ZitatAlles anzeigenDer Anti-Wieschemann
Im August 2002 war ein drollig dreinblickender weißhaariger Mann zu Gast im "Doppelpass", der sonntäglichen Schwatzrunde im Privatfernsehen. Der Mann redete sich in den folgenden 90 Minuten um Kopf und Kragen, ruderte vor und dann wieder zurück, lavierte, stammelte – und fasste seinen Auftritt dann auch noch selbst in die wunderbar treffenden Worte: "Wir alle haben ein Defizit an Durchblick." Das Waterloo des Wieschemann wurde zum Sinnbild für einen Verein, der völlig aus den Fugen geraten war, eines Dorfklubs, der sich mit dem eigenen Größenwahn zu Grunde gerichtet hatte.
Man muss seitdem nur dieses eine Wort sagen, Wieschemann, um in fußballaffinen Zirkeln wahlweise Kopfschütteln, mitleidige Blicke oder lauthalses Lachen zu verursachen. Genau das waren ja auch die Reaktionen, mit denen der fast halsbrecherische Absturz des 1. FC Kaiserslautern vom Europacup-Teilnehmer zum Fast-Absteiger in die Dritte Liga binnen lediglich fünf Jahren von Außenstehenden begleitet wurde: Unverständnis, Mitleid, Schadenfreude.
Am Sonntagmorgen saß nun erneut ein weißhaariger Mann im "Doppelpass". Nur handelte es sich dabei nicht um den Repräsentanten des FCK, sondern um den ewigen Udo Lattek, der im Grunde auch so etwas ist wie das menschliche Pendant zu einem vor die Hunde gegangenen Traditionsklub. Ihm gegenüber saß Stefan Kuntz, der Anti-Wieschemann, jung noch, nur leicht graumeliert, über freche Andeutungen souverän hinweglächelnd, in seinen eigenen Aussagen bestimmt - und überzeugt die persönlichen Positionen formulierend. Kein Stammeln, kein Rudern, keine peinliche Stille.
Quelle: Spox Blog