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Hintergrund - Beim letzten Heimspiel des Fußball-Bundesliga-Absteigers 1. FC Kaiserslautern gegen Meister Borussia Dortmund sind 300 Polizisten im Einsatz. Mit dabei: Jacqueline Renner. Am Samstag sorgt die Polizeibeamtin mit ihren Kollegen für Ruhe und Ordnung. Am Tag danach trägt sie beim Frauen-Zweitligisten FFC Niederkirchen das Trikot mit der Nummer 6 - eine Beobachtung am Rande. .
Ein trauriger Fußball-Tag für die Pfalz. Am zunächst letzten Bundesliga-Spieltag auf dem Betzenberg geht es für rund 300 Polizeibeamte trotzdem darum, wie an jedem Spieltag für Ruhe und Ordnung zu sorgen. Zu den Kräften, die zum Einsatz kommen, zählt auch die so genannte BFE, die Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit. „Sind Sie also da, wo's kracht?”, frage ich. „Ja, genau da”, sagt Peter Landau, der beim Spiel des FCK gegen Borussia Dortmund für die 90 Kollegen der Einheiten aus Mainz, Enkenbach-Alsenborn und Koblenz zuständig ist.
Pünktlich um 10 Uhr empfängt er mich in Enkenbach. „Und das sind 2,02 Meter?”, frage ich. Mir ist gesagt worden, dass er 2,02 Meter misst und ich mich gut hinter ihm verstecken kann. „2,04 Meter”, sagt er, schüttelt aber den Kopf. Nein, auch die reichen nicht, um immer ungeschoren davon zu kommen. Ich darf die Polizei an diesem Tag beim Einsatz begleiten.
Mich interessiert es, wie sich eine Frau mitten im Getümmel schlägt. Denn Dienst hat an diesem heißen Samstag auch eine Frau, die ich bisher nur auf dem Fußballplatz im FCK-Trikot erlebt habe. Jacqueline Renner ist Spielführerin beim Zweitligisten FFC Niederkirchen, der seit dieser Spielzeit eine Kooperation mit dem FCK hat und von dessen Ausrüster mit ausgestattet wird. An diesem Wochenende bringt die Bambergerin ihren Beruf und ihren Sport unter einen Hut. Am Samstag trägt sie ihren Polizei-Overall samt Körperschutzausstattung (KSA), gestern ihr Trikot mit der Nummer 6.
Ihr Dienstbeginn ist um 10.30 Uhr. „Ich fahre immer eine Dreiviertelstunde vorher los”, erzählt sie. Für den Weg von Zuhause braucht sie eigentlich nur 20 Minuten. Aber Dienst ist Dienst. In der Kantine der Bereitschaftspolizei in Enkenbach wird gefrühstückt. Fast könnte man sagen: in aller Ruhe. Danach kann jeder sich noch ein „Fresspaket” selbst packen. Am Freitagabend hatte FFC-Trainer Andreas Hack den FFC-Spielerinnen gesagt, sie sollen viel trinken. „Das muss ich mir aber gut überlegen. Es gibt ja nicht immer die Möglichkeit”, sagt Jacy Renner, die aus einem ganz einfachen Grund Polizistin geworden ist: „Ich habe eine soziale Ader und einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn.”
Nach der Ausbildung zur Polizeikommissarin in der Landespolizeischule auf dem Hahn hat sie eine Zusatz-Ausbildung absolviert, um zur BFE zu kommen. Warum? „Mich hat das Aufgabenfeld interessiert”, sagt sie und hat die Entscheidung nicht bereut. Die Aufgabe macht ihr richtig Spaß. Zumal sie ihre sportliche Ader dort richtig ausleben kann. Sport im Dienst ist nicht nur geduldet, sondern Pflicht. In ihrem kleinen Dienstzimmer, das sie sich mit Steffi Bastuck teilt, steht ein Rennrad der Kollegin. Sie selbst geht lieber in den Kraftraum und dienstags und donnerstags laufen. Montags, mittwochs und freitags wird in Niederkirchen trainiert.
Dass sie als Frau in einem typischen Männer-Beruf arbeitet, ist für sie kein großes Ding. Allerdings sagt sie: „Für eine Frau ist es bei der Polizei immer noch so, dass man sich mehr beweisen muss als jeder Mann.” Ihr Enkenbacher Chef Arndt Jennewein versucht schon, ein Auge darauf zu haben, in welchen Situationen seine Frauen zum Einsatz kommen. Jacy Renner weiß aber genau, „dass ich mir in Not-Situationen nicht aussuchen kann, wer mir gegenüber steht”. Angst hat sie aber keine. Sie hat sich auch längst an eine Kehrseite ihres Berufs gewöhnt. Beschimpft zu werden, gehört dazu.
„Man lernt schnell, das erst gar nicht zu hören”, sagt einer der Kollegen. „Viel schlimmer ist für mich sowieso, angespuckt zu werden, das geht eigentlich gar nicht”, sagt Jacqueline Renner. In Einzelfällen können die Polizisten sich auch wehren. Sie haben Kollegen, die filmen und damit den ein oder anderen Treffer landen. Am Samstag wird ein junger Dortmunder aus dem Fan-Block gezogen, der Martin Schneider, der für eine der drei BFE-Einheiten zuständig ist, mehrfach beleidigt hat. Der junge Mann hat versucht, sich rauszureden, aber Pech gehabt. Seine kesse Lippe wird ihn geschätzte 300 bis 700 Euro kosten.
Die Einheit hatte einen Routine-Auftrag: Problemfans am Bahnhof abholen, an den Lauterer Fans am Elf-Freunde-Kreisel vorbei ins Stadion Richtung Ostkurve führen - und nach dem Spiel die ganze Geschichte wieder zurück. Am Südausgang des Bahnhofs steht ein Lautsprecherwagen, der die Gäste informiert, dass sie an diesem Tag schön brav den Berg rauflaufen sollen und eskortiert werden. Das klappt reibungslos. Am Stadion können sich die Polizisten erholen. Sie stehen im Schatten. Nach dem Anpfiff sammeln sie sich im Turm neben dem Gästeblock und können ihre Klientel dort bei bester Sicht beobachten. Auf dem Rückweg zum Bahnhof überraschen die BVB-Fans ihre Bewacher. „Sie sind einfach in kleinen Grüppchen den Berg runtergelaufen”, sagt Peter Landau, der nach Abfahrt des Sonderzugs um 18.11 Uhr das Schlimmste hinter sich hat.
DIE RHEINPFALZ
Pfälzische Volkszeitung