Wunder also, dass die DFL seit vier Jahren auf moderne Software setzt. Und das jetzt auch tüchtig vorantreibt. In den vergangenen 18 Monaten hat Westphal an einer Verbesserung des Programms gearbeitet - noch bessere Pläne sollen in noch schnellerer Zeit ausgegeben werden. „Nach zwei Minuten spuckt der Computer die erste sinnvolle Lösung aus, nach gut 20 Minuten hat er eine richtig gute gefunden", erläutert der 33-Jährige. Viele dieser guten Lösungen werden dann manuell verglichen. Was gefällt an dieser oder jener Lösung besser als an einer anderen? Welcher Aspekt muss zusätzlich noch berücksichtigt werden? Es wird an einigen Stellschrauben gedreht, dann wird der Rechner wieder auf die Reise geschickt.
Am Ende steht ein Ergebnis. Von dem hat Westphal in diesem Jahr gar keine Ahnung. In den vergangenen Spielzeiten half er der DFL noch dabei, die nötigen Bedingungen und Vorgaben ins Programm einzugeben. Aber selbst da wusste er nicht, für welchen der ermittelten „guten" Pläne sich die DFL am Ende entscheiden würde. „Das wird bis zuletzt gehütet wie ein Staatsgeheimnis."
Ein Computer von heute würde mehrere hundert Jahre brauchen, um jeden möglichen Spielplan einer Saison zu errechnen": Michael Westphal weiß um die Tücken der Saisonvorbereitung. FOTO: VIEW
Quelle: DIE RHEINPFALZ
Publikation: Ludwigshafener Rundschau