ZitatAlles anzeigenBevor Marco Kurz, Trainer des 1. FC Kaiserslautern, den Kader für das zweitletzte Saisonspiel am Samstag (15.30 Uhr) beim VfL Wolfsburg bekannt gibt, stehen für ihn wieder schwierige Entscheidungen an. Es gibt einige Härtefälle. Der Erfolg gibt Kurz in heiklen Personalfragen recht.
VON OLIVER SPERK
Stets die Qual der Wahl unter mehr als 20 Spielern zu haben, ist für einen Fußball-Lehrer aus fachlicher Sicht schön, menschlich aber keineswegs leicht. Aus 20 plus x baue einen 18er-Kader und eine Startelf und halte die Zwangsdaheimbleiber dennoch bei Laune. „Das sind Entscheidungen, die für einen Trainer unheimlich schwer sind”, sagt FCK-Coach Kurz, „aber es sind nie Entscheidungen gegen einen einzelnen Spieler. Es geht mir nur um eine erfolgreiche Formation für den 1. FC Kaiserslautern.”
Härtefall: Tobias Sippel (rechts) war seit 19. Oktober 2007 Jahre die Nummer 1 des FCK. Jetzt sitzt er auf der Bank.
Getreu diesem Motto hat der 41-Jährige in dieser Bundesliga-Runde den Abwehrverbund einige Male verändert. Kurz scheut sich auch nicht vor unpopulären Entscheidungen, wenn er davon überzeugt ist, dass eine bestimmte Veränderung dem Erfolg des Teams zuträglich ist. Spielte in der vergangenen Aufstiegssaison in fast allen Spielen die Viererkette Florian Dick, Martin Amedick, Rodnei, Alexander Bugera vor Torwart Tobias Sippel, so war von ihnen zuletzt - auch weil Dick verletzt ist - nur noch Rodnei in der Startelf. Mathias Abel für Kapitän, Sympathieträger und Musterprofi Amedick, Kevin Trapp für den fast immer fehlerfrei haltenden Nicht-Abstiegs- und späteren Aufstiegshelden Sippel - die zwei auffälligsten Personalentscheidungen des Trainers im Laufe dieser Rückrunde. Zuletzt machten sich Sippel, Amedick und Bugera, die Stützen der FCK-Defensive im Aufstiegsjahr, in und nach der Halbzeitpause gemeinsam warm. Und sahen Trapp, Abel sowie Leon Jessen auftrumpfen.
Härtefall: Martin Amedick (links) war zweieinhalb Jahre eine Bank beim FCK. Jetzt sitzt der Kapitän auf der Bank.
Nach dem 0:3 am 19. Februar bei Hannover 96 hatte Kurz das Gefühl, in der Defensive „etwas verändern” zu müssen. Er führte ein Gespräch mit Amedick und setzte ihn auf die Bank; allenthalben ungläubiges Staunen auf den Tribünen am 26. Februar beim Heimspiel gegen Hamburg. Letztlich gibt der Erfolg Kurz recht. Nur gegen Nürnberg (0:2) sah Abel - wie allerdings fast alle seine Mitspieler - schlecht aus. Ansonsten verlieh das Innenverteidiger-Duo Abel/Rodnei dem Defensivverbund Halt im nun zu 99 Prozent erfolgreich bestandenen Abstiegskampf. Ohne dass Amedick sich etwas vorwerfen müsste. „Schattenseiten” und „Begleiterscheinungen des Profi-Geschäfts” nennt Kurz solche Fälle, die er selbst in knapp 15 Profijahren und 300 Bundesligaspielen erlebt hat. So sieht es der Trainer auch im Fall von Torwart Tobias Sippel.
Der nun 23-Jährige plagte sich vor dem Spiel gegen den SC Freiburg am 12. März mit einer Grippe und bekam kurz vor dem Anpfiff Schwindelanfälle. Der 20-jährige Kevin Trapp wurde kurzfristig zur Nummer 1 und blieb es, weil sich Sippel auch im folgenden wichtigen Spiel in Mönchengladbach noch nicht hundertprozentig fit fühlte. Der FCK gewann beide Partien. „Kevin hat vor allem in Gladbach unter einem enormen Druck gestanden und hat diese schwierige Situation gemeistert. Der Abwehrverbund war in diesen Spielen stabil. Deshalb wollte ich nicht mehr wechseln”, begründet Kurz den für Sippel harten Schritt, auf den knapp zweieinhalb Jahre jüngeren Trapp zu setzen.
„Natürlich ist die Situation für Tobi nicht spannend. Aber ohne Tobi wären wir jetzt auch nicht in der Bundesliga und hätten dort keine 40 Punkte. Er hatte maßgeblichen Anteil am Aufstieg und hat uns in dieser Saison schon einige Punkte geholt”, betont Kurz, „ich sehe das jetzt auch nicht als Rückschlag für ihn. Er muss sich der Situation stellen und von hinten anschieben. Das ist wichtig für seine Persönlichkeitsentwicklung. Zudem weiß man ja, wie schnell es im Fußball gehen kann ...”
Die Schattenseiten lernt in diesen Monaten auch Ilian Micanski kennen. Der Bulgare wurde in Polen als wandelnde Torfabrik gefeiert, spielte beim FCK eine gute Vorbereitung. „Ilian ist dann auch aufgrund einiger Blessuren nie in den Rhythmus gekommen, sodass andere aktuell die Nase vorn haben”, sagt Kurz und meint neben Srdjan Lakic auch „Jimmy” Hoffer und Adam Nemec.
Ähnlich wie Micanski ergeht es Chadli Amri. Auch Danny Fuchs, Jiri Bilek und Bastian Schulz geben im Training stets Vollgas. Für den 18er-Kader hat es zuletzt trotzdem selten gereicht. Härtefälle im Traumjob Fußball-Profi.
Quelle: DIE RHEINPFALZ
Publikation: Ludwigshafener Rundschau