Samstag, 20. November 2010 "Betze-Geflüster: Worte schießen keine Tore" (Die Rheinpfalz)

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    Ich zweifele ja nicht selten an der Sinnhaftigkeit des ganzen Fußball-Showgeschäfts. Das Spiel an sich ist natürlich genial, gute Fußballspiele sind mit die beste Unterhaltung, die ich mir vorstellen kann. Aber immer dieses ganze Davor und Danach. Die unzähligen Interviews mit Trainern und Spielern. Die manchmal schon peinlich anmutende Hatz nach O-Tönen jedweder Art. Sprüche mit oft zweifelhaftem Inhalt, die mehr Platz in Zeitungen, Zeitschriften und vor allem im Fernsehen eingeräumt bekommen, als sie verdient haben.


    Umso wohltuender ist es da, Leute vor sich zu haben wie den Trainerfuchs Jupp Heynckes, den ich kürzlich vor dem Bundesliga-Gastspiel des 1. FC Kaiserslautern bei Bayer Leverkusen interviewen durfte (nur per Telefon, aber dennoch ergiebig und gehaltvoll). Oder den FCK-Cheftrainer Marco Kurz (dumme Sprüche: Fehlanzeige). Oder wie in dieser Woche beim obligatorischen Pressegespräch im Fritz-Walter-Stadion den FCK-Spieler Stiven Rivic. Ein wirklich netter Typ. Mit Humor gesegnet und dem Willen, dem Fragesteller auch tatsächlich eine ordentliche, eine durchdachte Antwort zu geben. Worthülsen bekommt man oft genug um die Ohren geföhnt. Wobei man betonen muss: Der FCK hat in dieser Hinsicht eine echt gute Truppe beisammen. Da wirkt eigentlich keiner abgehoben oder so arrogant, dass er denkt, für den Journalisten sei es eine Ehre, ihn interviewen zu „dürfen". Da gab"s früher ganz andere Kaliber auf dem Betzenberg. Spieler, die glaubten, die Fußball-Weisheit mit Löffeln gegessen oder dank ihres Könnens von Natur aus intus zu haben. Oder (vor meiner Zeit) Trainer, die die Pressemeute als absolute Zumutung empfanden und die Spieler wissen ließen, dass sie sich „mit denen" gar nicht zu unterhalten brauchen.


    Wie gesagt, zum Glück sind solche „Granaten" derzeit beim FCK nicht in Sicht. Zum modernen Berufsbild des Profifußballers gehört der regelmäßige Umgang mit den Medien dazu. Und trotzdem wäre in Sachen Interviews vor allem bei Live-Spielen im Fernsehen etwas weniger meistens mehr (wert). Viel wichtiger ist ohnehin, dass die Jungs gut kicken. Das machen die Roten Teufel bislang in dieser Saison auch - dabei holen sie aber zu wenig Punkte. Und in Nürnberg wird"s heute auch nicht leicht...
    Steffen Gall


    Quelle: DIE RHEINPFALZ
    Publikation: Ludwigshafener Rundschau

    „Es ist noch keiner vom Ball erschossen worden!"

    - Gerry Ehrmann -