Kapitel 1: Taktik gewinnt keine Spiele

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    Kapitel 1: Taktik gewinnt keine Spiele

    Flach spielen, hoch gewinnen? Auch in Liga 3 bedarf es einiger taktischer Raffinessen. In unserem aktuellen Dreiteiler blicken wir auf Lauterns Spielsysteme und Pressing-Stile.


    Die Hinrunde der Drittliga-Saison 2018/19 ist vorbei und der FCK zeigt sich wie wir ihn kennen und lieben. Wie ein kopfloses Huhn. In den Foren liest man, Osawe hat seine Kinder schon in Kusel auf der Schule angemeldet. Auf dem Berg selbst ringen die Verantwortlichen um jeden Euro und drehen dabei jeden 10-Cent-Stück vier Mal um. Denn bis zum Frühjahr brauch der Verein ca. 13 Millionen Euro. Das entspricht nicht nur 26 Millionen Mark, es ist auch einfach verdammt viel für den Pfälzer Verein. Und da es den gemeinen FCK-Fan zutiefst nervt, was hinter verschlossenen Türen passiert und was eben nicht funktioniert, schauen wir in den nächsten Tagen auf das, was auf dem Feld passiert und Fußballtrainer (1*) gemeinhin als Taktik bezeichnen. Dabei werden sowohl Spielsysteme als auch Taktiken, taktische Mittel (Anm. d. R.: Ja ,das sind in der Tat zwei verschiedene Dinge) und Standartvarianten in etwa so auseinandergenommen, wie die FCK-Abwehr bei leichtem Pressing.

    Die taktischen Mittel des Michael F.

    Michael Frontzecks Spiel in Kaiserslautern war kämpferisch und von den meisten taktischen Mitteln verschont geblieben. Was er mochte war eine tiefstehende Innenverteidigung zur Kontervermeidung, die im Aufbauspiel mit einem zusätzlichen abkippenden Sechser in Form von Mads Albaek oder Gino Fechner gespickt war . Dieser (der abkippende Sechser) soll sich zwischen die beiden Innenverteidiger fallen lassen, um dem Gegner das Pressing zu erschweren (denn drei Spieler sind schwieriger anzulaufen als zwei). Die angesprochene tief stehende Verteidigung im Angriffsspiel diente der Konterunterbindung. Ironischerweise kann eine Mannschaft Konter mit einer sehr tief oder eben einer sehr hoch stehenden Abwehr entgegenkommen. Bei Frontzecks Variante sollten die Verteidiger den Weg zwischen sich und dem eigenen Tor klein halten, um dem Gegner weniger Räume in der eigenen Hälfte zu ermöglichen. Eine hochstehende Abwehr (wie zum Beispiel ausgeführt vom KSC) sorgt dafür, dass ein Konter in der Entstehung unterbunden und das Spielen eines langen Vertikal-Passes erschwert, wenn nicht sogar ganz vermieden wird. Ein solcher erschwerter Pass kann dann von einem der eigenen Außenverteidiger erlaufen oder vom Torhüter geklärt werden. Apropos Torhüter. Auch ein Torhüter kann als sogenanntes taktisches Mittel fungieren. Er kann zum Beispiel den schon erwähnten Albaek zwischen den Innenverteidigern ersetzen, um im Angriffsspiel eine Anspielstation mehr zu haben. Dafür bräuchte der FCK allerdings einen Torhüter, der einen Pass über 30 Meter nicht direkt über die Stadiondächer von Meppen oder Halle ballert.

    Under Pressure

    Ja, der FCK hat unter Frontzeck das ein oder andere Mal gepresst. Jetzt unter Sascha Hildmann sorgt vor allem Florian Pick für höheren Druck auf die Abwehrreihe der Gegner, allerdings ist bei ihm oft nicht zu erkennen, ob er dabei einer Anweisung des Trainers oder der eigenen Motivation folgt. Denn Pick ist ein Spieler, der bislang in die Kategorie „Style over Substance“ einzuordnen ist. Wie schon Christoph Hemlein sorgt er für viel Wirbel, dribbelt viel, erläuft sich Räume und hat tatsächlich viele Abschlüsse. Doch heraus kommt am Ende wenig. Das ergiebigste war ein Fernschuss gegen Meppen, dessen Abpraller Hendrick Zuck aus kürzester Distanz verwandeln konnte. Womit wir bei einem weiteren Flügelspieler wären, der seinen Job eher suboptimal ausführt. Während Hemlein und Pick versuchen in die Mitte zu ziehen, abzuschließen oder dafür sorgen, dass Kühlwetter den Ball in die Arme des Torhüters kullern lässt, sorgt Zuck eher für die altbewährten Flanken. Diese sind meistens dazu da Thiele auch mal mit ins Spiel zu nehmen. Der will ja schließlich auch am Tor vorbeischießen.


    Wenn wir aber jegliche Häme weggelassen wird, kann einem Timmy Thiele schon leidtun. Gut, sieben Scorerpunkte in 20 Spielen, davon konnte Emeka Opara nur träumen, aber es sollte schon erwähnt bleiben, dass vor allem Frontzecks 4-4-2 Thieles Qualitäten nicht unterstützte. Denn, während viele andere Mannschaften der Dritten Liga (als Beispiel wären Uerdingen und der KSC zu nennen) versuchen von der Grundlinie nach innen zu spielen, um Torchancen zu kreieren, muss Thiele (obgleich er ein schneller Stürmer ist) immer auf Vertikalpässe (also Pässe von „hinter ihm“) hoffen. Die kommen seiner Schnelligkeit zwar entgegen, aber er offenbarte diese Saison auch eine große Schwäche im 1 gegen 1 gegen den Torwart. Wobei diese Schwäche eigentlich der ganzen Mannschaft unterstellt werden kann. Bestes Beispiel dürfte das Spiel gegen den KFC Uerdingen sein. Hier zeigten die Roten Teufel zwar ihre beste Saisonleistung, dennoch waren die Tore zum 2:0-Sieg ein Elfmeter von Theo Bergmann und ein Fernschuss, den Hemlein so schnell kein zweites Mal schießen wird (2*). Ansonsten war die Leistung gegen Uerdingen (bis eben auf die Chancenauswertung) überragend. Trotz einer tiefstehenden Abwehr wurden die Konter der Krefelder gut unterbunden und der FCK spielte an diesem Spieltag das beste Gegenpressing, was es bis dato in der Liga gab. Aber eben nur an diesem Spieltag.


    Für alle, die den Unterschied zwischen Pressing und Gegenpressing nicht kennen. Bei ersterem wird das Aufbauspiel durch anlaufende Stürmer und/oder Mittelfeldspieler gestört, bei letzterem (dem Gegenpressing) werden die gegnerischen Spieler nach vorherigem Ballverlust direkt unter Druck gesetzt. Die Gefahr dabei ist, dass sich die Mannschaft dadurch nicht schnell genug defensiv aufstellen kann, sollte das Gegenpressing misslingen. Gegen Uerdingen ist nichts misslungen, teilweise kamen die zwischenzeitlichen Tabellenführer nicht aus der eigenen Hälfte, weil der FCK jeden Vertikalpass strikt verhinderte. Hätte der FCK diese Leistung aufrechterhalten, wäre unser einziges Problem die drohende Insolvenz. Und eben der noch fest im Sattel sitzende Michael Frontzeck.


    In unserem zweiten Teil wird es um einen Vergleich der Spielsysteme von Michael Frontzeck und Sascha Hildmann gehen. Aber auch um die Vor- und Nachteile des 4-4-2 und den Grund, wieso der gemeine Zehner immer unbedeutender wird.


    Quelle: Treffpunkt Betze


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    1*: Menschen mit Trainerausbildung oder den Initialen MF

    2*: Der Autor hofft, dass er sich irrt