ZitatAlles anzeigenMit dem 2:0-Erfolg über Rekordmeister Bayern München hat Bundesliga-Aufsteiger 1. FC Kaiserslautern seiner Vereinsgeschichte ein glorreiches Kapitel hinzugefügt. Im Moment des Triumphs erinnert sich Vorstands-Chef Stefan Kuntz aber auch an die harte Zeit in der Zweiten Liga - und mahnt zur Bodenhaftung.
Von Oliver Sperk und Sebastian Stollhoff
Mannschaft und Fans im Freudentaumel
Zur Feier dieses denkwürdigen Fußball-Abends schlug Florian Dick einen Purzelbaum. Seine Mannschaftskollegen vom Bundesliga-Aufsteiger 1. FC Kaiserslautern bevorzugten beim Jubel mit den Fans den „Rasenflatscher", rutschten mit der Brust nach unten Richtung Westkurve. Diese am Freitagabend um 22.27 Uhr entstandenen Bilder werden ihre Betrachter auch in vielen Jahren noch erfreuen. Wenn sie keine Fans des FC Bayern München sind, der sich den taktisch klug und leidenschaftlich spielenden Roten Teufeln an diesem Abend mit 0:2 (0:2) geschlagen geben musste.
„Das war ein Wahnsinnsabend. Heute haben Herz und Wille gewonnen", sagte FCK-Trainer Marco Kurz hoch erfreut nach dem dritten Sieg seiner Mannschaft im dritten Pflichtspiel der noch jungen Saison. Dem 3:2 im DFB-Pokal beim VfL Osnabrück ließen die Lauterer Zweitliga-Meister zwei so nicht erwartete Erfolge in der Bundesliga folgen.
Kurz gab die Anerkennung, die Bayern-Trainer Louis van Gaal seinem Kollegen für dessen toll funktionierende Strategie zollte, an sein beherzt kämpfendes und oft wie entfesselt konterndes Team weiter - und an die FCK-Fans unter den 49.780 Zuschauern im ausverkauften Hexenkessel Fritz-Walter-Stadion. „Unterm Strich war das auch das Verdienst des Publikums, weil es die Mannschaft in schwierigen Phasen immer nach vorne peitscht", sagte der 41 Jahre alte FCK-Coach nach dem ersten Bundesliga-Sieg der Lauterer gegen die Münchner seit dem 13. April 1999 (damals 2:1).
Der 27. August 2010 ist nun auch so ein Datum für die Ewigkeit in den Erinnerungen aller FCK-Fans. Als ein dicker dunkelroter Punkt auf der nach oben zeigenden Befindlichkeitskurve, deren Wendepunkt jener 18. Mai 2008 markiert: der 3:0-Erfolg damals am letzten Zweitliga-Spieltag der Saison 2007/2008. „Während des Spiels habe ich daran gedacht, wie es vor zwei Jahren war beim Sieg gegen Köln. Damals wären wir beinahe in die Dritte Liga abgestiegen", sagte FCK-Vorstandsvorsitzender Stefan Kuntz am späten Freitagabend, „Wahnsinn, was alle hier zustande gebracht haben. Ich freue mich auch für den Coach, wie das alles aufgeht, was er macht."
Dass die akribische taktische Vorarbeit von Kurz und seinem Trainerteam vor dem ersten Lauterer Bundesliga-Heimspiel seit knapp 52 Monaten mit einem Sieg gegen den Meisterschaftsfavoriten München belohnt wurde, dafür standen vor allem drei Spielszenen. Erst hätte Bayerns Thomas Müller der Partie einen ganz anderen Verlauf geben können, aber er schob den Ball am Tor des später mehrmals bravourös haltenden Tobias Sippel vorbei (24.).
Es folgten die furiosen 66 Sekunden der Roten Teufel, als Mittelfeldmann Christian Tiffert den Impulsgeber für den wie aufgedreht wirbelnden Ivo Ilicevic mimte. „Das Traumtor von Ilicevic", wie FCB-Coach van Gaal später anerkannte, versetzte der nicht sattelfesten Bayern-Defensive den ersten Tiefschlag (36.). Der zweite folgte rund eine Minute später, als Ilicevic unter Mithilfe des Münchners Holger Badstuber Srdjan Lakic toll freispielte und der Kroate seine Spitzenposition in der Torjägerliste mit seinem dritten Saisontreffer zum 2:0-Endstand festigte (37.).
„Wir haben jetzt sechs Punkte aus zwei Spielen, das ist ein toller Start. Aber in Mainz fangen wir wieder von vorne an', sagte FCK-Boss Kuntz. Im Derby am Sonntag, 12. September, wird Ilicevic nach der sehr harten Gelb-Roten Karte, die er kurz vor dem Abpfiff quittierte, nicht dabei sein können. „Dass ich jetzt in Mainz fehle, geht mir schon noch durch den Kopf", meinte der 23-Jährige. Doch der dicke dunkelrote Punkt im Kalender wird auch ihn immer an jenen denkwürdigen Abend des 27. August 2010 erinnern.
Quelle: DIE RHEINPFALZ
Publikation: Ludwigshafener Rundschau